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[Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 2. Lemgo, 1787.

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merbett, im frischen Morgenlichte, faselnackend
vor innrer Gluth von aller Decke und Hülle,
bereit und kampflüstern hingelagert, Wollust zu
geben und zu nehmen; die, anstatt die Hand
vorzuhalten, schon damit die stechende und bren-
nende Süßigkeit der Begierde wie abkühlt, und
mit den Fingerkoppen die regsamsten gefühligsten
Nerven ihres höchsten Lebens berührt.

Bezaubernde Beyschläferin und nicht Grie-
chenvenus; Wollust und nicht Liebe; Körper
bloß für augenblicklichen Genuß.

Ihre Formen machen einen starken Kon-
trast mit der griechischen. Wie das Leben sich
an dieser in allen Muskeln regt und sanft hervor-
quillt und hervortritt: und bey der Venezianerin
der ganze Leib nur eine ausgedehnte Masse macht!
Aber es ist schier nicht möglich, ein schmeicheln-
der, und sich ergebender, und süß verlangender
Gesicht zu sehen.

Sie

merbett, im friſchen Morgenlichte, faſelnackend
vor innrer Gluth von aller Decke und Huͤlle,
bereit und kampfluͤſtern hingelagert, Wolluſt zu
geben und zu nehmen; die, anſtatt die Hand
vorzuhalten, ſchon damit die ſtechende und bren-
nende Suͤßigkeit der Begierde wie abkuͤhlt, und
mit den Fingerkoppen die regſamſten gefuͤhligſten
Nerven ihres hoͤchſten Lebens beruͤhrt.

Bezaubernde Beyſchlaͤferin und nicht Grie-
chenvenus; Wolluſt und nicht Liebe; Koͤrper
bloß fuͤr augenblicklichen Genuß.

Ihre Formen machen einen ſtarken Kon-
traſt mit der griechiſchen. Wie das Leben ſich
an dieſer in allen Muskeln regt und ſanft hervor-
quillt und hervortritt: und bey der Venezianerin
der ganze Leib nur eine ausgedehnte Maſſe macht!
Aber es iſt ſchier nicht moͤglich, ein ſchmeicheln-
der, und ſich ergebender, und ſuͤß verlangender
Geſicht zu ſehen.

Sie
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[280/0288] merbett, im friſchen Morgenlichte, faſelnackend vor innrer Gluth von aller Decke und Huͤlle, bereit und kampfluͤſtern hingelagert, Wolluſt zu geben und zu nehmen; die, anſtatt die Hand vorzuhalten, ſchon damit die ſtechende und bren- nende Suͤßigkeit der Begierde wie abkuͤhlt, und mit den Fingerkoppen die regſamſten gefuͤhligſten Nerven ihres hoͤchſten Lebens beruͤhrt. Bezaubernde Beyſchlaͤferin und nicht Grie- chenvenus; Wolluſt und nicht Liebe; Koͤrper bloß fuͤr augenblicklichen Genuß. Ihre Formen machen einen ſtarken Kon- traſt mit der griechiſchen. Wie das Leben ſich an dieſer in allen Muskeln regt und ſanft hervor- quillt und hervortritt: und bey der Venezianerin der ganze Leib nur eine ausgedehnte Maſſe macht! Aber es iſt ſchier nicht moͤglich, ein ſchmeicheln- der, und ſich ergebender, und ſuͤß verlangender Geſicht zu ſehen. Sie

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Zitationshilfe: [Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 2. Lemgo, 1787, S. 280. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello02_1787/288>, abgerufen am 22.11.2024.