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Herbart, Johann Friedrich: Psychologie als Wissenschaft. Bd. 1. Königsberg, 1824.

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derselben ausgegeben wird (als ob daraus, dass der Ju-
piter im Zeichen der Zwillinge steht, und dort mit den
Sternen dieses Zeichens zugleich wahrgenommen wird,
ein Causalverhältniss zwischen diesem Planeten und jenen
Fixsternen folgte), ist hier Alles leere System-Künsteley,
und Mishandlung der wichtigsten metaphysischen Grund-
begriffe. Von dieser meiner Behauptung, die ich im
Nothfalle durch einen ausführlichen Commentar belegen
werde, kann ich hier nur den einen Punct näher be-
leuchten, welcher den obigen Fehlern der transscenden-
talen Aesthetik analog ist.

Was ist Einheit und Vielheit? Was Realität und
Negation? Was Substanz und Ursache? Was Mög-
lichkeit und Nothwendigkeit? Sind es leere Gefässe, auf-
gestellt im menschlichen Verstande, in welche die Erfah-
rung ihre Anschauungen hineinschütten und bunt durch
einander werfen soll? Auf welche Anschauung (die als
solche allemal positiv ist) passt die Kategorie der Nega-
tion; und wann ist von irgend einem anschauenden We-
sen ein Negatives unmittelbar wahrgenommen worden?
Welche Substanz, in ihrem Gegensatze als letztes
Subject gegen ihre Prädicate, Attribute und Accidenzen,
und als Beharrliches gegen das Mancherley was an ihr
wechselt, ist jemals ins Reich der Erscheinungen einge-
treten? Welche Kraft hat je die Nothwendigkeit, womit
aus ihr die Wirkung folgt, den Sinnen dargeboten?
Welche Möglichkeit, in ihrem Gegensatze gegen das
Wirkliche, hat jemals ihren Platz mitten unter den Er-
fahrungen, die als solche lauter Wirklichkeiten sind, ein-
genommen und behauptet? -- Wenn nun die Anschau-
ung, unmittelbar und für sich allein, ganz unfähig ist,
sich der zu ihr gehörigen Kategorien zu bemächtigen:
wie kommen denn diese dazu, sich jener zu bemächti-
gen? Durch den Verstand? Also hat der Verstand die
Realität früher als das Reale, die Substantialität früher
als bestimmte Substanzen, die Causalität eher als be-
stimmte Ursachen, die Wirklichkeit eher als wirkliche

derselben ausgegeben wird (als ob daraus, daſs der Ju-
piter im Zeichen der Zwillinge steht, und dort mit den
Sternen dieses Zeichens zugleich wahrgenommen wird,
ein Causalverhältniſs zwischen diesem Planeten und jenen
Fixsternen folgte), ist hier Alles leere System-Künsteley,
und Mishandlung der wichtigsten metaphysischen Grund-
begriffe. Von dieser meiner Behauptung, die ich im
Nothfalle durch einen ausführlichen Commentar belegen
werde, kann ich hier nur den einen Punct näher be-
leuchten, welcher den obigen Fehlern der transscenden-
talen Aesthetik analog ist.

Was ist Einheit und Vielheit? Was Realität und
Negation? Was Substanz und Ursache? Was Mög-
lichkeit und Nothwendigkeit? Sind es leere Gefäſse, auf-
gestellt im menschlichen Verstande, in welche die Erfah-
rung ihre Anschauungen hineinschütten und bunt durch
einander werfen soll? Auf welche Anschauung (die als
solche allemal positiv ist) paſst die Kategorie der Nega-
tion; und wann ist von irgend einem anschauenden We-
sen ein Negatives unmittelbar wahrgenommen worden?
Welche Substanz, in ihrem Gegensatze als letztes
Subject gegen ihre Prädicate, Attribute und Accidenzen,
und als Beharrliches gegen das Mancherley was an ihr
wechselt, ist jemals ins Reich der Erscheinungen einge-
treten? Welche Kraft hat je die Nothwendigkeit, womit
aus ihr die Wirkung folgt, den Sinnen dargeboten?
Welche Möglichkeit, in ihrem Gegensatze gegen das
Wirkliche, hat jemals ihren Platz mitten unter den Er-
fahrungen, die als solche lauter Wirklichkeiten sind, ein-
genommen und behauptet? — Wenn nun die Anschau-
ung, unmittelbar und für sich allein, ganz unfähig ist,
sich der zu ihr gehörigen Kategorien zu bemächtigen:
wie kommen denn diese dazu, sich jener zu bemächti-
gen? Durch den Verstand? Also hat der Verstand die
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als bestimmte Substanzen, die Causalität eher als be-
stimmte Ursachen, die Wirklichkeit eher als wirkliche

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[383/0403] derselben ausgegeben wird (als ob daraus, daſs der Ju- piter im Zeichen der Zwillinge steht, und dort mit den Sternen dieses Zeichens zugleich wahrgenommen wird, ein Causalverhältniſs zwischen diesem Planeten und jenen Fixsternen folgte), ist hier Alles leere System-Künsteley, und Mishandlung der wichtigsten metaphysischen Grund- begriffe. Von dieser meiner Behauptung, die ich im Nothfalle durch einen ausführlichen Commentar belegen werde, kann ich hier nur den einen Punct näher be- leuchten, welcher den obigen Fehlern der transscenden- talen Aesthetik analog ist. Was ist Einheit und Vielheit? Was Realität und Negation? Was Substanz und Ursache? Was Mög- lichkeit und Nothwendigkeit? Sind es leere Gefäſse, auf- gestellt im menschlichen Verstande, in welche die Erfah- rung ihre Anschauungen hineinschütten und bunt durch einander werfen soll? Auf welche Anschauung (die als solche allemal positiv ist) paſst die Kategorie der Nega- tion; und wann ist von irgend einem anschauenden We- sen ein Negatives unmittelbar wahrgenommen worden? Welche Substanz, in ihrem Gegensatze als letztes Subject gegen ihre Prädicate, Attribute und Accidenzen, und als Beharrliches gegen das Mancherley was an ihr wechselt, ist jemals ins Reich der Erscheinungen einge- treten? Welche Kraft hat je die Nothwendigkeit, womit aus ihr die Wirkung folgt, den Sinnen dargeboten? Welche Möglichkeit, in ihrem Gegensatze gegen das Wirkliche, hat jemals ihren Platz mitten unter den Er- fahrungen, die als solche lauter Wirklichkeiten sind, ein- genommen und behauptet? — Wenn nun die Anschau- ung, unmittelbar und für sich allein, ganz unfähig ist, sich der zu ihr gehörigen Kategorien zu bemächtigen: wie kommen denn diese dazu, sich jener zu bemächti- gen? Durch den Verstand? Also hat der Verstand die Realität früher als das Reale, die Substantialität früher als bestimmte Substanzen, die Causalität eher als be- stimmte Ursachen, die Wirklichkeit eher als wirkliche

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Zitationshilfe: Herbart, Johann Friedrich: Psychologie als Wissenschaft. Bd. 1. Königsberg, 1824, S. 383. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herbart_psychologie01_1824/403>, abgerufen am 22.11.2024.