um die Aehnlichkeit vollständig zu machen; aber er selbst kann eben so gut zur Regel dienen für den andern, falls derselbe soll als nachgiebig und veränderlich gedacht wer- den. Den Vorzug, die Regel und das Original zu seyn, und die Zurücksetzung, nur ein Bild zu seyn, ertheilt man also hier nach Belieben und abwechselnd, oder viel- mehr durch unbemerkbare Umstände veranlasst, dem ei- nen oder dem andern.
Die übrigen Verhältnissbegriffe sind ihrem Ursprunge nach aus dem Vorhergehenden leichter zu erklären. Aller Besitz, alles, was die Sprache durch den Genitiv aus- drückt, wie Vater, Sohn, Herr, Diener, Sache und Ei- genschaft in ihrem gegenseitigen Verhältnisse, bezeichnet, dass der Gegenstand, dem etwas zugeschrieben wird, in so fern als der Boden anzusehen ist, der dem Zu- geschriebenen Platz darbietet, wohin es könne gesetzt werden. Man erkennt hier sogleich die dunkel gedachte Flächenform, welche daher rührt, dass der Besitzer, -- der, welchem etwas zugeschrieben wird, als Anfangspunct mehrerer Reihen ist gedacht worden, die, wenn sie nicht zusammenfallen sollen, so vorgestellt werden müssen, als ob sie etwas zwischen sich schöben (wie schon im §. 100. bemerkt worden). Daher die alten Ausdrücke: upokei- menon, subjectum,Unterliegendes, welches erwartet, dass man etwas darauf setzen werde, was darauf ruhen könne. So ruhet das Prädicat auf dem Subjecte, nicht wie ein schwerer Körper, der fallen will, sondern weil es die aus dem Subjecte hervorstrebenden Reihen, wodurch dasselbe ein Bestimmbares ist, niederdrückt bis auf eine, der es Freyheit giebt sich zu entwickeln. -- Die Inhä- renz (des Merkmals in der Complexion, mit welcher zu- sammen es für ein Ding gilt,) ist hievon ein speciel- ler Fall.
Das Wirken und Leiden bedeutet auf dem Stand- puncte dieser Betrachtung noch nichts weiter, als was der bekannte Ausdruck: das kommt davon! anzeigt, worüber im §. 102. schon gesprochen worden, und wo
um die Aehnlichkeit vollständig zu machen; aber er selbst kann eben so gut zur Regel dienen für den andern, falls derselbe soll als nachgiebig und veränderlich gedacht wer- den. Den Vorzug, die Regel und das Original zu seyn, und die Zurücksetzung, nur ein Bild zu seyn, ertheilt man also hier nach Belieben und abwechselnd, oder viel- mehr durch unbemerkbare Umstände veranlaſst, dem ei- nen oder dem andern.
Die übrigen Verhältniſsbegriffe sind ihrem Ursprunge nach aus dem Vorhergehenden leichter zu erklären. Aller Besitz, alles, was die Sprache durch den Genitiv aus- drückt, wie Vater, Sohn, Herr, Diener, Sache und Ei- genschaft in ihrem gegenseitigen Verhältnisse, bezeichnet, daſs der Gegenstand, dem etwas zugeschrieben wird, in so fern als der Boden anzusehen ist, der dem Zu- geschriebenen Platz darbietet, wohin es könne gesetzt werden. Man erkennt hier sogleich die dunkel gedachte Flächenform, welche daher rührt, daſs der Besitzer, — der, welchem etwas zugeschrieben wird, als Anfangspunct mehrerer Reihen ist gedacht worden, die, wenn sie nicht zusammenfallen sollen, so vorgestellt werden müssen, als ob sie etwas zwischen sich schöben (wie schon im §. 100. bemerkt worden). Daher die alten Ausdrücke: ὑποκει- μενον, subjectum,Unterliegendes, welches erwartet, daſs man etwas darauf setzen werde, was darauf ruhen könne. So ruhet das Prädicat auf dem Subjecte, nicht wie ein schwerer Körper, der fallen will, sondern weil es die aus dem Subjecte hervorstrebenden Reihen, wodurch dasselbe ein Bestimmbares ist, niederdrückt bis auf eine, der es Freyheit giebt sich zu entwickeln. — Die Inhä- renz (des Merkmals in der Complexion, mit welcher zu- sammen es für ein Ding gilt,) ist hievon ein speciel- ler Fall.
