mahle deiner Mutter eine Madonna, wenn ich ihr anstehe. An Gescheidtheit bey ihr solls hof- fentlich nicht ermangeln."
Es wurde beschlossen, ihn den Abend noch ihr vorzustellen, bey Tische wollt ich alles ein- lenken.
Hier schied er von mir. Ich brachte die Sache vor; und meine Mutter wars gleich zufrieden, ohne ihn noch gesehen zu haben, aus Willfährig- keit gegen mich.
Mit schwellte aber die neue Bekanntschaft immer mehr das Herz; einen jungen Mahler der Art hatt ich noch nicht gekannt. Ich war über- rascht; es gieng alles so schnell fort, und ich konn- te keiner gehörigen Ueberlegung Raum geben.
Beym ersten Blick und Gespräch schon ge- fiel er meiner Mutter, wie ihr noch kein frem- der gefallen hatte. Hier erfuhr ich, daß er sich Ardinghello nannte; ich hatte, voll von ihm, nicht
daran
mahle deiner Mutter eine Madonna, wenn ich ihr anſtehe. An Geſcheidtheit bey ihr ſolls hof- fentlich nicht ermangeln.“
Es wurde beſchloſſen, ihn den Abend noch ihr vorzuſtellen, bey Tiſche wollt ich alles ein- lenken.
Hier ſchied er von mir. Ich brachte die Sache vor; und meine Mutter wars gleich zufrieden, ohne ihn noch geſehen zu haben, aus Willfaͤhrig- keit gegen mich.
Mit ſchwellte aber die neue Bekanntſchaft immer mehr das Herz; einen jungen Mahler der Art hatt ich noch nicht gekannt. Ich war uͤber- raſcht; es gieng alles ſo ſchnell fort, und ich konn- te keiner gehoͤrigen Ueberlegung Raum geben.
Beym erſten Blick und Geſpraͤch ſchon ge- fiel er meiner Mutter, wie ihr noch kein frem- der gefallen hatte. Hier erfuhr ich, daß er ſich Ardinghello nannte; ich hatte, voll von ihm, nicht
daran
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0048"n="42"/>
mahle deiner Mutter eine Madonna, wenn ich<lb/>
ihr anſtehe. An Geſcheidtheit bey ihr ſolls hof-<lb/>
fentlich nicht ermangeln.“</p><lb/><p>Es wurde beſchloſſen, ihn den Abend noch<lb/>
ihr vorzuſtellen, bey Tiſche wollt ich alles ein-<lb/>
lenken.</p><lb/><p>Hier ſchied er von mir. Ich brachte die Sache<lb/>
vor; und meine Mutter wars gleich zufrieden,<lb/>
ohne ihn noch geſehen zu haben, aus Willfaͤhrig-<lb/>
keit gegen mich.</p><lb/><p>Mit ſchwellte aber die neue Bekanntſchaft<lb/>
immer mehr das Herz; einen jungen Mahler<lb/>
der Art hatt ich noch nicht gekannt. Ich war uͤber-<lb/>
raſcht; es gieng alles ſo ſchnell fort, und ich konn-<lb/>
te keiner gehoͤrigen Ueberlegung Raum geben.</p><lb/><p>Beym erſten Blick und Geſpraͤch ſchon ge-<lb/>
fiel er meiner Mutter, wie ihr noch kein frem-<lb/>
der gefallen hatte. Hier erfuhr ich, daß er ſich<lb/><hirendition="#fr">Ardinghello</hi> nannte; ich hatte, voll von ihm, nicht<lb/><fwplace="bottom"type="catch">daran</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[42/0048]
mahle deiner Mutter eine Madonna, wenn ich
ihr anſtehe. An Geſcheidtheit bey ihr ſolls hof-
fentlich nicht ermangeln.“
Es wurde beſchloſſen, ihn den Abend noch
ihr vorzuſtellen, bey Tiſche wollt ich alles ein-
lenken.
Hier ſchied er von mir. Ich brachte die Sache
vor; und meine Mutter wars gleich zufrieden,
ohne ihn noch geſehen zu haben, aus Willfaͤhrig-
keit gegen mich.
Mit ſchwellte aber die neue Bekanntſchaft
immer mehr das Herz; einen jungen Mahler
der Art hatt ich noch nicht gekannt. Ich war uͤber-
raſcht; es gieng alles ſo ſchnell fort, und ich konn-
te keiner gehoͤrigen Ueberlegung Raum geben.
Beym erſten Blick und Geſpraͤch ſchon ge-
fiel er meiner Mutter, wie ihr noch kein frem-
der gefallen hatte. Hier erfuhr ich, daß er ſich
Ardinghello nannte; ich hatte, voll von ihm, nicht
daran
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 1. Lemgo, 1787, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello01_1787/48>, abgerufen am 02.05.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.