daran gedacht, ihn von neuem um seinen Namen zu befragen. Er gab sich hernach verschiedne an- dre; doch dieser soll ihm hinführo bleiben.
Den folgenden Morgen sah ich einige ange- fangne Gemählde von ihm. Sein Lebendiges war frisch und meisterhaft in der Arbeit, und kam dem Tizianischen ziemlich nahe; doch war es nicht Manier, sondern sein eigen, und verschieden nach der Natur: wenig Gewand, das meiste nach dem Nackenden; Studien von Mädchenkö- pfen, voll Geist und Lieblichkeit, und Brüsten und Leibern, und Rücken, und Schenkeln und Beinen, nackten Buben im Baden, Laufen und Balgen. Für Bezahlung, sprach er, und nach andrer Belieben hat er noch nichts gemacht." Das weitre, fügte er wie unbedeutend hinzu, will ich dir einmal erzählen, wenn wir mehr in Ruhe sind."
Er besuchte die Tage darauf den alten Greis Tizian noch einmal, und seine Freunde; und zu
Ende
daran gedacht, ihn von neuem um ſeinen Namen zu befragen. Er gab ſich hernach verſchiedne an- dre; doch dieſer ſoll ihm hinfuͤhro bleiben.
Den folgenden Morgen ſah ich einige ange- fangne Gemaͤhlde von ihm. Sein Lebendiges war friſch und meiſterhaft in der Arbeit, und kam dem Tizianiſchen ziemlich nahe; doch war es nicht Manier, ſondern ſein eigen, und verſchieden nach der Natur: wenig Gewand, das meiſte nach dem Nackenden; Studien von Maͤdchenkoͤ- pfen, voll Geiſt und Lieblichkeit, und Bruͤſten und Leibern, und Ruͤcken, und Schenkeln und Beinen, nackten Buben im Baden, Laufen und Balgen. Fuͤr Bezahlung, ſprach er, und nach andrer Belieben hat er noch nichts gemacht.„ Das weitre, fuͤgte er wie unbedeutend hinzu, will ich dir einmal erzaͤhlen, wenn wir mehr in Ruhe ſind.“
Er beſuchte die Tage darauf den alten Greis Tizian noch einmal, und ſeine Freunde; und zu
Ende
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0049"n="43"/>
daran gedacht, ihn von neuem um ſeinen Namen<lb/>
zu befragen. Er gab ſich hernach verſchiedne an-<lb/>
dre; doch dieſer ſoll ihm hinfuͤhro bleiben.</p><lb/><p>Den folgenden Morgen ſah ich einige ange-<lb/>
fangne Gemaͤhlde von ihm. Sein Lebendiges war<lb/>
friſch und meiſterhaft in der Arbeit, und kam<lb/>
dem Tizianiſchen ziemlich nahe; doch war es nicht<lb/>
Manier, ſondern ſein eigen, und verſchieden<lb/>
nach der Natur: wenig Gewand, das meiſte<lb/>
nach dem Nackenden; Studien von Maͤdchenkoͤ-<lb/>
pfen, voll Geiſt und Lieblichkeit, und Bruͤſten<lb/>
und Leibern, und Ruͤcken, und Schenkeln und<lb/>
Beinen, nackten Buben im Baden, Laufen und<lb/>
Balgen. Fuͤr Bezahlung, ſprach er, und nach<lb/>
andrer Belieben hat er noch nichts gemacht.„<lb/>
Das weitre, fuͤgte er wie unbedeutend hinzu,<lb/>
will ich dir einmal erzaͤhlen, wenn wir mehr<lb/>
in Ruhe ſind.“</p><lb/><p>Er beſuchte die Tage darauf den alten Greis<lb/>
Tizian noch einmal, und ſeine Freunde; und zu<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Ende</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[43/0049]
daran gedacht, ihn von neuem um ſeinen Namen
zu befragen. Er gab ſich hernach verſchiedne an-
dre; doch dieſer ſoll ihm hinfuͤhro bleiben.
Den folgenden Morgen ſah ich einige ange-
fangne Gemaͤhlde von ihm. Sein Lebendiges war
friſch und meiſterhaft in der Arbeit, und kam
dem Tizianiſchen ziemlich nahe; doch war es nicht
Manier, ſondern ſein eigen, und verſchieden
nach der Natur: wenig Gewand, das meiſte
nach dem Nackenden; Studien von Maͤdchenkoͤ-
pfen, voll Geiſt und Lieblichkeit, und Bruͤſten
und Leibern, und Ruͤcken, und Schenkeln und
Beinen, nackten Buben im Baden, Laufen und
Balgen. Fuͤr Bezahlung, ſprach er, und nach
andrer Belieben hat er noch nichts gemacht.„
Das weitre, fuͤgte er wie unbedeutend hinzu,
will ich dir einmal erzaͤhlen, wenn wir mehr
in Ruhe ſind.“
Er beſuchte die Tage darauf den alten Greis
Tizian noch einmal, und ſeine Freunde; und zu
Ende
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 1. Lemgo, 1787, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello01_1787/49>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.