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[Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 2. Lemgo, 1787.

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Schatten bey der Mahlerey, und nicht das We-
sentliche. Und auch in Charakter und Sprache
dürfe man ihn den guten Klassikern an die Seite
setzen.

Ich wand ihr dagegen verschiednes ein, und
scherzte über ihre Vertheidigung dieses gefährli-
chen weiblichen Moralisten. Sie zog sich mit
unbeschreiblicher Anmuth und leichtem Witz aus
der Schlinge; und beschloß, er habe die Sit-
ten seiner Zeit geschildert, und es gehöre zur
Vollkommenheit von Held und Heldin, alle
Wege und Abwege eines Landes zu kennen;
und es habe noch Niemand zum Vorwurf ge-
reicht, durch andrer Schaden klug zu werden.
"Ich betrachte die Komödie des Dante, fügte sie
ernsthaft hinzu, eigentlich nur als eine Satyre
über seine Feinde. Uebrigens war er ein Mann
wie ein Fels, welches auch seine Gestalt zeigt,
voll hohen Ehrgeitzes. Der letztere hat ihn ver-
muthlich zu seiner unverständlichen Theologie

und

Schatten bey der Mahlerey, und nicht das We-
ſentliche. Und auch in Charakter und Sprache
duͤrfe man ihn den guten Klaſſikern an die Seite
ſetzen.

Ich wand ihr dagegen verſchiednes ein, und
ſcherzte uͤber ihre Vertheidigung dieſes gefaͤhrli-
chen weiblichen Moraliſten. Sie zog ſich mit
unbeſchreiblicher Anmuth und leichtem Witz aus
der Schlinge; und beſchloß, er habe die Sit-
ten ſeiner Zeit geſchildert, und es gehoͤre zur
Vollkommenheit von Held und Heldin, alle
Wege und Abwege eines Landes zu kennen;
und es habe noch Niemand zum Vorwurf ge-
reicht, durch andrer Schaden klug zu werden.
„Ich betrachte die Komoͤdie des Dante, fuͤgte ſie
ernſthaft hinzu, eigentlich nur als eine Satyre
uͤber ſeine Feinde. Uebrigens war er ein Mann
wie ein Fels, welches auch ſeine Geſtalt zeigt,
voll hohen Ehrgeitzes. Der letztere hat ihn ver-
muthlich zu ſeiner unverſtaͤndlichen Theologie

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[56/0064] Schatten bey der Mahlerey, und nicht das We- ſentliche. Und auch in Charakter und Sprache duͤrfe man ihn den guten Klaſſikern an die Seite ſetzen. Ich wand ihr dagegen verſchiednes ein, und ſcherzte uͤber ihre Vertheidigung dieſes gefaͤhrli- chen weiblichen Moraliſten. Sie zog ſich mit unbeſchreiblicher Anmuth und leichtem Witz aus der Schlinge; und beſchloß, er habe die Sit- ten ſeiner Zeit geſchildert, und es gehoͤre zur Vollkommenheit von Held und Heldin, alle Wege und Abwege eines Landes zu kennen; und es habe noch Niemand zum Vorwurf ge- reicht, durch andrer Schaden klug zu werden. „Ich betrachte die Komoͤdie des Dante, fuͤgte ſie ernſthaft hinzu, eigentlich nur als eine Satyre uͤber ſeine Feinde. Uebrigens war er ein Mann wie ein Fels, welches auch ſeine Geſtalt zeigt, voll hohen Ehrgeitzes. Der letztere hat ihn ver- muthlich zu ſeiner unverſtaͤndlichen Theologie und

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Zitationshilfe: [Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 2. Lemgo, 1787, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello02_1787/64>, abgerufen am 21.11.2024.