Gegend nennen, oder ein dunkles Behältniss, aus dem gar Mancherley herausragt, das man rückwärts, bis ins Innere verfolgen möchte, aber nicht kann; selbst in der Wissenschaft nicht, denn diese bringt es höchstens bis zu allgemeinen Formeln, die das Individuelle zwar unter sich, aber nicht in sich fassen. --
Wir standen am Ende des vorigen Capitels bey der Brücke zwischen Object und Subject. Das hellste Licht fällt auf diese Brücke von der Seite der Objecte her. An die Seite des Subjects stellt die Apperception sehr Vieles, was wir weiterhin mit analysirender Aufmerksam- keit, die sich nicht scheuen darf, selbst ins Kleine zu gehn, verweilender betrachten wollen. Aber was auch dasselbe seyn möge: jene Reihe, worin das Empfundene mit seinem Vorausgesetzten liegt, muss dazu gelangen, wirklich abzulaufen, so dass zuerst das Vorausgesetzte als ein wahrhaft Erstes hervortrete. Durch Regungen des Wollens und Handelns, worin die Bewegung auf jener Brücke von der Seite des Subjects zum Objecte hinläuft, geschieht das am leichtesten. Sehr natürlich erklärte daher Fichte, in der Sittenlehre: das Ich finde sich ursprünglich als wollend. Und sehr häufig bedeutet das Ich im gemeinen Leben nichts weiter, als die mit den Objecten zusammenstossende Regsamkeit, in dem beständigen Verkehr auf jener Brücke. Nicht allemal er- scheint das Ich als getheilt in Object und Subject. -- Indessen erfordert der vollständige Begriff des Ich nicht minder, dass Jenes, was wir bisher nur als Subject, als Vorausgesetztes der Objecte kennen, auch selbst in den Platz des Objects, folglich das Subject, als das Voraus- gesetzte, ihm gegenüber trete. So geschieht es vorzugs- weise in den Fällen, wo der Mensch sich selbst anredet, von sich etwas verlangt; oder wenn die Dinge eine Auf- gabe zu enthalten scheinen, einen Gedanken von einer Veränderung darbieten, die mit ihnen vorgehn könnte oder sollte. Hieraus entsteht eine Zumuthung, dazu die schon ehemals in ähnlichen Fällen angewendete Thätig-
Gegend nennen, oder ein dunkles Behältniſs, aus dem gar Mancherley herausragt, das man rückwärts, bis ins Innere verfolgen möchte, aber nicht kann; selbst in der Wissenschaft nicht, denn diese bringt es höchstens bis zu allgemeinen Formeln, die das Individuelle zwar unter sich, aber nicht in sich fassen. —
Wir standen am Ende des vorigen Capitels bey der Brücke zwischen Object und Subject. Das hellste Licht fällt auf diese Brücke von der Seite der Objecte her. An die Seite des Subjects stellt die Apperception sehr Vieles, was wir weiterhin mit analysirender Aufmerksam- keit, die sich nicht scheuen darf, selbst ins Kleine zu gehn, verweilender betrachten wollen. Aber was auch dasselbe seyn möge: jene Reihe, worin das Empfundene mit seinem Vorausgesetzten liegt, muſs dazu gelangen, wirklich abzulaufen, so daſs zuerst das Vorausgesetzte als ein wahrhaft Erstes hervortrete. Durch Regungen des Wollens und Handelns, worin die Bewegung auf jener Brücke von der Seite des Subjects zum Objecte hinläuft, geschieht das am leichtesten. Sehr natürlich erklärte daher Fichte, in der Sittenlehre: das Ich finde sich ursprünglich als wollend. Und sehr häufig bedeutet das Ich im gemeinen Leben nichts weiter, als die mit den Objecten zusammenstoſsende Regsamkeit, in dem beständigen Verkehr auf jener Brücke. Nicht allemal er- scheint das Ich als getheilt in Object und Subject. — Indessen erfordert der vollständige Begriff des Ich nicht minder, daſs Jenes, was wir bisher nur als Subject, als Vorausgesetztes der Objecte kennen, auch selbst in den Platz des Objects, folglich das Subject, als das Voraus- gesetzte, ihm gegenüber trete. So geschieht es vorzugs- weise in den Fällen, wo der Mensch sich selbst anredet, von sich etwas verlangt; oder wenn die Dinge eine Auf- gabe zu enthalten scheinen, einen Gedanken von einer Veränderung darbieten, die mit ihnen vorgehn könnte oder sollte. Hieraus entsteht eine Zumuthung, dazu die schon ehemals in ähnlichen Fällen angewendete Thätig-
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Gegend nennen, oder ein dunkles Behältniſs, aus dem
gar Mancherley herausragt, das man rückwärts, bis ins
Innere verfolgen möchte, aber nicht kann; selbst in der
Wissenschaft nicht, denn diese bringt es höchstens bis
zu allgemeinen Formeln, die das Individuelle zwar unter
sich, aber nicht in sich fassen. —
Wir standen am Ende des vorigen Capitels bey der
Brücke zwischen Object und Subject. Das hellste Licht
fällt auf diese Brücke von der Seite der Objecte her.
An die Seite des Subjects stellt die Apperception sehr
Vieles, was wir weiterhin mit analysirender Aufmerksam-
keit, die sich nicht scheuen darf, selbst ins Kleine zu
gehn, verweilender betrachten wollen. Aber was auch
dasselbe seyn möge: jene Reihe, worin das Empfundene
mit seinem Vorausgesetzten liegt, muſs dazu gelangen,
wirklich abzulaufen, so daſs zuerst das Vorausgesetzte
als ein wahrhaft Erstes hervortrete. Durch Regungen
des Wollens und Handelns, worin die Bewegung auf
jener Brücke von der Seite des Subjects zum Objecte
hinläuft, geschieht das am leichtesten. Sehr natürlich
erklärte daher Fichte, in der Sittenlehre: das Ich finde
sich ursprünglich als wollend. Und sehr häufig bedeutet
das Ich im gemeinen Leben nichts weiter, als die mit
den Objecten zusammenstoſsende Regsamkeit, in dem
beständigen Verkehr auf jener Brücke. Nicht allemal er-
scheint das Ich als getheilt in Object und Subject. —
Indessen erfordert der vollständige Begriff des Ich nicht
minder, daſs Jenes, was wir bisher nur als Subject, als
Vorausgesetztes der Objecte kennen, auch selbst in den
Platz des Objects, folglich das Subject, als das Voraus-
gesetzte, ihm gegenüber trete. So geschieht es vorzugs-
weise in den Fällen, wo der Mensch sich selbst anredet,
von sich etwas verlangt; oder wenn die Dinge eine Auf-
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oder sollte. Hieraus entsteht eine Zumuthung, dazu die
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Herbart, Johann Friedrich: Psychologie als Wissenschaft. Bd. 2. Königsberg, 1825, S. 258. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herbart_psychologie02_1825/293>, abgerufen am 22.11.2024.
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