Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 2. Lemgo, 1787.

Bild:
<< vorherige Seite

begreiffen wollen; man muß sie erst ganz kennen,
ehe man nur etwas von ihnen in allem seinen
Verhältniß einsieht.

Das System des Aristoteles liegt, es ist
wahr, noch zum Theil da im Chaos; aber bin-
nen zwey tausend Jahren hat sich kein beßrer
Architekt gezeigt. Er trug allen philosophischen
Reichthum jener glücklichen Zeiten zusammen,
und brütete darüber wie ein Gott. Seine phy-
sischen und metaphysischen Werke sind ein lang-
wieriges Studium, und es läßt sich in einem
Gespräche davon kein Auszug machen. Ihr
müßt sie selbst lesen; und es wird euch Lust seyn,
zu sehen, wie er die Natur herumarbeitet, und
bis auf ihre kleinsten Bestandtheile zergliedert,
wenn ihr auch nur den Tiefsinn des Menschen an
ihm bewundern solltet.

Für jetzt nur noch einige Rapsodien nach
ihm und gegen ihn; und Launen und Einfälle.
Stellt euch das Universum wie eine Laute vor,

worauf

begreiffen wollen; man muß ſie erſt ganz kennen,
ehe man nur etwas von ihnen in allem ſeinen
Verhaͤltniß einſieht.

Das Syſtem des Ariſtoteles liegt, es iſt
wahr, noch zum Theil da im Chaos; aber bin-
nen zwey tauſend Jahren hat ſich kein beßrer
Architekt gezeigt. Er trug allen philoſophiſchen
Reichthum jener gluͤcklichen Zeiten zuſammen,
und bruͤtete daruͤber wie ein Gott. Seine phy-
ſiſchen und metaphyſiſchen Werke ſind ein lang-
wieriges Studium, und es laͤßt ſich in einem
Geſpraͤche davon kein Auszug machen. Ihr
muͤßt ſie ſelbſt leſen; und es wird euch Luſt ſeyn,
zu ſehen, wie er die Natur herumarbeitet, und
bis auf ihre kleinſten Beſtandtheile zergliedert,
wenn ihr auch nur den Tiefſinn des Menſchen an
ihm bewundern ſolltet.

Fuͤr jetzt nur noch einige Rapſodien nach
ihm und gegen ihn; und Launen und Einfaͤlle.
Stellt euch das Univerſum wie eine Laute vor,

worauf
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0172" n="164"/>
begreiffen wollen; man muß &#x017F;ie er&#x017F;t ganz kennen,<lb/>
ehe man nur etwas von ihnen in allem &#x017F;einen<lb/>
Verha&#x0364;ltniß ein&#x017F;ieht.</p><lb/>
          <p>Das Sy&#x017F;tem des <hi rendition="#fr">Ari&#x017F;toteles</hi> liegt, es i&#x017F;t<lb/>
wahr, noch zum Theil da im Chaos; aber bin-<lb/>
nen zwey tau&#x017F;end Jahren hat &#x017F;ich kein beßrer<lb/>
Architekt gezeigt. Er trug allen philo&#x017F;ophi&#x017F;chen<lb/>
Reichthum jener glu&#x0364;cklichen Zeiten zu&#x017F;ammen,<lb/>
und bru&#x0364;tete daru&#x0364;ber wie ein Gott. Seine phy-<lb/>
&#x017F;i&#x017F;chen und metaphy&#x017F;i&#x017F;chen Werke &#x017F;ind ein lang-<lb/>
wieriges Studium, und es la&#x0364;ßt &#x017F;ich in einem<lb/>
Ge&#x017F;pra&#x0364;che davon kein Auszug machen. Ihr<lb/>
mu&#x0364;ßt &#x017F;ie &#x017F;elb&#x017F;t le&#x017F;en; und es wird euch Lu&#x017F;t &#x017F;eyn,<lb/>
zu &#x017F;ehen, wie er die Natur herumarbeitet, und<lb/>
bis auf ihre klein&#x017F;ten Be&#x017F;tandtheile zergliedert,<lb/>
wenn ihr auch nur den Tief&#x017F;inn des Men&#x017F;chen an<lb/>
ihm bewundern &#x017F;olltet.</p><lb/>
          <p>Fu&#x0364;r jetzt nur noch einige Rap&#x017F;odien nach<lb/>
ihm und gegen ihn; und Launen und Einfa&#x0364;lle.<lb/>
Stellt euch das Univer&#x017F;um wie eine Laute vor,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">worauf</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[164/0172] begreiffen wollen; man muß ſie erſt ganz kennen, ehe man nur etwas von ihnen in allem ſeinen Verhaͤltniß einſieht. Das Syſtem des Ariſtoteles liegt, es iſt wahr, noch zum Theil da im Chaos; aber bin- nen zwey tauſend Jahren hat ſich kein beßrer Architekt gezeigt. Er trug allen philoſophiſchen Reichthum jener gluͤcklichen Zeiten zuſammen, und bruͤtete daruͤber wie ein Gott. Seine phy- ſiſchen und metaphyſiſchen Werke ſind ein lang- wieriges Studium, und es laͤßt ſich in einem Geſpraͤche davon kein Auszug machen. Ihr muͤßt ſie ſelbſt leſen; und es wird euch Luſt ſeyn, zu ſehen, wie er die Natur herumarbeitet, und bis auf ihre kleinſten Beſtandtheile zergliedert, wenn ihr auch nur den Tiefſinn des Menſchen an ihm bewundern ſolltet. Fuͤr jetzt nur noch einige Rapſodien nach ihm und gegen ihn; und Launen und Einfaͤlle. Stellt euch das Univerſum wie eine Laute vor, worauf

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello02_1787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello02_1787/172
Zitationshilfe: [Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 2. Lemgo, 1787, S. 164. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello02_1787/172>, abgerufen am 26.11.2024.