ders verhält es sich, sobald eine Verbindung unvollkom- men ist. Da wird durch jede, auch die kleinste Hem- mung, die das eine Element der Complexion stärker trifft, als das andre, auch die Verknüpfung lockerer gemacht, indem eins dem andern um so viel entzogen wird, als dies minder wie jenes unter dem vorhandenen Drucke leidet. Noch mehr! die vorhandene Verknüpfung wird verfälscht durch eine entgegengesetzte. Denn nach geschehener Hemmung complicirt sich b mit a in eben dem Maasse stärker, als von a mehr verdrängt wurde; dergestalt, dass nunmehr a nicht bloss mit a, sondern auch mit b, dem Widerspiel von a, verbunden ist. -- Allein hiebey besteht nichts desto weniger in a das Stre- ben, a bis auf den vorigen Punct der Verbindung wie- der mit sich zu vereinigen. Denn die ganze Stärke die- ser Verbindung wird fortwährend als Bedingung des vor- handenen Gleichgewichts vorausgesetzt; wäre sie schwä- cher, so würde b noch mehr als schon geschehen, von a hemmen. Hiedurch kommen wir weiter in der Lehre von den Gefühlen. Denn der Zustand einer Vorstel- lung, -- wie hier a, -- da sie eine andre, gegen die Gesetze des Gleichgewichts, höher ins Bewusstseyn zu heben bemüht ist, verändert das Vorgestellte um gar nichts, kann also auch nicht zu dem sogenannten Vor- stellungsvermögen gerechnet werden. Es ist ein Sehnen, welches befriedigt werden würde, wenn die angestrebte Vorstellung (hier a) von neuem gegeben würde; jedoch so, dass darauf sehr bald ein entgegengesetztes Sehnen, nach b, folgen würde, sobald nämlich dies durch das neue a merklich gehemmt, und dadurch seiner Verbin- dung mit a entzogen wäre. Jedoch dergleichen Betrach- tungen lassen sich hier noch nicht ausführen; sie gehö- ren sammt der obigen, am Ende des §. 61., in den zwey- ten Theil dieses Werks.
ders verhält es sich, sobald eine Verbindung unvollkom- men ist. Da wird durch jede, auch die kleinste Hem- mung, die das eine Element der Complexion stärker trifft, als das andre, auch die Verknüpfung lockerer gemacht, indem eins dem andern um so viel entzogen wird, als dies minder wie jenes unter dem vorhandenen Drucke leidet. Noch mehr! die vorhandene Verknüpfung wird verfälscht durch eine entgegengesetzte. Denn nach geschehener Hemmung complicirt sich b mit α in eben dem Maaſse stärker, als von a mehr verdrängt wurde; dergestalt, daſs nunmehr α nicht bloſs mit a, sondern auch mit b, dem Widerspiel von a, verbunden ist. — Allein hiebey besteht nichts desto weniger in α das Stre- ben, a bis auf den vorigen Punct der Verbindung wie- der mit sich zu vereinigen. Denn die ganze Stärke die- ser Verbindung wird fortwährend als Bedingung des vor- handenen Gleichgewichts vorausgesetzt; wäre sie schwä- cher, so würde b noch mehr als schon geschehen, von a hemmen. Hiedurch kommen wir weiter in der Lehre von den Gefühlen. Denn der Zustand einer Vorstel- lung, — wie hier α, — da sie eine andre, gegen die Gesetze des Gleichgewichts, höher ins Bewuſstseyn zu heben bemüht ist, verändert das Vorgestellte um gar nichts, kann also auch nicht zu dem sogenannten Vor- stellungsvermögen gerechnet werden. Es ist ein Sehnen, welches befriedigt werden würde, wenn die angestrebte Vorstellung (hier a) von neuem gegeben würde; jedoch so, daſs darauf sehr bald ein entgegengesetztes Sehnen, nach b, folgen würde, sobald nämlich dies durch das neue a merklich gehemmt, und dadurch seiner Verbin- dung mit α entzogen wäre. Jedoch dergleichen Betrach- tungen lassen sich hier noch nicht ausführen; sie gehö- ren sammt der obigen, am Ende des §. 61., in den zwey- ten Theil dieses Werks.
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ders verhält es sich, sobald eine Verbindung unvollkom-
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als das andre, auch die Verknüpfung lockerer gemacht,
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dies minder wie jenes unter dem vorhandenen Drucke
leidet. Noch mehr! die vorhandene Verknüpfung wird
verfälscht durch eine entgegengesetzte. Denn nach
geschehener Hemmung complicirt sich b mit α in eben
dem Maaſse stärker, als von a mehr verdrängt wurde;
dergestalt, daſs nunmehr α nicht bloſs mit a, sondern
auch mit b, dem Widerspiel von a, verbunden ist. —
Allein hiebey besteht nichts desto weniger in α das Stre-
ben, a bis auf den vorigen Punct der Verbindung wie-
der mit sich zu vereinigen. Denn die ganze Stärke die-
ser Verbindung wird fortwährend als Bedingung des vor-
handenen Gleichgewichts vorausgesetzt; wäre sie schwä-
cher, so würde b noch mehr als schon geschehen, von
a hemmen. Hiedurch kommen wir weiter in der Lehre
von den Gefühlen. Denn der Zustand einer Vorstel-
lung, — wie hier α, — da sie eine andre, gegen die
Gesetze des Gleichgewichts, höher ins Bewuſstseyn zu
heben bemüht ist, verändert das Vorgestellte um gar
nichts, kann also auch nicht zu dem sogenannten Vor-
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welches befriedigt werden würde, wenn die angestrebte
Vorstellung (hier a) von neuem gegeben würde; jedoch
so, daſs darauf sehr bald ein entgegengesetztes Sehnen,
nach b, folgen würde, sobald nämlich dies durch das
neue a merklich gehemmt, und dadurch seiner Verbin-
dung mit α entzogen wäre. Jedoch dergleichen Betrach-
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Herbart, Johann Friedrich: Psychologie als Wissenschaft. Bd. 1. Königsberg, 1824, S. 221. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herbart_psychologie01_1824/241>, abgerufen am 23.11.2024.
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