Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 1. Lemgo, 1787.

Bild:
<< vorherige Seite

Hand in entzückend zarter, warmer, festhaltender
Hand tappten wir in ein Zimmer auf den Ka-
nal; und wieder zugeschoben mit dem Riegel
wurde die Pforte des Himmels. Cäcilia war in
einem leichten Nachtgewande, den Kopf entblößt
und das lange Haar nur in einen Knoten gebun-
den, das weich in den Seiten mir in die Finger
fiel."

"Ich hielt sie umschlungen, und raubte den
ersten Kuß, der wie ein süßer Blitz mein Wesen
durchfuhr; und sie sagte seufzend:" O was wag
ich nicht, euch näher kennen zu lernen! ich weiß,
daß ihr ein Florentiner seyd, und hier die Mah-
lerey treibt, aber daß dieß eure Bestimmung nicht
ist, sondern Nebenbeschäftigung, und euer Ziel
im Verborgnen höher steckt. Eine Freundin eu-
rer Tante und von mir, die euch als eine andre
zärtliche Mutter wohl will, und durch jene euch
eure Wechsel auszahlt, hat es mir unter dem
Siegel des Stillschweigens anvertraut. Eure

edle

Hand in entzuͤckend zarter, warmer, feſthaltender
Hand tappten wir in ein Zimmer auf den Ka-
nal; und wieder zugeſchoben mit dem Riegel
wurde die Pforte des Himmels. Caͤcilia war in
einem leichten Nachtgewande, den Kopf entbloͤßt
und das lange Haar nur in einen Knoten gebun-
den, das weich in den Seiten mir in die Finger
fiel.“

„Ich hielt ſie umſchlungen, und raubte den
erſten Kuß, der wie ein ſuͤßer Blitz mein Weſen
durchfuhr; und ſie ſagte ſeufzend:“ O was wag
ich nicht, euch naͤher kennen zu lernen! ich weiß,
daß ihr ein Florentiner ſeyd, und hier die Mah-
lerey treibt, aber daß dieß eure Beſtimmung nicht
iſt, ſondern Nebenbeſchaͤftigung, und euer Ziel
im Verborgnen hoͤher ſteckt. Eine Freundin eu-
rer Tante und von mir, die euch als eine andre
zaͤrtliche Mutter wohl will, und durch jene euch
eure Wechſel auszahlt, hat es mir unter dem
Siegel des Stillſchweigens anvertraut. Eure

edle
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0096" n="90"/>
Hand in entzu&#x0364;ckend zarter, warmer, fe&#x017F;thaltender<lb/>
Hand tappten wir in ein Zimmer auf den Ka-<lb/>
nal; und wieder zuge&#x017F;choben mit dem Riegel<lb/>
wurde die Pforte des Himmels. Ca&#x0364;cilia war in<lb/>
einem leichten Nachtgewande, den Kopf entblo&#x0364;ßt<lb/>
und das lange Haar nur in einen Knoten gebun-<lb/>
den, das weich in den Seiten mir in die Finger<lb/>
fiel.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ich hielt &#x017F;ie um&#x017F;chlungen, und raubte den<lb/>
er&#x017F;ten Kuß, der wie ein &#x017F;u&#x0364;ßer Blitz mein We&#x017F;en<lb/>
durchfuhr; und &#x017F;ie &#x017F;agte &#x017F;eufzend:&#x201C; O was wag<lb/>
ich nicht, euch na&#x0364;her kennen zu lernen! ich weiß,<lb/>
daß ihr ein Florentiner &#x017F;eyd, und hier die Mah-<lb/>
lerey treibt, aber daß dieß eure Be&#x017F;timmung nicht<lb/>
i&#x017F;t, &#x017F;ondern Nebenbe&#x017F;cha&#x0364;ftigung, und euer Ziel<lb/>
im Verborgnen ho&#x0364;her &#x017F;teckt. Eine Freundin eu-<lb/>
rer Tante und von mir, die euch als eine andre<lb/>
za&#x0364;rtliche Mutter wohl will, und durch jene euch<lb/>
eure Wech&#x017F;el auszahlt, hat es mir unter dem<lb/>
Siegel des Still&#x017F;chweigens anvertraut. Eure<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">edle</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[90/0096] Hand in entzuͤckend zarter, warmer, feſthaltender Hand tappten wir in ein Zimmer auf den Ka- nal; und wieder zugeſchoben mit dem Riegel wurde die Pforte des Himmels. Caͤcilia war in einem leichten Nachtgewande, den Kopf entbloͤßt und das lange Haar nur in einen Knoten gebun- den, das weich in den Seiten mir in die Finger fiel.“ „Ich hielt ſie umſchlungen, und raubte den erſten Kuß, der wie ein ſuͤßer Blitz mein Weſen durchfuhr; und ſie ſagte ſeufzend:“ O was wag ich nicht, euch naͤher kennen zu lernen! ich weiß, daß ihr ein Florentiner ſeyd, und hier die Mah- lerey treibt, aber daß dieß eure Beſtimmung nicht iſt, ſondern Nebenbeſchaͤftigung, und euer Ziel im Verborgnen hoͤher ſteckt. Eine Freundin eu- rer Tante und von mir, die euch als eine andre zaͤrtliche Mutter wohl will, und durch jene euch eure Wechſel auszahlt, hat es mir unter dem Siegel des Stillſchweigens anvertraut. Eure edle

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello01_1787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello01_1787/96
Zitationshilfe: [Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 1. Lemgo, 1787, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello01_1787/96>, abgerufen am 24.11.2024.