hiebey die Reihe als gleichartig betrachten, das heisst, die Reste r, R, r, ... gleich setzen, desgleichen die Un- terschiede r'--r", R'--R" u. s. f., so dass die r, r', r" ... u. dgl. eine gemeine arithmetische Reihe bilden; folglich in der Vorstellungsreihe die Distanz der Glieder allein den Grad der Verbindung bestimme. Alsdann kommt es nur noch auf die Grösse der Differenz r--r' an; sie wird bestimmen, mit wie vielen folgenden eine jede vorhergehende Vorstellung verschmelze; ob z. B. a schon ganz gesunken sey, ehe die Vorstellungen g, h, i, k, hinzukommen, während die Reihe sich bildet: oder ob vielleicht x, y, z, noch etwas von a im Bewusstseyn antreffen, womit sie verschmelzen können. Wenn näm- lich während des Entstehens der Reihe, sich a noch mit x, y, z, verbindet, so wird es sie auch bey der Repro- duction wieder zu heben suchen; erreicht aber a nicht einmal g, h, i, k, so geht auch sein Streben andre her- vorzurufen, nicht bis in diese Entfernung hinaus. Unter- schiede dieser Art haben einen wesentlichen Einfluss auf die Kraft der ganzen Reihe, sich geordnet zu repro- duciren, oder kurz, auf ihr Evolutions-Vermögen; und dies ists, was wir jetzt untersuchen wollen.
Wir nehmen an, die Reihe sey eine Zeit lang ganz aus dem Bewusstseyn verschwunden gewesen; jetzt könne sie sich wieder erheben; aber es sey gleich viel Grund zu dieser Erhebung für alle, in der Reihe enthaltenen, Vorstellungen vorhanden: nun fragt sich, ob dennoch die Reihe geordnet hervortreten werde? Es ist nämlich klar, dass wenn auch nur das erste und das vierte -- oder überhaupt das mte und das nte Glied -- zugleich ins Bewusstseyn kämen, alsdann Verwirrung entstehn müsste; denn das vierte würde die folgenden schon reproduciren, die vorigen schon herabdrücken, während das erste noch im Streben zur Reproduction des zweyten und dritten be- griffen wäre.
Um die Sache leichter zu übersehen, wollen wir uns abermals ein Schema entwerfen. Die einzelnen Vorstel-
hiebey die Reihe als gleichartig betrachten, das heiſst, die Reste r, R, ρ, … gleich setzen, desgleichen die Un- terschiede r'—r″, R'—R″ u. s. f., so daſs die r, r', r″ … u. dgl. eine gemeine arithmetische Reihe bilden; folglich in der Vorstellungsreihe die Distanz der Glieder allein den Grad der Verbindung bestimme. Alsdann kommt es nur noch auf die Gröſse der Differenz r—r' an; sie wird bestimmen, mit wie vielen folgenden eine jede vorhergehende Vorstellung verschmelze; ob z. B. a schon ganz gesunken sey, ehe die Vorstellungen g, h, i, k, hinzukommen, während die Reihe sich bildet: oder ob vielleicht x, y, z, noch etwas von a im Bewuſstseyn antreffen, womit sie verschmelzen können. Wenn näm- lich während des Entstehens der Reihe, sich a noch mit x, y, z, verbindet, so wird es sie auch bey der Repro- duction wieder zu heben suchen; erreicht aber a nicht einmal g, h, i, k, so geht auch sein Streben andre her- vorzurufen, nicht bis in diese Entfernung hinaus. Unter- schiede dieser Art haben einen wesentlichen Einfluſs auf die Kraft der ganzen Reihe, sich geordnet zu repro- duciren, oder kurz, auf ihr Evolutions-Vermögen; und dies ists, was wir jetzt untersuchen wollen.
Wir nehmen an, die Reihe sey eine Zeit lang ganz aus dem Bewuſstseyn verschwunden gewesen; jetzt könne sie sich wieder erheben; aber es sey gleich viel Grund zu dieser Erhebung für alle, in der Reihe enthaltenen, Vorstellungen vorhanden: nun fragt sich, ob dennoch die Reihe geordnet hervortreten werde? Es ist nämlich klar, daſs wenn auch nur das erste und das vierte — oder überhaupt das mte und das nte Glied — zugleich ins Bewuſstseyn kämen, alsdann Verwirrung entstehn müſste; denn das vierte würde die folgenden schon reproduciren, die vorigen schon herabdrücken, während das erste noch im Streben zur Reproduction des zweyten und dritten be- griffen wäre.
