Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 2. Lemgo, 1787.

Bild:
<< vorherige Seite

und nur äußerst wenige dazu genug Athem in der
Brust, Stärke in den Knochen, und ausdauern-
den Muth und Verstand gegen alle die Gefah-
ren haben, die in den halsbrechenden Pfaden
auf sie lauern.

Nutzen? soll man denn alles des Mauls
und Magens wegen thun? und macht Erkennt-
niß der Wahrheit nicht schon an und für sich
glückseelig? ist sie nicht die höchste Glückseelig-
keit? Gehört das Vergnügen, die Freude nicht
zu Nutzen?

Freylich muß jeder den Weg endlich selbst
machen. Es muß erst einer wissen, wo der
Aetna liegt, eh er hinauf will. Und dann ist
für uns die Reise durch die Scylla und Charyb-
dis die kürzeste; und durchaus zu Pferd ist nicht
möglich. Oder: man muß ohngefehr so weit
seyn, als sie selbst waren, ehe man die Systeme
großer Philosophen vollkommen versteht; und
ferner sie nicht auf den ersten Seiten vollkommen

be-
L 2

und nur aͤußerſt wenige dazu genug Athem in der
Bruſt, Staͤrke in den Knochen, und ausdauern-
den Muth und Verſtand gegen alle die Gefah-
ren haben, die in den halsbrechenden Pfaden
auf ſie lauern.

Nutzen? ſoll man denn alles des Mauls
und Magens wegen thun? und macht Erkennt-
niß der Wahrheit nicht ſchon an und fuͤr ſich
gluͤckſeelig? iſt ſie nicht die hoͤchſte Gluͤckſeelig-
keit? Gehoͤrt das Vergnuͤgen, die Freude nicht
zu Nutzen?

Freylich muß jeder den Weg endlich ſelbſt
machen. Es muß erſt einer wiſſen, wo der
Aetna liegt, eh er hinauf will. Und dann iſt
fuͤr uns die Reiſe durch die Scylla und Charyb-
dis die kuͤrzeſte; und durchaus zu Pferd iſt nicht
moͤglich. Oder: man muß ohngefehr ſo weit
ſeyn, als ſie ſelbſt waren, ehe man die Syſteme
großer Philoſophen vollkommen verſteht; und
ferner ſie nicht auf den erſten Seiten vollkommen

be-
L 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0171" n="163"/>
und nur a&#x0364;ußer&#x017F;t wenige dazu genug Athem in der<lb/>
Bru&#x017F;t, Sta&#x0364;rke in den Knochen, und ausdauern-<lb/>
den Muth und Ver&#x017F;tand gegen alle die Gefah-<lb/>
ren haben, die in den halsbrechenden Pfaden<lb/>
auf &#x017F;ie lauern.</p><lb/>
          <p>Nutzen? &#x017F;oll man denn alles des Mauls<lb/>
und Magens wegen thun? und macht Erkennt-<lb/>
niß der Wahrheit nicht &#x017F;chon an und fu&#x0364;r &#x017F;ich<lb/>
glu&#x0364;ck&#x017F;eelig? i&#x017F;t &#x017F;ie nicht die ho&#x0364;ch&#x017F;te Glu&#x0364;ck&#x017F;eelig-<lb/>
keit? Geho&#x0364;rt das Vergnu&#x0364;gen, die Freude nicht<lb/>
zu Nutzen?</p><lb/>
          <p>Freylich muß jeder den Weg endlich &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
machen. Es muß er&#x017F;t einer wi&#x017F;&#x017F;en, wo der<lb/>
Aetna liegt, eh er hinauf will. Und dann i&#x017F;t<lb/>
fu&#x0364;r uns die Rei&#x017F;e durch die Scylla und Charyb-<lb/>
dis die ku&#x0364;rze&#x017F;te; und durchaus zu Pferd i&#x017F;t nicht<lb/>
mo&#x0364;glich. Oder: man muß ohngefehr &#x017F;o weit<lb/>
&#x017F;eyn, als &#x017F;ie &#x017F;elb&#x017F;t waren, ehe man die Sy&#x017F;teme<lb/>
großer Philo&#x017F;ophen vollkommen ver&#x017F;teht; und<lb/>
ferner &#x017F;ie nicht auf den er&#x017F;ten Seiten vollkommen<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">L 2</fw><fw place="bottom" type="catch">be-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[163/0171] und nur aͤußerſt wenige dazu genug Athem in der Bruſt, Staͤrke in den Knochen, und ausdauern- den Muth und Verſtand gegen alle die Gefah- ren haben, die in den halsbrechenden Pfaden auf ſie lauern. Nutzen? ſoll man denn alles des Mauls und Magens wegen thun? und macht Erkennt- niß der Wahrheit nicht ſchon an und fuͤr ſich gluͤckſeelig? iſt ſie nicht die hoͤchſte Gluͤckſeelig- keit? Gehoͤrt das Vergnuͤgen, die Freude nicht zu Nutzen? Freylich muß jeder den Weg endlich ſelbſt machen. Es muß erſt einer wiſſen, wo der Aetna liegt, eh er hinauf will. Und dann iſt fuͤr uns die Reiſe durch die Scylla und Charyb- dis die kuͤrzeſte; und durchaus zu Pferd iſt nicht moͤglich. Oder: man muß ohngefehr ſo weit ſeyn, als ſie ſelbſt waren, ehe man die Syſteme großer Philoſophen vollkommen verſteht; und ferner ſie nicht auf den erſten Seiten vollkommen be- L 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello02_1787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello02_1787/171
Zitationshilfe: [Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 2. Lemgo, 1787, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello02_1787/171>, abgerufen am 26.11.2024.