wie Reben umflechten; mehr hat kein König und kein Gott.
Ach, und sie ist mehr Wunder der Natur noch am Geiste! eine Kreatur, worüber ich zum erstenmal mit geheimen Ingrimm rase, daß sie so vortreflich ist. O laß mich! ruf ich zuweilen für mich in Verzweiflung aus; doch muß ich dem unbändigen Zuge folgen, und unterliegen. Ich habe nie geglaubt, daß eine Dirne der Art mich in Ketten und Banden legen würde, und tobe über mich selbst; aber Niemand weiß, was ihm bevorsteht.
Ich will dir gleich den falschen Wahn be- nehmen, der bey dir aufsteigen wird. Sie ist reich, besitzt ein unmäßiges Vermögen, und hat weder Vater, Mutter, noch Geschwister. Ihr Vater war der Sohn eines päbstlichen Neffen, und sie ist nun allein geblieben. Wie um sie geworben wird, kannst du dir leicht vor-
stel-
wie Reben umflechten; mehr hat kein Koͤnig und kein Gott.
Ach, und ſie iſt mehr Wunder der Natur noch am Geiſte! eine Kreatur, woruͤber ich zum erſtenmal mit geheimen Ingrimm raſe, daß ſie ſo vortreflich iſt. O laß mich! ruf ich zuweilen fuͤr mich in Verzweiflung aus; doch muß ich dem unbaͤndigen Zuge folgen, und unterliegen. Ich habe nie geglaubt, daß eine Dirne der Art mich in Ketten und Banden legen wuͤrde, und tobe uͤber mich ſelbſt; aber Niemand weiß, was ihm bevorſteht.
Ich will dir gleich den falſchen Wahn be- nehmen, der bey dir aufſteigen wird. Sie iſt reich, beſitzt ein unmaͤßiges Vermoͤgen, und hat weder Vater, Mutter, noch Geſchwiſter. Ihr Vater war der Sohn eines paͤbſtlichen Neffen, und ſie iſt nun allein geblieben. Wie um ſie geworben wird, kannſt du dir leicht vor-
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wie Reben umflechten; mehr hat kein Koͤnig und
kein Gott.
Ach, und ſie iſt mehr Wunder der Natur
noch am Geiſte! eine Kreatur, woruͤber ich zum
erſtenmal mit geheimen Ingrimm raſe, daß ſie
ſo vortreflich iſt. O laß mich! ruf ich zuweilen
fuͤr mich in Verzweiflung aus; doch muß ich
dem unbaͤndigen Zuge folgen, und unterliegen.
Ich habe nie geglaubt, daß eine Dirne der Art
mich in Ketten und Banden legen wuͤrde, und
tobe uͤber mich ſelbſt; aber Niemand weiß, was
ihm bevorſteht.
Ich will dir gleich den falſchen Wahn be-
nehmen, der bey dir aufſteigen wird. Sie iſt
reich, beſitzt ein unmaͤßiges Vermoͤgen, und hat
weder Vater, Mutter, noch Geſchwiſter. Ihr
Vater war der Sohn eines paͤbſtlichen Neffen,
und ſie iſt nun allein geblieben. Wie um ſie
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[Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 2. Lemgo, 1787, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello02_1787/53>, abgerufen am 21.11.2024.
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