Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 2. Lemgo, 1787.

Bild:
<< vorherige Seite

größern und mindern Vollkommenheit der Theile
von Thieren schließen. Die Pythagoräer nah-
men nach dem Aristoteles als einen Grundsatz
an: Speise und Raub ist eher gewesen, als was
sich davon nährt; und wahrscheinlich! je ausge-
arbeiteter die Speise: desto leichter der Ueber-
gang zu höherm Leben. Kein vernünftiger Arzt
wird daran zweifeln, daß der Mensch selbst die
beste Kost für den Menschen wäre. Wer weiß,
ob die Welt jetzt so vollkommen ist, als sie seyn
kann? Obgleich ewig, mag sie doch Kind,
Jüngling und Mann, Jungfrau und Matrone
zur Abwechslung werden; denn sie ist nicht ganz
vollkommen, so lange noch Unvollkommenheit
darinnen da ist.

Ardinghello. Von Menschenfressern also
hätten wir die eigentliche Verklärung zu erwar-
ten, das tausendjährige Reich? ein starker Kon-
trast mit den Schulen der Weisen!

De-

groͤßern und mindern Vollkommenheit der Theile
von Thieren ſchließen. Die Pythagoraͤer nah-
men nach dem Ariſtoteles als einen Grundſatz
an: Speiſe und Raub iſt eher geweſen, als was
ſich davon naͤhrt; und wahrſcheinlich! je ausge-
arbeiteter die Speiſe: deſto leichter der Ueber-
gang zu hoͤherm Leben. Kein vernuͤnftiger Arzt
wird daran zweifeln, daß der Menſch ſelbſt die
beſte Koſt fuͤr den Menſchen waͤre. Wer weiß,
ob die Welt jetzt ſo vollkommen iſt, als ſie ſeyn
kann? Obgleich ewig, mag ſie doch Kind,
Juͤngling und Mann, Jungfrau und Matrone
zur Abwechslung werden; denn ſie iſt nicht ganz
vollkommen, ſo lange noch Unvollkommenheit
darinnen da iſt.

Ardinghello. Von Menſchenfreſſern alſo
haͤtten wir die eigentliche Verklaͤrung zu erwar-
ten, das tauſendjaͤhrige Reich? ein ſtarker Kon-
traſt mit den Schulen der Weiſen!

De-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0206" n="198"/>
gro&#x0364;ßern und mindern Vollkommenheit der Theile<lb/>
von Thieren &#x017F;chließen. Die Pythagora&#x0364;er nah-<lb/>
men nach dem Ari&#x017F;toteles als einen Grund&#x017F;atz<lb/>
an: Spei&#x017F;e und Raub i&#x017F;t eher gewe&#x017F;en, als was<lb/>
&#x017F;ich davon na&#x0364;hrt; und wahr&#x017F;cheinlich! je ausge-<lb/>
arbeiteter die Spei&#x017F;e: de&#x017F;to leichter der Ueber-<lb/>
gang zu ho&#x0364;herm Leben. Kein vernu&#x0364;nftiger Arzt<lb/>
wird daran zweifeln, daß der Men&#x017F;ch &#x017F;elb&#x017F;t die<lb/>
be&#x017F;te Ko&#x017F;t fu&#x0364;r den Men&#x017F;chen wa&#x0364;re. Wer weiß,<lb/>
ob die Welt jetzt &#x017F;o vollkommen i&#x017F;t, als &#x017F;ie &#x017F;eyn<lb/>
kann? Obgleich ewig, mag &#x017F;ie doch Kind,<lb/>
Ju&#x0364;ngling und Mann, Jungfrau und Matrone<lb/>
zur Abwechslung werden; denn &#x017F;ie i&#x017F;t nicht ganz<lb/>
vollkommen, &#x017F;o lange noch Unvollkommenheit<lb/>
darinnen da i&#x017F;t.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Ardinghello</hi>. Von Men&#x017F;chenfre&#x017F;&#x017F;ern al&#x017F;o<lb/>
ha&#x0364;tten wir die eigentliche Verkla&#x0364;rung zu erwar-<lb/>
ten, das tau&#x017F;endja&#x0364;hrige Reich? ein &#x017F;tarker Kon-<lb/>
tra&#x017F;t mit den Schulen der Wei&#x017F;en!</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#fr">De-</hi> </fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[198/0206] groͤßern und mindern Vollkommenheit der Theile von Thieren ſchließen. Die Pythagoraͤer nah- men nach dem Ariſtoteles als einen Grundſatz an: Speiſe und Raub iſt eher geweſen, als was ſich davon naͤhrt; und wahrſcheinlich! je ausge- arbeiteter die Speiſe: deſto leichter der Ueber- gang zu hoͤherm Leben. Kein vernuͤnftiger Arzt wird daran zweifeln, daß der Menſch ſelbſt die beſte Koſt fuͤr den Menſchen waͤre. Wer weiß, ob die Welt jetzt ſo vollkommen iſt, als ſie ſeyn kann? Obgleich ewig, mag ſie doch Kind, Juͤngling und Mann, Jungfrau und Matrone zur Abwechslung werden; denn ſie iſt nicht ganz vollkommen, ſo lange noch Unvollkommenheit darinnen da iſt. Ardinghello. Von Menſchenfreſſern alſo haͤtten wir die eigentliche Verklaͤrung zu erwar- ten, das tauſendjaͤhrige Reich? ein ſtarker Kon- traſt mit den Schulen der Weiſen! De-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello02_1787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello02_1787/206
Zitationshilfe: [Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 2. Lemgo, 1787, S. 198. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello02_1787/206>, abgerufen am 24.11.2024.