Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 1. Lemgo, 1787.

Bild:
<< vorherige Seite

Zug, keine innere Richtung ist, kömmt lauter Ma-
nier hervor, dem Menschen, der seinen Durst
löschen will, so viel als Nichts, und überdrein
vergebliche Mühe; denn er hat sich an den leeren
Schein hinbemühen und untersuchen müssen.

"Der Römer hat viel Verstand; nur mah-
len soll er nicht: er hätt ein Schriftsteller wer-
den sollen; jetzt aber ist er einmal im Geleise und
schwatzt sich durch. Dieser ahmt eine Natur
nach, welche nur noch in Steinen existirt, eine
Natur ohne Farbe mit Farbe: und will täuschen!
eine feste starre Bewegung von den Millionen Le-
bendigen, die immer um uns herum entstehen! weil
es freylich jederman leichter, und dem schachmat-
ten Stubensitzer bequemer ist, einen breternen
Hirsch zu schießen, als einen, der durch die
Wälder streift und über Büsche und Gräben
setzt; zumal da wir heutiges Tags meist verbotene
Jagd haben."

"Er hat ein langes und breites an der
Hochzeit zu S. Giorgio Maggiore von un-

serm

Zug, keine innere Richtung iſt, koͤmmt lauter Ma-
nier hervor, dem Menſchen, der ſeinen Durſt
loͤſchen will, ſo viel als Nichts, und uͤberdrein
vergebliche Muͤhe; denn er hat ſich an den leeren
Schein hinbemuͤhen und unterſuchen muͤſſen.

„Der Roͤmer hat viel Verſtand; nur mah-
len ſoll er nicht: er haͤtt ein Schriftſteller wer-
den ſollen; jetzt aber iſt er einmal im Geleiſe und
ſchwatzt ſich durch. Dieſer ahmt eine Natur
nach, welche nur noch in Steinen exiſtirt, eine
Natur ohne Farbe mit Farbe: und will taͤuſchen!
eine feſte ſtarre Bewegung von den Millionen Le-
bendigen, die immer um uns herum entſtehen! weil
es freylich jederman leichter, und dem ſchachmat-
ten Stubenſitzer bequemer iſt, einen breternen
Hirſch zu ſchießen, als einen, der durch die
Waͤlder ſtreift und uͤber Buͤſche und Graͤben
ſetzt; zumal da wir heutiges Tags meiſt verbotene
Jagd haben.“

„Er hat ein langes und breites an der
Hochzeit zu S. Giorgio Maggiore von un-

ſerm
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0034" n="28"/>
Zug, keine innere Richtung i&#x017F;t, ko&#x0364;mmt lauter Ma-<lb/>
nier hervor, dem Men&#x017F;chen, der &#x017F;einen Dur&#x017F;t<lb/>
lo&#x0364;&#x017F;chen will, &#x017F;o viel als Nichts, und u&#x0364;berdrein<lb/>
vergebliche Mu&#x0364;he; denn er hat &#x017F;ich an den leeren<lb/>
Schein hinbemu&#x0364;hen und unter&#x017F;uchen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Der Ro&#x0364;mer hat viel Ver&#x017F;tand; nur mah-<lb/>
len &#x017F;oll er nicht: er ha&#x0364;tt ein Schrift&#x017F;teller wer-<lb/>
den &#x017F;ollen; jetzt aber i&#x017F;t er einmal im Gelei&#x017F;e und<lb/>
&#x017F;chwatzt &#x017F;ich durch. Die&#x017F;er ahmt eine Natur<lb/>
nach, welche nur noch in Steinen exi&#x017F;tirt, eine<lb/>
Natur ohne Farbe mit Farbe: und will ta&#x0364;u&#x017F;chen!<lb/>
eine fe&#x017F;te &#x017F;tarre Bewegung von den Millionen Le-<lb/>
bendigen, die immer um uns herum ent&#x017F;tehen! weil<lb/>
es freylich jederman leichter, und dem &#x017F;chachmat-<lb/>
ten Stuben&#x017F;itzer bequemer i&#x017F;t, einen breternen<lb/>
Hir&#x017F;ch zu &#x017F;chießen, als einen, der durch die<lb/>
Wa&#x0364;lder &#x017F;treift und u&#x0364;ber Bu&#x0364;&#x017F;che und Gra&#x0364;ben<lb/>
&#x017F;etzt; zumal da wir heutiges Tags mei&#x017F;t verbotene<lb/>
Jagd haben.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Er hat ein langes und breites an der<lb/><hi rendition="#fr">Hochzeit zu S. Giorgio Maggiore</hi> von un-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;erm</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[28/0034] Zug, keine innere Richtung iſt, koͤmmt lauter Ma- nier hervor, dem Menſchen, der ſeinen Durſt loͤſchen will, ſo viel als Nichts, und uͤberdrein vergebliche Muͤhe; denn er hat ſich an den leeren Schein hinbemuͤhen und unterſuchen muͤſſen. „Der Roͤmer hat viel Verſtand; nur mah- len ſoll er nicht: er haͤtt ein Schriftſteller wer- den ſollen; jetzt aber iſt er einmal im Geleiſe und ſchwatzt ſich durch. Dieſer ahmt eine Natur nach, welche nur noch in Steinen exiſtirt, eine Natur ohne Farbe mit Farbe: und will taͤuſchen! eine feſte ſtarre Bewegung von den Millionen Le- bendigen, die immer um uns herum entſtehen! weil es freylich jederman leichter, und dem ſchachmat- ten Stubenſitzer bequemer iſt, einen breternen Hirſch zu ſchießen, als einen, der durch die Waͤlder ſtreift und uͤber Buͤſche und Graͤben ſetzt; zumal da wir heutiges Tags meiſt verbotene Jagd haben.“ „Er hat ein langes und breites an der Hochzeit zu S. Giorgio Maggiore von un- ſerm

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello01_1787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello01_1787/34
Zitationshilfe: [Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 1. Lemgo, 1787, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello01_1787/34>, abgerufen am 21.11.2024.