her immer alle Gesellschaft mied, wo sie wußte, daß ich zugegen war. Eine gewisse Heiterkeit und Frühlingsrosenröthe ging in ihrem himmli- schen Antlitz auf, das sonst ein innrer Gram mit einer melancholischen Lilienblässe überzog, die mir so das Herz zusammenklemmte, daß ich aus der Haut fahren mochte, um dem Engel zu helfen. Sie gestattete so gar, daß ich auf einem vermummten Ball eine Menuet mit ihr tanzte. Gott! welcher hohe Reiz enthüllte sich in jeder Be- wegung ihres schlanken Körpers! wie heiß die Augen in mich sonnten, und sich doch so selbst überlassen! wie süß die zarten Lippen in so fri- scher feuchter Röthe lächelten, und die festen glänzenden Brüste von der Ebbe und Fluht der Jugend wallten! Ich ward umflochten von einem unzerreißlichen Liebesnetz; und die Berührung ihrer Finger entflammte mich, als ob ich lauter Salpeter und Schwefel wäre. Wo ich den Blick hinrichtete, entstanden neue Zaubereyen;
so
her immer alle Geſellſchaft mied, wo ſie wußte, daß ich zugegen war. Eine gewiſſe Heiterkeit und Fruͤhlingsroſenroͤthe ging in ihrem himmli- ſchen Antlitz auf, das ſonſt ein innrer Gram mit einer melancholiſchen Lilienblaͤſſe uͤberzog, die mir ſo das Herz zuſammenklemmte, daß ich aus der Haut fahren mochte, um dem Engel zu helfen. Sie geſtattete ſo gar, daß ich auf einem vermummten Ball eine Menuet mit ihr tanzte. Gott! welcher hohe Reiz enthuͤllte ſich in jeder Be- wegung ihres ſchlanken Koͤrpers! wie heiß die Augen in mich ſonnten, und ſich doch ſo ſelbſt uͤberlaſſen! wie ſuͤß die zarten Lippen in ſo fri- ſcher feuchter Roͤthe laͤchelten, und die feſten glaͤnzenden Bruͤſte von der Ebbe und Fluht der Jugend wallten! Ich ward umflochten von einem unzerreißlichen Liebesnetz; und die Beruͤhrung ihrer Finger entflammte mich, als ob ich lauter Salpeter und Schwefel waͤre. Wo ich den Blick hinrichtete, entſtanden neue Zaubereyen;
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her immer alle Geſellſchaft mied, wo ſie wußte,
daß ich zugegen war. Eine gewiſſe Heiterkeit
und Fruͤhlingsroſenroͤthe ging in ihrem himmli-
ſchen Antlitz auf, das ſonſt ein innrer Gram
mit einer melancholiſchen Lilienblaͤſſe uͤberzog,
die mir ſo das Herz zuſammenklemmte, daß ich
aus der Haut fahren mochte, um dem Engel zu
helfen. Sie geſtattete ſo gar, daß ich auf einem
vermummten Ball eine Menuet mit ihr tanzte.
Gott! welcher hohe Reiz enthuͤllte ſich in jeder Be-
wegung ihres ſchlanken Koͤrpers! wie heiß die
Augen in mich ſonnten, und ſich doch ſo ſelbſt
uͤberlaſſen! wie ſuͤß die zarten Lippen in ſo fri-
ſcher feuchter Roͤthe laͤchelten, und die feſten
glaͤnzenden Bruͤſte von der Ebbe und Fluht der
Jugend wallten! Ich ward umflochten von einem
unzerreißlichen Liebesnetz; und die Beruͤhrung
ihrer Finger entflammte mich, als ob ich lauter
Salpeter und Schwefel waͤre. Wo ich den
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[Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 1. Lemgo, 1787, S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello01_1787/224>, abgerufen am 21.11.2024.
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