niss des specifischen Wesens Eines Dinges durch ein Aggregat von Eigenschaften, die nimmermehr durch Einen Gedanken können gedacht werden, sondern unaufhörlich als ein neben einander liegendes Vieles, taub bleiben gegen unsre Forderung, dass sie angeben sollen, was denn das Eine, was denn die Sub- stanz sey, der sie angehören.
Die Beschuldigung des nodum in scirpo quaerere wirft allemal den Verdacht auf den Beschuldiger, dass Er den Knoten nicht fühle, dass er die Frage nicht einmal verstehe. Welches denn gewöhnlich bey sonst guten Köpfen daher rührt, weil sie überall ihre eignen schon fertigen Meinungen da zur Hand haben, wo man sich erst auf den Standpunct einer beginnenden Untersuchung zurückversetzen sollte. Wie die Kantianer mit ihrer, aus der kategorischen Urtheilsform (si diis placet!) hergeleiteten Kategorie der Substanz, mit ihren Sätzen vom Beharrlichen, welches ein äusseres Ding, eine Materie seyn muss, deren Grundbestimmungen in Relationen bestehn, nämlich im Anziehen und Absto- ssen, -- sich da in den Weg stellen, wo man nach dem Nicht-Relativen, dem Subsistirenden, dem Zeitlos- Seyenden; dem nicht aus der Logik sondern aus der Erfahrung zu erkennenden, und durch die Erfah- rung nothwendig erzeugten Begriffe der Substanz fragt: -- so konnte auch Leibnitz, der Locken überhaupt mehr durch Zwischenreden unterbricht, als sich bemüht mit ihm zu untersuchen, an die Substanz nicht denken, ohne dass ihm die innere Thätigkeit, das Vorstellen und Stre- ben, -- er konnte an die Körper nicht denken, ohne dass ihm der von Leben wimmelnde Fischteich, womit er sie zu vergleichen pflegt, dabey einfiel. Begeistert, und beynahe berauscht, (etwas minder zwar als einige Neuere) war er von dem Gedanken des allgemeinen Le- bens. Daher konnte er sich in den mühsamen, aufs ge- naueste bey der Erfahrung anhebenden Gang der Unter- suchung nicht finden, welchen derjenige wählt, der vom
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niſs des specifischen Wesens Eines Dinges durch ein Aggregat von Eigenschaften, die nimmermehr durch Einen Gedanken können gedacht werden, sondern unaufhörlich als ein neben einander liegendes Vieles, taub bleiben gegen unsre Forderung, daſs sie angeben sollen, was denn das Eine, was denn die Sub- stanz sey, der sie angehören.
Die Beschuldigung des nodum in ſcirpo quaerere wirft allemal den Verdacht auf den Beschuldiger, daſs Er den Knoten nicht fühle, daſs er die Frage nicht einmal verstehe. Welches denn gewöhnlich bey sonst guten Köpfen daher rührt, weil sie überall ihre eignen schon fertigen Meinungen da zur Hand haben, wo man sich erst auf den Standpunct einer beginnenden Untersuchung zurückversetzen sollte. Wie die Kantianer mit ihrer, aus der kategorischen Urtheilsform (ſi diis placet!) hergeleiteten Kategorie der Substanz, mit ihren Sätzen vom Beharrlichen, welches ein äuſseres Ding, eine Materie seyn muſs, deren Grundbestimmungen in Relationen bestehn, nämlich im Anziehen und Absto- ſsen, — sich da in den Weg stellen, wo man nach dem Nicht-Relativen, dem Subsistirenden, dem Zeitlos- Seyenden; dem nicht aus der Logik sondern aus der Erfahrung zu erkennenden, und durch die Erfah- rung nothwendig erzeugten Begriffe der Substanz fragt: — so konnte auch Leibnitz, der Locken überhaupt mehr durch Zwischenreden unterbricht, als sich bemüht mit ihm zu untersuchen, an die Substanz nicht denken, ohne daſs ihm die innere Thätigkeit, das Vorstellen und Stre- ben, — er konnte an die Körper nicht denken, ohne daſs ihm der von Leben wimmelnde Fischteich, womit er sie zu vergleichen pflegt, dabey einfiel. Begeistert, und beynahe berauscht, (etwas minder zwar als einige Neuere) war er von dem Gedanken des allgemeinen Le- bens. Daher konnte er sich in den mühsamen, aufs ge- naueste bey der Erfahrung anhebenden Gang der Unter- suchung nicht finden, welchen derjenige wählt, der vom
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niſs des specifischen Wesens Eines Dinges durch ein
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Vieles, taub bleiben gegen unsre Forderung, daſs sie
angeben sollen, was denn das Eine, was denn die Sub-
stanz sey, der sie angehören.
Die Beschuldigung des nodum in ſcirpo quaerere
wirft allemal den Verdacht auf den Beschuldiger, daſs
Er den Knoten nicht fühle, daſs er die Frage
nicht einmal verstehe. Welches denn gewöhnlich
bey sonst guten Köpfen daher rührt, weil sie überall ihre
eignen schon fertigen Meinungen da zur Hand haben,
wo man sich erst auf den Standpunct einer beginnenden
Untersuchung zurückversetzen sollte. Wie die Kantianer
mit ihrer, aus der kategorischen Urtheilsform (ſi diis
placet!) hergeleiteten Kategorie der Substanz, mit ihren
Sätzen vom Beharrlichen, welches ein äuſseres Ding,
eine Materie seyn muſs, deren Grundbestimmungen in
Relationen bestehn, nämlich im Anziehen und Absto-
ſsen, — sich da in den Weg stellen, wo man nach dem
Nicht-Relativen, dem Subsistirenden, dem Zeitlos-
Seyenden; dem nicht aus der Logik sondern aus
der Erfahrung zu erkennenden, und durch die Erfah-
rung nothwendig erzeugten Begriffe der Substanz fragt: —
so konnte auch Leibnitz, der Locken überhaupt mehr
durch Zwischenreden unterbricht, als sich bemüht mit
ihm zu untersuchen, an die Substanz nicht denken, ohne
daſs ihm die innere Thätigkeit, das Vorstellen und Stre-
ben, — er konnte an die Körper nicht denken, ohne
daſs ihm der von Leben wimmelnde Fischteich, womit
er sie zu vergleichen pflegt, dabey einfiel. Begeistert,
und beynahe berauscht, (etwas minder zwar als einige
Neuere) war er von dem Gedanken des allgemeinen Le-
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Herbart, Johann Friedrich: Psychologie als Wissenschaft. Bd. 2. Königsberg, 1825, S. 304. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herbart_psychologie02_1825/339>, abgerufen am 22.11.2024.
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