ne Band ist, ohne weitere Vergleichung mit den Alten, auch jetzt manches ärmliche Städt- chen in Italien mit einem himmlischen Bilde von Raphael oder Correggio wie ein Stern her- vor gegen ungeheure Reiche in Norden, nächt- liche Wüsten, wo keine Schönheit erscheint.
Lysipp, der wie Apelles in seiner Art den höchsten Gipfel der Kunst erreichte, goß alle sei- ne Bilder aus Erz: weil der Gesang der entzü- ckendste, wo die Musik und die Poesie die vollkommenste ist, wo man die Sprache nicht merkt; und so geht es [...]in den bildenden Künsten mit der Arbeit und der Materie, dem Zeichen.
In den feyerlichen Werken des Phidias und Polyklet von Gold und Elphenbein erscheint die Kunst noch wie eine geschmückte unreife Jungfrau: in denen des Praxiteles und Lysipp wie eine Phryne aus dem Bad hervor, alles fremde verdunkelnde abgeworfen, in lebendiger
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ne Band iſt, ohne weitere Vergleichung mit den Alten, auch jetzt manches aͤrmliche Staͤdt- chen in Italien mit einem himmliſchen Bilde von Raphael oder Correggio wie ein Stern her- vor gegen ungeheure Reiche in Norden, naͤcht- liche Wuͤſten, wo keine Schoͤnheit erſcheint.
Lyſipp, der wie Apelles in ſeiner Art den hoͤchſten Gipfel der Kunſt erreichte, goß alle ſei- ne Bilder aus Erz: weil der Geſang der entzuͤ- ckendſte, wo die Muſik und die Poeſie die vollkommenſte iſt, wo man die Sprache nicht merkt; und ſo geht es […]in den bildenden Kuͤnſten mit der Arbeit und der Materie, dem Zeichen.
In den feyerlichen Werken des Phidias und Polyklet von Gold und Elphenbein erſcheint die Kunſt noch wie eine geſchmuͤckte unreife Jungfrau: in denen des Praxiteles und Lyſipp wie eine Phryne aus dem Bad hervor, alles fremde verdunkelnde abgeworfen, in lebendiger
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ne Band iſt, ohne weitere Vergleichung mit
den Alten, auch jetzt manches aͤrmliche Staͤdt-
chen in Italien mit einem himmliſchen Bilde
von Raphael oder Correggio wie ein Stern her-
vor gegen ungeheure Reiche in Norden, naͤcht-
liche Wuͤſten, wo keine Schoͤnheit erſcheint.
Lyſipp, der wie Apelles in ſeiner Art den
hoͤchſten Gipfel der Kunſt erreichte, goß alle ſei-
ne Bilder aus Erz: weil der Geſang der entzuͤ-
ckendſte, wo die Muſik und die Poeſie die
vollkommenſte iſt, wo man die Sprache nicht
merkt; und ſo geht es in den bildenden
Kuͤnſten mit der Arbeit und der Materie, dem
Zeichen.
In den feyerlichen Werken des Phidias
und Polyklet von Gold und Elphenbein erſcheint
die Kunſt noch wie eine geſchmuͤckte unreife
Jungfrau: in denen des Praxiteles und Lyſipp
wie eine Phryne aus dem Bad hervor, alles
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[Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 2. Lemgo, 1787, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello02_1787/78>, abgerufen am 16.02.2025.
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