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Herbart, Johann Friedrich: Psychologie als Wissenschaft. Bd. 2. Königsberg, 1825.

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Thieren nicht genug begünstigt, vielmehr so sehr er-
schwert ist, dass sie nicht merklich werden kann.

Bey allen Aufschlüssen hierüber wird dies der wich-
tigste Umstand seyn, dass wir uns der Frage nach dem
Causal-Verhältnisse der Seelenvermögen, nach ihrem
Einflusse auf einander, im Voraus überhoben finden; in-
dem jene, aus der innern Erfahrung bekannte, rasche
und beständige Abwechselung des Vorstellens, Fühlens,
Begehrens, mit allen dazu gehörigen Modificationen, wo-
bey keins dieser Drey die andern ganz verdrängt, viel-
mehr jedes fast immer zugleich auch die übrigen beyden
in sich schliesst, so dass eigentlich nur das Uebergewicht
unter ihnen wechselt, -- sich uns von selbst als der ein-
zig natürliche und nothwendige Verlauf der geistigen Er-
eignisse wird zu erkennen geben.

In der That sind es nur Abstractionen, denen wir
uns hingeben, -- es sind Benennungen a potiori, mit
denen wir uns behelfen, wenn wir sagen, ich fühle, oder
ein andermal, ich begehre, oder wiederum ein andermal,
ich denke. Denn jedesmal, indem wir fühlen, wird irgend
etwas, wenn auch ein noch so vielfältiges und verwirrtes
Mannigfaltiges, als ein Vorgestelltes im Bewusstseyn vor-
handen seyn; so dass dieses bestimmte Vorstellen in die-
sem bestimmten Fühlen eingeschlossen liegt. Und je-
desmal, indem wir begehren, fühlen wir zugleich die
Entbehrung, und haben auch dasjenige in Gedanken,
was wir begehren; so wie jedesmal, indem wir denken,
eine Thätigkeit wirksam ist, die, wenn sie aufgehalten
würde, wenn sie sich durch Hindernisse durchdrängen
müsste, alsbald sich als ein Begehren, den Gedanken
hervorzuhohlen, verrathen würde. Gedanken, kann man
sagen, sind die Begierden, die im Entstehen sogleich
erfüllt werden; Begierden hingegen sind aufgehaltene
Gedanken, die sich dennoch ins Bewusstseyn drängen;
Gefühle endlich sind zusammengewachsene Begierden, die
einander entweder aufheben oder befriedigen. Doch in die-
sen Ausdrücken liegt keine wissenschaftliche Genauigkeit.

Thieren nicht genug begünstigt, vielmehr so sehr er-
schwert ist, daſs sie nicht merklich werden kann.

Bey allen Aufschlüssen hierüber wird dies der wich-
tigste Umstand seyn, daſs wir uns der Frage nach dem
Causal-Verhältnisse der Seelenvermögen, nach ihrem
Einflusse auf einander, im Voraus überhoben finden; in-
dem jene, aus der innern Erfahrung bekannte, rasche
und beständige Abwechselung des Vorstellens, Fühlens,
Begehrens, mit allen dazu gehörigen Modificationen, wo-
bey keins dieser Drey die andern ganz verdrängt, viel-
mehr jedes fast immer zugleich auch die übrigen beyden
in sich schlieſst, so daſs eigentlich nur das Uebergewicht
unter ihnen wechselt, — sich uns von selbst als der ein-
zig natürliche und nothwendige Verlauf der geistigen Er-
eignisse wird zu erkennen geben.

In der That sind es nur Abstractionen, denen wir
uns hingeben, — es sind Benennungen a potiori, mit
denen wir uns behelfen, wenn wir sagen, ich fühle, oder
ein andermal, ich begehre, oder wiederum ein andermal,
ich denke. Denn jedesmal, indem wir fühlen, wird irgend
etwas, wenn auch ein noch so vielfältiges und verwirrtes
Mannigfaltiges, als ein Vorgestelltes im Bewuſstseyn vor-
handen seyn; so daſs dieses bestimmte Vorstellen in die-
sem bestimmten Fühlen eingeschlossen liegt. Und je-
desmal, indem wir begehren, fühlen wir zugleich die
Entbehrung, und haben auch dasjenige in Gedanken,
was wir begehren; so wie jedesmal, indem wir denken,
eine Thätigkeit wirksam ist, die, wenn sie aufgehalten
würde, wenn sie sich durch Hindernisse durchdrängen
müſste, alsbald sich als ein Begehren, den Gedanken
hervorzuhohlen, verrathen würde. Gedanken, kann man
sagen, sind die Begierden, die im Entstehen sogleich
erfüllt werden; Begierden hingegen sind aufgehaltene
Gedanken, die sich dennoch ins Bewuſstseyn drängen;
Gefühle endlich sind zusammengewachsene Begierden, die
einander entweder aufheben oder befriedigen. Doch in die-
sen Ausdrücken liegt keine wissenschaftliche Genauigkeit.

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[66/0101] Thieren nicht genug begünstigt, vielmehr so sehr er- schwert ist, daſs sie nicht merklich werden kann. Bey allen Aufschlüssen hierüber wird dies der wich- tigste Umstand seyn, daſs wir uns der Frage nach dem Causal-Verhältnisse der Seelenvermögen, nach ihrem Einflusse auf einander, im Voraus überhoben finden; in- dem jene, aus der innern Erfahrung bekannte, rasche und beständige Abwechselung des Vorstellens, Fühlens, Begehrens, mit allen dazu gehörigen Modificationen, wo- bey keins dieser Drey die andern ganz verdrängt, viel- mehr jedes fast immer zugleich auch die übrigen beyden in sich schlieſst, so daſs eigentlich nur das Uebergewicht unter ihnen wechselt, — sich uns von selbst als der ein- zig natürliche und nothwendige Verlauf der geistigen Er- eignisse wird zu erkennen geben. In der That sind es nur Abstractionen, denen wir uns hingeben, — es sind Benennungen a potiori, mit denen wir uns behelfen, wenn wir sagen, ich fühle, oder ein andermal, ich begehre, oder wiederum ein andermal, ich denke. Denn jedesmal, indem wir fühlen, wird irgend etwas, wenn auch ein noch so vielfältiges und verwirrtes Mannigfaltiges, als ein Vorgestelltes im Bewuſstseyn vor- handen seyn; so daſs dieses bestimmte Vorstellen in die- sem bestimmten Fühlen eingeschlossen liegt. Und je- desmal, indem wir begehren, fühlen wir zugleich die Entbehrung, und haben auch dasjenige in Gedanken, was wir begehren; so wie jedesmal, indem wir denken, eine Thätigkeit wirksam ist, die, wenn sie aufgehalten würde, wenn sie sich durch Hindernisse durchdrängen müſste, alsbald sich als ein Begehren, den Gedanken hervorzuhohlen, verrathen würde. Gedanken, kann man sagen, sind die Begierden, die im Entstehen sogleich erfüllt werden; Begierden hingegen sind aufgehaltene Gedanken, die sich dennoch ins Bewuſstseyn drängen; Gefühle endlich sind zusammengewachsene Begierden, die einander entweder aufheben oder befriedigen. Doch in die- sen Ausdrücken liegt keine wissenschaftliche Genauigkeit.

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Zitationshilfe: Herbart, Johann Friedrich: Psychologie als Wissenschaft. Bd. 2. Königsberg, 1825, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herbart_psychologie02_1825/101>, abgerufen am 21.11.2024.