gleich anzugebende, leichte Folgerung, die sich hätte daraus ziehen lassen, und die auf den rechten Weg hätte führen können, ihm nicht einmal in den Sinn kommt. Die Art, wie er seinen Satz zu beweisen unter- nimmt, ist im geringsten nicht skeptisch, wohl aber so leichtsinnig als möglich; Leibnitz würde dazu gelä- chelt haben. Er schiebt nämlich dem Gegner den Be- weis zu, dass nicht jeder Begriff, den wir untersuchen, von gleichartigen Eindrücken die Copie, oder aus solchen Copieen zusammengesetzt sey. Man kann ihm sogleich damit dienen, indem man ihm nur das zunächstliegende, den wahren metaphysischen Begriff der Substanz und Kraft, entgegenhält; welcher, gleichviel ob wahr oder falsch, doch wenigstens vorhanden ist. Weiter beruft er sich auf die Unmöglichkeit, dass der Blinde von den Farben, der Taube von Tönen einen Begriff habe; es versteht sich aber von selbst, dass von solchen Begriffen, deren unmittelbarer Gegenstand die Empfindung ist, hier nicht geredet wird. Dabey verwechselt er noch oben- drein die Stärke einer Vorstellung mit ihrer ungehemm- ten Klarheit, indem er behauptet, die abgezogenen Be- griffe seyen schwach und dunkel; die Empfindungen stark und lebhaft. Nichts weniger! Die Begriffe sind in der Regel stark, obgleich dunkler, die Empfindung verhältnissmässig schwach, obgleich lebhaft. Der arge Empirismus, in welchen er nun verfallen muss, indem er jedem Begriffe die Gültigkeit bestreitet, dessen entspre- chende Impression nicht kann aufgewiesen werden, ist das grösste Unglück, was einem Denker als solchem be- gegnen kann, indem es ihn um den besten Gewinn bringt, der durchs Denken mag erworben werden, und der eben hauptsächlich in den neuen Gedanken besteht, welche, allen Impressionen unähnlich, gerade nur Producte des Denkens sind. Wenn aber endlich Hume uns sagt, es gebe zweyerley Impressionen, theils solche die aus der Empfindung, theils solche die von den ins Bewusstseyn zurückkehrenden Begriffen herrühren: so ist beynahe un-
gleich anzugebende, leichte Folgerung, die sich hätte daraus ziehen lassen, und die auf den rechten Weg hätte führen können, ihm nicht einmal in den Sinn kommt. Die Art, wie er seinen Satz zu beweisen unter- nimmt, ist im geringsten nicht skeptisch, wohl aber so leichtsinnig als möglich; Leibnitz würde dazu gelä- chelt haben. Er schiebt nämlich dem Gegner den Be- weis zu, daſs nicht jeder Begriff, den wir untersuchen, von gleichartigen Eindrücken die Copie, oder aus solchen Copieen zusammengesetzt sey. Man kann ihm sogleich damit dienen, indem man ihm nur das zunächstliegende, den wahren metaphysischen Begriff der Substanz und Kraft, entgegenhält; welcher, gleichviel ob wahr oder falsch, doch wenigstens vorhanden ist. Weiter beruft er sich auf die Unmöglichkeit, daſs der Blinde von den Farben, der Taube von Tönen einen Begriff habe; es versteht sich aber von selbst, daſs von solchen Begriffen, deren unmittelbarer Gegenstand die Empfindung ist, hier nicht geredet wird. Dabey verwechselt er noch oben- drein die Stärke einer Vorstellung mit ihrer ungehemm- ten Klarheit, indem er behauptet, die abgezogenen Be- griffe seyen schwach und dunkel; die Empfindungen stark und lebhaft. Nichts weniger! Die Begriffe sind in der Regel stark, obgleich dunkler, die Empfindung verhältniſsmäſsig schwach, obgleich lebhaft. Der arge Empirismus, in welchen er nun verfallen muſs, indem er jedem Begriffe die Gültigkeit bestreitet, dessen entspre- chende Impression nicht kann aufgewiesen werden, ist das gröſste Unglück, was einem Denker als solchem be- gegnen kann, indem es ihn um den besten Gewinn bringt, der durchs Denken mag erworben werden, und der eben hauptsächlich in den neuen Gedanken besteht, welche, allen Impressionen unähnlich, gerade nur Producte des Denkens sind. Wenn aber endlich Hume uns sagt, es gebe zweyerley Impressionen, theils solche die aus der Empfindung, theils solche die von den ins Bewuſstseyn zurückkehrenden Begriffen herrühren: so ist beynahe un-
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gleich anzugebende, leichte Folgerung, die sich hätte
daraus ziehen lassen, und die auf den rechten Weg
hätte führen können, ihm nicht einmal in den Sinn
kommt. Die Art, wie er seinen Satz zu beweisen unter-
nimmt, ist im geringsten nicht skeptisch, wohl aber
so leichtsinnig als möglich; Leibnitz würde dazu gelä-
chelt haben. Er schiebt nämlich dem Gegner den Be-
weis zu, daſs nicht jeder Begriff, den wir untersuchen,
von gleichartigen Eindrücken die Copie, oder aus solchen
Copieen zusammengesetzt sey. Man kann ihm sogleich
damit dienen, indem man ihm nur das zunächstliegende,
den wahren metaphysischen Begriff der Substanz und
Kraft, entgegenhält; welcher, gleichviel ob wahr oder
falsch, doch wenigstens vorhanden ist. Weiter beruft
er sich auf die Unmöglichkeit, daſs der Blinde von den
Farben, der Taube von Tönen einen Begriff habe; es
versteht sich aber von selbst, daſs von solchen Begriffen,
deren unmittelbarer Gegenstand die Empfindung ist, hier
nicht geredet wird. Dabey verwechselt er noch oben-
drein die Stärke einer Vorstellung mit ihrer ungehemm-
ten Klarheit, indem er behauptet, die abgezogenen Be-
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stark und lebhaft. Nichts weniger! Die Begriffe sind
in der Regel stark, obgleich dunkler, die Empfindung
verhältniſsmäſsig schwach, obgleich lebhaft. Der arge
Empirismus, in welchen er nun verfallen muſs, indem er
jedem Begriffe die Gültigkeit bestreitet, dessen entspre-
chende Impression nicht kann aufgewiesen werden, ist
das gröſste Unglück, was einem Denker als solchem be-
gegnen kann, indem es ihn um den besten Gewinn bringt,
der durchs Denken mag erworben werden, und der eben
hauptsächlich in den neuen Gedanken besteht, welche,
allen Impressionen unähnlich, gerade nur Producte des
Denkens sind. Wenn aber endlich Hume uns sagt, es
gebe zweyerley Impressionen, theils solche die aus der
Empfindung, theils solche die von den ins Bewuſstseyn
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Herbart, Johann Friedrich: Psychologie als Wissenschaft. Bd. 2. Königsberg, 1825, S. 316. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herbart_psychologie02_1825/351>, abgerufen am 22.11.2024.
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