Das Wirken und Leiden bedeutet auf dem Stand- puncte dieser Betrachtung noch nichts weiter, als was der bekannte Ausdruck: das kommt davon! anzeigt, worüber im §. 102. schon gesprochen worden, und wo
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0241"n="206"/>
um die Aehnlichkeit vollständig zu machen; aber er selbst<lb/>
kann eben so gut zur Regel dienen für den andern, falls<lb/>
derselbe soll als nachgiebig und veränderlich gedacht wer-<lb/>
den. Den Vorzug, die Regel und das Original zu seyn,<lb/>
und die Zurücksetzung, nur ein Bild zu seyn, ertheilt<lb/>
man also hier nach Belieben und abwechselnd, oder viel-<lb/>
mehr durch unbemerkbare Umstände veranlaſst, dem ei-<lb/>
nen oder dem andern.</p><lb/><p>Die übrigen Verhältniſsbegriffe sind ihrem Ursprunge<lb/>
nach aus dem Vorhergehenden leichter zu erklären. Aller<lb/>
Besitz, alles, was die Sprache durch den Genitiv aus-<lb/>
drückt, wie Vater, Sohn, Herr, Diener, Sache und Ei-<lb/>
genschaft in ihrem gegenseitigen Verhältnisse, bezeichnet,<lb/>
daſs der Gegenstand, dem etwas zugeschrieben wird,<lb/>
in so fern als der <hirendition="#g">Boden</hi> anzusehen ist, der dem Zu-<lb/>
geschriebenen <hirendition="#g">Platz</hi> darbietet, <hirendition="#g">wohin</hi> es könne gesetzt<lb/>
werden. Man erkennt hier sogleich die dunkel gedachte<lb/><hirendition="#g">Flächenform</hi>, welche daher rührt, daſs der Besitzer, —<lb/>
der, welchem etwas zugeschrieben wird, als Anfangspunct<lb/>
mehrerer Reihen ist gedacht worden, die, wenn sie nicht<lb/>
zusammenfallen sollen, so vorgestellt werden müssen, als<lb/>
ob sie etwas zwischen sich schöben (wie schon im §. 100.<lb/>
bemerkt worden). Daher die alten Ausdrücke: ὑποκει-<lb/>μενον, <hirendition="#i">subjectum,</hi><hirendition="#g">Unterliegendes</hi>, welches erwartet,<lb/>
daſs man etwas darauf setzen werde, was darauf ruhen<lb/>
könne. So ruhet das Prädicat auf dem Subjecte, nicht<lb/>
wie ein schwerer Körper, der fallen will, sondern weil es<lb/>
die aus dem Subjecte hervorstrebenden Reihen, wodurch<lb/>
dasselbe ein Bestimmbares ist, niederdrückt bis auf eine,<lb/>
der es Freyheit giebt sich zu entwickeln. — Die <hirendition="#g">Inhä-<lb/>
renz</hi> (des Merkmals in der Complexion, <choice><sic>wit</sic><corr>mit</corr></choice> welcher zu-<lb/>
sammen es für ein Ding gilt,) ist hievon ein speciel-<lb/>
ler Fall.</p><lb/><p>Das Wirken und Leiden bedeutet auf dem Stand-<lb/>
puncte dieser Betrachtung noch nichts weiter, als was<lb/>
der bekannte Ausdruck: <hirendition="#g">das kommt davon</hi>! anzeigt,<lb/>
worüber im §. 102. schon gesprochen worden, und wo<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[206/0241]
um die Aehnlichkeit vollständig zu machen; aber er selbst
kann eben so gut zur Regel dienen für den andern, falls
derselbe soll als nachgiebig und veränderlich gedacht wer-
den. Den Vorzug, die Regel und das Original zu seyn,
und die Zurücksetzung, nur ein Bild zu seyn, ertheilt
man also hier nach Belieben und abwechselnd, oder viel-
mehr durch unbemerkbare Umstände veranlaſst, dem ei-
nen oder dem andern.
Die übrigen Verhältniſsbegriffe sind ihrem Ursprunge
nach aus dem Vorhergehenden leichter zu erklären. Aller
Besitz, alles, was die Sprache durch den Genitiv aus-
drückt, wie Vater, Sohn, Herr, Diener, Sache und Ei-
genschaft in ihrem gegenseitigen Verhältnisse, bezeichnet,
daſs der Gegenstand, dem etwas zugeschrieben wird,
in so fern als der Boden anzusehen ist, der dem Zu-
geschriebenen Platz darbietet, wohin es könne gesetzt
werden. Man erkennt hier sogleich die dunkel gedachte
Flächenform, welche daher rührt, daſs der Besitzer, —
der, welchem etwas zugeschrieben wird, als Anfangspunct
mehrerer Reihen ist gedacht worden, die, wenn sie nicht
zusammenfallen sollen, so vorgestellt werden müssen, als
ob sie etwas zwischen sich schöben (wie schon im §. 100.
bemerkt worden). Daher die alten Ausdrücke: ὑποκει-
μενον, subjectum, Unterliegendes, welches erwartet,
daſs man etwas darauf setzen werde, was darauf ruhen
könne. So ruhet das Prädicat auf dem Subjecte, nicht
wie ein schwerer Körper, der fallen will, sondern weil es
die aus dem Subjecte hervorstrebenden Reihen, wodurch
dasselbe ein Bestimmbares ist, niederdrückt bis auf eine,
der es Freyheit giebt sich zu entwickeln. — Die Inhä-
renz (des Merkmals in der Complexion, mit welcher zu-
sammen es für ein Ding gilt,) ist hievon ein speciel-
ler Fall.
Das Wirken und Leiden bedeutet auf dem Stand-
puncte dieser Betrachtung noch nichts weiter, als was
der bekannte Ausdruck: das kommt davon! anzeigt,
worüber im §. 102. schon gesprochen worden, und wo
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Herbart, Johann Friedrich: Psychologie als Wissenschaft. Bd. 2. Königsberg, 1825, S. 206. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herbart_psychologie02_1825/241>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.