oder die manchen hundert Meisterstücke von Ly- sipp; geschweige die Völkerschaften von Statuen zu Delphi und Elis, die Pracht und Herrlichkeit von Athen, Korinth, Gnid, Ephesos. Ein Grieche vor den Römischen Räubereyen würde die heutigen Antiken insgesamt gleichsam anse- hen, wie ein Lucull, von der Tafel aufgestanden, ein paar verschimmelte Brocken aus eines Bett- lers Sack. Und doch schlagen sie allen unsern Stolz nieder, und zeigen uns deutlicher unsre Barbarey, als irgend etwas, was übrig geblie- ben ist.
Man begreift nicht wohl, wo die Alten die Kosten nur der Materie hernahmen, binnen so kurzer Zeit eine so große Menge von Kunstwer- ken aufzustellen: da heut zu Tag nicht die größte Monarchie zu leisten im Stand ist, was zum Beyspiel in dem kleinen Sizilien nur das Sand- korn, das kaum bemerkbare Girgent, that. Die Verwunderung des Xenophon, in den blühend-
sten
oder die manchen hundert Meiſterſtuͤcke von Ly- ſipp; geſchweige die Voͤlkerſchaften von Statuen zu Delphi und Elis, die Pracht und Herrlichkeit von Athen, Korinth, Gnid, Epheſos. Ein Grieche vor den Roͤmiſchen Raͤubereyen wuͤrde die heutigen Antiken insgeſamt gleichſam anſe- hen, wie ein Lucull, von der Tafel aufgeſtanden, ein paar verſchimmelte Brocken aus eines Bett- lers Sack. Und doch ſchlagen ſie allen unſern Stolz nieder, und zeigen uns deutlicher unſre Barbarey, als irgend etwas, was uͤbrig geblie- ben iſt.
Man begreift nicht wohl, wo die Alten die Koſten nur der Materie hernahmen, binnen ſo kurzer Zeit eine ſo große Menge von Kunſtwer- ken aufzuſtellen: da heut zu Tag nicht die groͤßte Monarchie zu leiſten im Stand iſt, was zum Beyſpiel in dem kleinen Sizilien nur das Sand- korn, das kaum bemerkbare Girgent, that. Die Verwunderung des Xenophon, in den bluͤhend-
ſten
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oder die manchen hundert Meiſterſtuͤcke von Ly-
ſipp; geſchweige die Voͤlkerſchaften von Statuen
zu Delphi und Elis, die Pracht und Herrlichkeit
von Athen, Korinth, Gnid, Epheſos. Ein
Grieche vor den Roͤmiſchen Raͤubereyen wuͤrde
die heutigen Antiken insgeſamt gleichſam anſe-
hen, wie ein Lucull, von der Tafel aufgeſtanden,
ein paar verſchimmelte Brocken aus eines Bett-
lers Sack. Und doch ſchlagen ſie allen unſern
Stolz nieder, und zeigen uns deutlicher unſre
Barbarey, als irgend etwas, was uͤbrig geblie-
ben iſt.
Man begreift nicht wohl, wo die Alten die
Koſten nur der Materie hernahmen, binnen ſo
kurzer Zeit eine ſo große Menge von Kunſtwer-
ken aufzuſtellen: da heut zu Tag nicht die groͤßte
Monarchie zu leiſten im Stand iſt, was zum
Beyſpiel in dem kleinen Sizilien nur das Sand-
korn, das kaum bemerkbare Girgent, that. Die
Verwunderung des Xenophon, in den bluͤhend-
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[Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 2. Lemgo, 1787, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello02_1787/76>, abgerufen am 21.11.2024.
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