Um die Sache leichter zu übersehen, wollen wir uns abermals ein Schema entwerfen. Die einzelnen Vorstel-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0374"n="354"/>
hiebey die Reihe als <hirendition="#g">gleichartig</hi> betrachten, das heiſst,<lb/>
die Reste <hirendition="#i">r, R, ρ</hi>, … gleich setzen, desgleichen die Un-<lb/>
terschiede <hirendition="#i">r'—r″, R'—R″</hi> u. s. f., so daſs die <hirendition="#i">r, r',<lb/>
r″</hi>… u. dgl. eine gemeine arithmetische Reihe bilden;<lb/>
folglich in der Vorstellungsreihe die Distanz der Glieder<lb/>
allein den Grad der Verbindung bestimme. Alsdann<lb/>
kommt es nur noch auf die Gröſse der Differenz <hirendition="#i">r—r'</hi><lb/>
an; sie wird bestimmen, <hirendition="#g">mit wie vielen folgenden</hi><lb/>
eine jede <hirendition="#g">vorhergehende</hi> Vorstellung verschmelze; ob<lb/>
z. B. <hirendition="#i">a</hi> schon ganz gesunken sey, ehe die Vorstellungen<lb/><hirendition="#i">g, h, i, k</hi>, hinzukommen, während die Reihe sich bildet:<lb/>
oder ob vielleicht <hirendition="#i">x, y, z</hi>, noch etwas von <hirendition="#i">a</hi> im Bewuſstseyn<lb/>
antreffen, womit sie verschmelzen können. Wenn näm-<lb/>
lich während des Entstehens der Reihe, sich <hirendition="#i">a</hi> noch mit<lb/><hirendition="#i">x, y, z</hi>, verbindet, so wird es sie auch bey der Repro-<lb/>
duction wieder zu heben suchen; erreicht aber <hirendition="#i">a</hi> nicht<lb/>
einmal <hirendition="#i">g, h, i, k</hi>, so geht auch sein Streben andre her-<lb/>
vorzurufen, nicht bis in diese Entfernung hinaus. Unter-<lb/>
schiede dieser Art haben einen wesentlichen Einfluſs auf<lb/>
die Kraft der ganzen Reihe, sich <hirendition="#g">geordnet zu repro-<lb/>
duciren</hi>, oder kurz, auf ihr <hirendition="#g">Evolutions-Vermögen</hi>;<lb/>
und dies ists, was wir jetzt untersuchen wollen.</p><lb/><p>Wir nehmen an, die Reihe sey eine Zeit lang ganz<lb/>
aus dem Bewuſstseyn verschwunden gewesen; jetzt könne<lb/>
sie sich wieder erheben; aber es sey <hirendition="#g">gleich viel Grund</hi><lb/>
zu dieser Erhebung für alle, in der Reihe enthaltenen,<lb/>
Vorstellungen vorhanden: nun fragt sich, ob dennoch die<lb/>
Reihe geordnet hervortreten werde? Es ist nämlich klar,<lb/>
daſs wenn auch nur das erste und das vierte — oder<lb/>
überhaupt das <hirendition="#i">m</hi>te und das <hirendition="#i">n</hi>te Glied — zugleich ins<lb/>
Bewuſstseyn kämen, alsdann Verwirrung entstehn müſste;<lb/>
denn das vierte würde die folgenden schon reproduciren,<lb/>
die vorigen schon herabdrücken, während das erste noch<lb/>
im Streben zur Reproduction des zweyten und dritten be-<lb/>
griffen wäre.</p><lb/><p>Um die Sache leichter zu übersehen, wollen wir uns<lb/>
abermals ein Schema entwerfen. Die einzelnen Vorstel-<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[354/0374]
hiebey die Reihe als gleichartig betrachten, das heiſst,
die Reste r, R, ρ, … gleich setzen, desgleichen die Un-
terschiede r'—r″, R'—R″ u. s. f., so daſs die r, r',
r″ … u. dgl. eine gemeine arithmetische Reihe bilden;
folglich in der Vorstellungsreihe die Distanz der Glieder
allein den Grad der Verbindung bestimme. Alsdann
kommt es nur noch auf die Gröſse der Differenz r—r'
an; sie wird bestimmen, mit wie vielen folgenden
eine jede vorhergehende Vorstellung verschmelze; ob
z. B. a schon ganz gesunken sey, ehe die Vorstellungen
g, h, i, k, hinzukommen, während die Reihe sich bildet:
oder ob vielleicht x, y, z, noch etwas von a im Bewuſstseyn
antreffen, womit sie verschmelzen können. Wenn näm-
lich während des Entstehens der Reihe, sich a noch mit
x, y, z, verbindet, so wird es sie auch bey der Repro-
duction wieder zu heben suchen; erreicht aber a nicht
einmal g, h, i, k, so geht auch sein Streben andre her-
vorzurufen, nicht bis in diese Entfernung hinaus. Unter-
schiede dieser Art haben einen wesentlichen Einfluſs auf
die Kraft der ganzen Reihe, sich geordnet zu repro-
duciren, oder kurz, auf ihr Evolutions-Vermögen;
und dies ists, was wir jetzt untersuchen wollen.
Wir nehmen an, die Reihe sey eine Zeit lang ganz
aus dem Bewuſstseyn verschwunden gewesen; jetzt könne
sie sich wieder erheben; aber es sey gleich viel Grund
zu dieser Erhebung für alle, in der Reihe enthaltenen,
Vorstellungen vorhanden: nun fragt sich, ob dennoch die
Reihe geordnet hervortreten werde? Es ist nämlich klar,
daſs wenn auch nur das erste und das vierte — oder
überhaupt das mte und das nte Glied — zugleich ins
Bewuſstseyn kämen, alsdann Verwirrung entstehn müſste;
denn das vierte würde die folgenden schon reproduciren,
die vorigen schon herabdrücken, während das erste noch
im Streben zur Reproduction des zweyten und dritten be-
griffen wäre.
Um die Sache leichter zu übersehen, wollen wir uns
abermals ein Schema entwerfen. Die einzelnen Vorstel-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Herbart, Johann Friedrich: Psychologie als Wissenschaft. Bd. 1. Königsberg, 1824, S. 354. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herbart_psychologie01_1824/374>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.