durch all sein Wesen, wenn er einen ursprüng- lichen Laffen und Thoren vor sich hat? er war von Ewigkeit Thor, und weder Sparta noch Rom wird ihn je zu einem Brutus oder Leoni- das umschaffen. Theophrast konnte sich in sei- nem neun und neunzigsten Jahre noch immer nicht genug verwundern, woher unter demselben Himmelsstriche, und bey derselben Erziehung die Menge von verschiednen Charaktern herkäme. So bald man dieß annimt, hört die Verwunde- rung auf; oder verliert sich in die Unbegreiflich- keit alles Daseyns, dem größten aller Geheim- nisse.
Wir sind, was wir sind; und werden nie etwas anders werden. Wohl dem, der edel und herrlich ist! er bleibt es ewig.
Demetri. Erhaben; wenns nur wahr wäre, und nicht dieselben Schwierigkeiten statt fänden! Anaxagoras hätte schon klüger deßwegen in der Verzweiflung alles: Knochen, Haare, Nägel,
Klauen
durch all ſein Weſen, wenn er einen urſpruͤng- lichen Laffen und Thoren vor ſich hat? er war von Ewigkeit Thor, und weder Sparta noch Rom wird ihn je zu einem Brutus oder Leoni- das umſchaffen. Theophraſt konnte ſich in ſei- nem neun und neunzigſten Jahre noch immer nicht genug verwundern, woher unter demſelben Himmelsſtriche, und bey derſelben Erziehung die Menge von verſchiednen Charaktern herkaͤme. So bald man dieß annimt, hoͤrt die Verwunde- rung auf; oder verliert ſich in die Unbegreiflich- keit alles Daſeyns, dem groͤßten aller Geheim- niſſe.
Wir ſind, was wir ſind; und werden nie etwas anders werden. Wohl dem, der edel und herrlich iſt! er bleibt es ewig.
Demetri. Erhaben; wenns nur wahr waͤre, und nicht dieſelben Schwierigkeiten ſtatt faͤnden! Anaxagoras haͤtte ſchon kluͤger deßwegen in der Verzweiflung alles: Knochen, Haare, Naͤgel,
Klauen
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[204/0212]
durch all ſein Weſen, wenn er einen urſpruͤng-
lichen Laffen und Thoren vor ſich hat? er war
von Ewigkeit Thor, und weder Sparta noch
Rom wird ihn je zu einem Brutus oder Leoni-
das umſchaffen. Theophraſt konnte ſich in ſei-
nem neun und neunzigſten Jahre noch immer
nicht genug verwundern, woher unter demſelben
Himmelsſtriche, und bey derſelben Erziehung
die Menge von verſchiednen Charaktern herkaͤme.
So bald man dieß annimt, hoͤrt die Verwunde-
rung auf; oder verliert ſich in die Unbegreiflich-
keit alles Daſeyns, dem groͤßten aller Geheim-
niſſe.
Wir ſind, was wir ſind; und werden nie
etwas anders werden. Wohl dem, der edel und
herrlich iſt! er bleibt es ewig.
Demetri. Erhaben; wenns nur wahr waͤre,
und nicht dieſelben Schwierigkeiten ſtatt faͤnden!
Anaxagoras haͤtte ſchon kluͤger deßwegen in der
Verzweiflung alles: Knochen, Haare, Naͤgel,
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[Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 2. Lemgo, 1787, S. 204. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello02_1787/212>, abgerufen am 24.11.2024.
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