Stillen voraussetzte, fiel es ihm ein, hiemit die Folge der Auffassungen, wovon er zuvor geredet hatte, zu ver- binden, indem es nur nöthig schien, dieselbe umzukeh- ren, um das Eigene der Succession in ihr aufzuheben. Die Dinge hielten ja still genug, um sich eine solche Umkehrung gefallen zu lassen! Und um dieser Be- quemlichkeit willen, die man von blossen Zustän- den nicht erlangen konnte, wurden nun alle Substan- zen im Raume, da keine vor der andern einen Vorzug hatte, aufgeboten, um die Wahrnehmung des Zugleich möglich zu machen.
Nach diesen Erinnerungen wollen wir nun noch ein- mal von vorn anfangen, und dabey einräumen, dass die Dinge, welche wechselseitig können aufgenommen wer- den, auf die Vorstellung ihres Beharrens in der glei- chen Zeit führen, wenn die des Beharrens, für je- des einzelne schon da ist; so wenig auch die wech- selseitigen Wahrnehmungen an sich irgend ein Zugleich- seyn in sich tragen.
"Man kann aber (fährt Kant fort) die Zeit selbst nicht wahrnehmen. -- Folglich wird ein Verstandesbe- griff von der wechselseitigen Folge der Bestimmungen dieser, ausser einander zugleich existirenden Dinge erfor- dert, um zu sagen, dass die wechselseitige Folge der Wahrnehmungen im Objecte gegründet sey, und das Zugleichseyn dadurch als objectiv vorzustellen."
Hier beginnt ein Erschleichen, Verwechseln, ernst- liches Benutzen eines durch blosse Uebereilung herbeyge- kommenen Gedankens, wovor man nicht nachdrücklich genug warnen kann. Die wechselseitige Folge in dem, an sich bloss beliebigen, Hin- und Her-Schauen, erlaubt unstreitig, dass man bey der einen Wahrnehmung mehr, bey der andern weniger verwieile. Wenn wir im Kanti- schen Beyspiele, Erde und Mond abwechselnd betrach ten, so finden wir uns gänzlich frey in diesem Anschauen; wir können den Mond durchs Fernrohr, oder mit blo- ssen Augen besehen; wir können uns stundenlang vor
Stillen voraussetzte, fiel es ihm ein, hiemit die Folge der Auffassungen, wovon er zuvor geredet hatte, zu ver- binden, indem es nur nöthig schien, dieselbe umzukeh- ren, um das Eigene der Succession in ihr aufzuheben. Die Dinge hielten ja still genug, um sich eine solche Umkehrung gefallen zu lassen! Und um dieser Be- quemlichkeit willen, die man von bloſsen Zustän- den nicht erlangen konnte, wurden nun alle Substan- zen im Raume, da keine vor der andern einen Vorzug hatte, aufgeboten, um die Wahrnehmung des Zugleich möglich zu machen.
Nach diesen Erinnerungen wollen wir nun noch ein- mal von vorn anfangen, und dabey einräumen, daſs die Dinge, welche wechselseitig können aufgenommen wer- den, auf die Vorstellung ihres Beharrens in der glei- chen Zeit führen, wenn die des Beharrens, für je- des einzelne schon da ist; so wenig auch die wech- selseitigen Wahrnehmungen an sich irgend ein Zugleich- seyn in sich tragen.
„Man kann aber (fährt Kant fort) die Zeit selbst nicht wahrnehmen. — Folglich wird ein Verstandesbe- griff von der wechselseitigen Folge der Bestimmungen dieser, auſser einander zugleich existirenden Dinge erfor- dert, um zu sagen, daſs die wechselseitige Folge der Wahrnehmungen im Objecte gegründet sey, und das Zugleichseyn dadurch als objectiv vorzustellen.“
Hier beginnt ein Erschleichen, Verwechseln, ernst- liches Benutzen eines durch bloſse Uebereilung herbeyge- kommenen Gedankens, wovor man nicht nachdrücklich genug warnen kann. Die wechselseitige Folge in dem, an sich bloſs beliebigen, Hin- und Her-Schauen, erlaubt unstreitig, daſs man bey der einen Wahrnehmung mehr, bey der andern weniger verwieile. Wenn wir im Kanti- schen Beyspiele, Erde und Mond abwechselnd betrach ten, so finden wir uns gänzlich frey in diesem Anschauen; wir können den Mond durchs Fernrohr, oder mit blo- ſsen Augen besehen; wir können uns stundenlang vor
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Stillen voraussetzte, fiel es ihm ein, hiemit die Folge
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binden, indem es nur nöthig schien, dieselbe umzukeh-
ren, um das Eigene der Succession in ihr aufzuheben.
Die Dinge hielten ja still genug, um sich eine solche
Umkehrung gefallen zu lassen! Und um dieser Be-
quemlichkeit willen, die man von bloſsen Zustän-
den nicht erlangen konnte, wurden nun alle Substan-
zen im Raume, da keine vor der andern einen Vorzug
hatte, aufgeboten, um die Wahrnehmung des Zugleich
möglich zu machen.
Nach diesen Erinnerungen wollen wir nun noch ein-
mal von vorn anfangen, und dabey einräumen, daſs die
Dinge, welche wechselseitig können aufgenommen wer-
den, auf die Vorstellung ihres Beharrens in der glei-
chen Zeit führen, wenn die des Beharrens, für je-
des einzelne schon da ist; so wenig auch die wech-
selseitigen Wahrnehmungen an sich irgend ein Zugleich-
seyn in sich tragen.
„Man kann aber (fährt Kant fort) die Zeit selbst
nicht wahrnehmen. — Folglich wird ein Verstandesbe-
griff von der wechselseitigen Folge der Bestimmungen
dieser, auſser einander zugleich existirenden Dinge erfor-
dert, um zu sagen, daſs die wechselseitige Folge der
Wahrnehmungen im Objecte gegründet sey, und das
Zugleichseyn dadurch als objectiv vorzustellen.“
Hier beginnt ein Erschleichen, Verwechseln, ernst-
liches Benutzen eines durch bloſse Uebereilung herbeyge-
kommenen Gedankens, wovor man nicht nachdrücklich
genug warnen kann. Die wechselseitige Folge in dem,
an sich bloſs beliebigen, Hin- und Her-Schauen, erlaubt
unstreitig, daſs man bey der einen Wahrnehmung mehr,
bey der andern weniger verwieile. Wenn wir im Kanti-
schen Beyspiele, Erde und Mond abwechselnd betrach
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Herbart, Johann Friedrich: Psychologie als Wissenschaft. Bd. 2. Königsberg, 1825, S. 343. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herbart_psychologie02_1825/378>, abgerufen am 24.11.2024.
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