das Wort selbst die ablaufende Reihe deutlich aus- spricht. --
Viertens: Vom Ursprunge der Verneinungen ist oben geredet worden (§. 123.). Dieselben erzeugen sich in den Urtheilen; allein mit diesen übertragen sie sich auf Begriffe, sobald letztere auf eine unpassende Weise als Subjecte und Prädicate zusammengerückt werden; und die Begriffe treten alsdann als Entgegengesetzte aus- einander. Man achte hier zuerst auf das Wort Gegen, adversus, contra; und auf den Ausdruck Opposition. Alle diese Worte verkündigen die Reihenform, die bey der Verneinung hinzugedacht wird. Schon im §. 100. wurde erwähnt, dass, wenn die Vorstellungen Gelegen- heit haben, nach ihrer Qualität zu verschmelzen, dasselbe dem Hemmungs Grade umgekehrt gemäss geschieht. Solche Gelegenheiten finden sich allmählig für die Be- griffe; will man daher z. B. Schwarz und Weiss vereini- gen, so trennen sie sich gewaltsam, indem sie alle mitt- lern Farben, (hier die verschiedenen Nüancen des Grau), mit denen jedes von beyden näher verschmolzen ist, zwi- schen sich schieben, und nun wie in bestimmter Entfer- nung aufgestellt, einander gegenüber stehn; oder, wenn bloss das Streben, in solche Entfernung auseinander zu treten, gefühlt wird, einander entgegen gesetzt werden; welcher Ausdruck unbestimmter lautet, weil dem Streben nicht gelingt, ein klares Bild des Zwischenliegenden her- vorzubringen. Dies hätte man schon längst aus blosser Analyse der Sprache erkennen sollen.
Es ist aber vorzugsweise die Veränderung der sinnlichen Dinge, welche zur Entgegensetzung Veranlas- sung giebt. Denn sie muthet uns an, einem Subjecte, in welchem ein gewisses Merkmal schon liegt, jetzt des- sen entgegengesetztes zuzueignen.
Hier wird eine Unmöglichkeit gefühlt; und in dem sogenannten Satze des Widerspruchs ausgesprochen, es ist unmöglich, dass ein Ding Entgegengesetztes zugleich sey; wo das Wort Zugleich die Reihenform
das Wort selbst die ablaufende Reihe deutlich aus- spricht. —
Viertens: Vom Ursprunge der Verneinungen ist oben geredet worden (§. 123.). Dieselben erzeugen sich in den Urtheilen; allein mit diesen übertragen sie sich auf Begriffe, sobald letztere auf eine unpassende Weise als Subjecte und Prädicate zusammengerückt werden; und die Begriffe treten alsdann als Entgegengesetzte aus- einander. Man achte hier zuerst auf das Wort Gegen, adversus, contra; und auf den Ausdruck Opposition. Alle diese Worte verkündigen die Reihenform, die bey der Verneinung hinzugedacht wird. Schon im §. 100. wurde erwähnt, daſs, wenn die Vorstellungen Gelegen- heit haben, nach ihrer Qualität zu verschmelzen, dasselbe dem Hemmungs Grade umgekehrt gemäſs geschieht. Solche Gelegenheiten finden sich allmählig für die Be- griffe; will man daher z. B. Schwarz und Weiſs vereini- gen, so trennen sie sich gewaltsam, indem sie alle mitt- lern Farben, (hier die verschiedenen Nüançen des Grau), mit denen jedes von beyden näher verschmolzen ist, zwi- schen sich schieben, und nun wie in bestimmter Entfer- nung aufgestellt, einander gegenüber stehn; oder, wenn bloſs das Streben, in solche Entfernung auseinander zu treten, gefühlt wird, einander entgegen gesetzt werden; welcher Ausdruck unbestimmter lautet, weil dem Streben nicht gelingt, ein klares Bild des Zwischenliegenden her- vorzubringen. Dies hätte man schon längst aus bloſser Analyse der Sprache erkennen sollen.
Es ist aber vorzugsweise die Veränderung der sinnlichen Dinge, welche zur Entgegensetzung Veranlas- sung giebt. Denn sie muthet uns an, einem Subjecte, in welchem ein gewisses Merkmal schon liegt, jetzt des- sen entgegengesetztes zuzueignen.
Hier wird eine Unmöglichkeit gefühlt; und in dem sogenannten Satze des Widerspruchs ausgesprochen, es ist unmöglich, daſs ein Ding Entgegengesetztes zugleich sey; wo das Wort Zugleich die Reihenform
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das Wort selbst die ablaufende Reihe deutlich aus-
spricht. —
Viertens: Vom Ursprunge der Verneinungen ist oben
geredet worden (§. 123.). Dieselben erzeugen sich in
den Urtheilen; allein mit diesen übertragen sie sich auf
Begriffe, sobald letztere auf eine unpassende Weise als
Subjecte und Prädicate zusammengerückt werden; und
die Begriffe treten alsdann als Entgegengesetzte aus-
einander. Man achte hier zuerst auf das Wort Gegen,
adversus, contra; und auf den Ausdruck Opposition.
Alle diese Worte verkündigen die Reihenform, die bey
der Verneinung hinzugedacht wird. Schon im §. 100.
wurde erwähnt, daſs, wenn die Vorstellungen Gelegen-
heit haben, nach ihrer Qualität zu verschmelzen, dasselbe
dem Hemmungs Grade umgekehrt gemäſs geschieht.
Solche Gelegenheiten finden sich allmählig für die Be-
griffe; will man daher z. B. Schwarz und Weiſs vereini-
gen, so trennen sie sich gewaltsam, indem sie alle mitt-
lern Farben, (hier die verschiedenen Nüançen des Grau),
mit denen jedes von beyden näher verschmolzen ist, zwi-
schen sich schieben, und nun wie in bestimmter Entfer-
nung aufgestellt, einander gegenüber stehn; oder, wenn
bloſs das Streben, in solche Entfernung auseinander zu
treten, gefühlt wird, einander entgegen gesetzt werden;
welcher Ausdruck unbestimmter lautet, weil dem Streben
nicht gelingt, ein klares Bild des Zwischenliegenden her-
vorzubringen. Dies hätte man schon längst aus bloſser
Analyse der Sprache erkennen sollen.
Es ist aber vorzugsweise die Veränderung der
sinnlichen Dinge, welche zur Entgegensetzung Veranlas-
sung giebt. Denn sie muthet uns an, einem Subjecte,
in welchem ein gewisses Merkmal schon liegt, jetzt des-
sen entgegengesetztes zuzueignen.
Hier wird eine Unmöglichkeit gefühlt; und in dem
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Herbart, Johann Friedrich: Psychologie als Wissenschaft. Bd. 2. Königsberg, 1825, S. 207. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herbart_psychologie02_1825/242>, abgerufen am 23.11.2024.
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