Stück. Ein Ding recht fassen, zeigt den trefli- chen Menschen und macht den Virtuosen."
"Der schöne Mensch im bloßen Gefühl seiner Existenz ohne Leidenschaft in Ruhe ist der eigent- lichste Gegenstand der Nachahmung des bildenden Künstlers, und seine Nummer Eins; in dieser Verfassung ohne alle Bekleidung liegt die reinste Harmonie der Schönheit, und sie paßt am aller- besten zu dem gänzlichen Mangel an Bewegung seiner Werke. Alle Leidenschaft, alle Handlung zieht, leitet unsre Betrachtung von ihren schönen körperlichen Formen ab. Zur Schönheit selbst gehört der Charakter, oder das, wodurch sich eine Person von der andern unterscheidet. Schön- heit mit lebendigem Charakter ist das schwerste der Kunst."
"Bey Gruppen von Figuren sind Spiele, Scherze die wenig bedeuten, die besten Hand- lungen, weil sie von der Schönheit und den ange- nehmen Stellungen der Formen am wenigsten
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Stuͤck. Ein Ding recht faſſen, zeigt den trefli- chen Menſchen und macht den Virtuoſen.“
„Der ſchoͤne Menſch im bloßen Gefuͤhl ſeiner Exiſtenz ohne Leidenſchaft in Ruhe iſt der eigent- lichſte Gegenſtand der Nachahmung des bildenden Kuͤnſtlers, und ſeine Nummer Eins; in dieſer Verfaſſung ohne alle Bekleidung liegt die reinſte Harmonie der Schoͤnheit, und ſie paßt am aller- beſten zu dem gaͤnzlichen Mangel an Bewegung ſeiner Werke. Alle Leidenſchaft, alle Handlung zieht, leitet unſre Betrachtung von ihren ſchoͤnen koͤrperlichen Formen ab. Zur Schoͤnheit ſelbſt gehoͤrt der Charakter, oder das, wodurch ſich eine Perſon von der andern unterſcheidet. Schoͤn- heit mit lebendigem Charakter iſt das ſchwerſte der Kunſt.“
„Bey Gruppen von Figuren ſind Spiele, Scherze die wenig bedeuten, die beſten Hand- lungen, weil ſie von der Schoͤnheit und den ange- nehmen Stellungen der Formen am wenigſten
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Stuͤck. Ein Ding recht faſſen, zeigt den trefli-
chen Menſchen und macht den Virtuoſen.“
„Der ſchoͤne Menſch im bloßen Gefuͤhl ſeiner
Exiſtenz ohne Leidenſchaft in Ruhe iſt der eigent-
lichſte Gegenſtand der Nachahmung des bildenden
Kuͤnſtlers, und ſeine Nummer Eins; in dieſer
Verfaſſung ohne alle Bekleidung liegt die reinſte
Harmonie der Schoͤnheit, und ſie paßt am aller-
beſten zu dem gaͤnzlichen Mangel an Bewegung
ſeiner Werke. Alle Leidenſchaft, alle Handlung
zieht, leitet unſre Betrachtung von ihren ſchoͤnen
koͤrperlichen Formen ab. Zur Schoͤnheit ſelbſt
gehoͤrt der Charakter, oder das, wodurch ſich eine
Perſon von der andern unterſcheidet. Schoͤn-
heit mit lebendigem Charakter iſt das ſchwerſte
der Kunſt.“
„Bey Gruppen von Figuren ſind Spiele,
Scherze die wenig bedeuten, die beſten Hand-
lungen, weil ſie von der Schoͤnheit und den ange-
nehmen Stellungen der Formen am wenigſten
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[Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 1. Lemgo, 1787, S. 361. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello01_1787/367>, abgerufen am 01.06.2024.
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