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Herbart, Johann Friedrich: Lehrbuch zur Psychologie. 2. Aufl. Königsberg, 1834.

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stände, unter andern die Verschiedenheit der Gemüths-Zu-
stände zurück. Eben so, kennt man erst die Regeln der
Reproduction, nach welchen in den Vorstellungsreihen jede
Vorstellung zwischen andern hervortritt: dann führt man
darauf die räumliche und zeitliche Gestaltung der Sinnen-
dinge, und die logische Stellung der Begriffe zurück.

5. Die Physiologie bedient sich in der Betrachtung
des thierischen Lebens dreyer Hauptbegriffe; nämlich: Vege-
tation, Jrritabilität, und Sensibilität. Man kann versu-
chen, das Gefühlvermögen mit der Sensibilität, das Be-
gehrungsvermögen mit der Jrritabilität, das Vorstellungs-
vermögen mit der Vegetation zu vergleichen; so zeigt sich,
daß diese Analogie wenigstens in so fern einiges Licht giebt,
als die Vegetation fortdauert, während im Schlafe die Sen-
sibilität unmerklich wird, und die Jrritabilität der Muskeln
durch Erhohlung neue Kräfte gewinnt. Das Fortdauern
nämlich ist auch den Vorstellungen eigen. Sie bleiben, wenn
sie einmal zu bestimmten Kenntnissen ausgebildet wurden,
sich gleich bis ins hohe Alter, während Gefühle und Be-
gierdenwechseln und ermatten. Ferner ist die Vegetation
die Grundlage des leiblichen Lebens; dasselbe gilt von den
Vorstellungen im Geistigen. Doch darf die Analogie nicht
zu weit ausgedehnt werden. Jn den Pflanzen giebt es nur
Vegetation; keine merkliche Sensibilität und Jrritabilität,
außer in höchst seltenen und unvollkommenen Ausnahmen.
Dagegen sindet sich Vorstellen, Fühlen, Wollen stets ver-
bunden. Ueberdies ist das ganze geistige Dasein des Men-
schen ungleich veränderlicher als irgend ein Gegenstand der
Physiologie.

6. Wirft man einen, durch metaphysische Elementar-
begriffe geschärften, speculativen Blick auf den Menschen,
so stellt sich derselbe dar als ein Aggregat von Widersprü-
chen. Die innere Erfahrung hat nicht das allerge-

stände, unter andern die Verschiedenheit der Gemüths-Zu-
stände zurück. Eben so, kennt man erst die Regeln der
Reproduction, nach welchen in den Vorstellungsreihen jede
Vorstellung zwischen andern hervortritt: dann führt man
darauf die räumliche und zeitliche Gestaltung der Sinnen-
dinge, und die logische Stellung der Begriffe zurück.

5. Die Physiologie bedient sich in der Betrachtung
des thierischen Lebens dreyer Hauptbegriffe; nämlich: Vege-
tation, Jrritabilität, und Sensibilität. Man kann versu-
chen, das Gefühlvermögen mit der Sensibilität, das Be-
gehrungsvermögen mit der Jrritabilität, das Vorstellungs-
vermögen mit der Vegetation zu vergleichen; so zeigt sich,
daß diese Analogie wenigstens in so fern einiges Licht giebt,
als die Vegetation fortdauert, während im Schlafe die Sen-
sibilität unmerklich wird, und die Jrritabilität der Muskeln
durch Erhohlung neue Kräfte gewinnt. Das Fortdauern
nämlich ist auch den Vorstellungen eigen. Sie bleiben, wenn
sie einmal zu bestimmten Kenntnissen ausgebildet wurden,
sich gleich bis ins hohe Alter, während Gefühle und Be-
gierdenwechseln und ermatten. Ferner ist die Vegetation
die Grundlage des leiblichen Lebens; dasselbe gilt von den
Vorstellungen im Geistigen. Doch darf die Analogie nicht
zu weit ausgedehnt werden. Jn den Pflanzen giebt es nur
Vegetation; keine merkliche Sensibilität und Jrritabilität,
außer in höchst seltenen und unvollkommenen Ausnahmen.
Dagegen sindet sich Vorstellen, Fühlen, Wollen stets ver-
bunden. Ueberdies ist das ganze geistige Dasein des Men-
schen ungleich veränderlicher als irgend ein Gegenstand der
Physiologie.

6. Wirft man einen, durch metaphysische Elementar-
begriffe geschärften, speculativen Blick auf den Menschen,
so stellt sich derselbe dar als ein Aggregat von Widersprü-
chen. Die innere Erfahrung hat nicht das allerge-

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[5/0013] stände, unter andern die Verschiedenheit der Gemüths-Zu- stände zurück. Eben so, kennt man erst die Regeln der Reproduction, nach welchen in den Vorstellungsreihen jede Vorstellung zwischen andern hervortritt: dann führt man darauf die räumliche und zeitliche Gestaltung der Sinnen- dinge, und die logische Stellung der Begriffe zurück. 5. Die Physiologie bedient sich in der Betrachtung des thierischen Lebens dreyer Hauptbegriffe; nämlich: Vege- tation, Jrritabilität, und Sensibilität. Man kann versu- chen, das Gefühlvermögen mit der Sensibilität, das Be- gehrungsvermögen mit der Jrritabilität, das Vorstellungs- vermögen mit der Vegetation zu vergleichen; so zeigt sich, daß diese Analogie wenigstens in so fern einiges Licht giebt, als die Vegetation fortdauert, während im Schlafe die Sen- sibilität unmerklich wird, und die Jrritabilität der Muskeln durch Erhohlung neue Kräfte gewinnt. Das Fortdauern nämlich ist auch den Vorstellungen eigen. Sie bleiben, wenn sie einmal zu bestimmten Kenntnissen ausgebildet wurden, sich gleich bis ins hohe Alter, während Gefühle und Be- gierdenwechseln und ermatten. Ferner ist die Vegetation die Grundlage des leiblichen Lebens; dasselbe gilt von den Vorstellungen im Geistigen. Doch darf die Analogie nicht zu weit ausgedehnt werden. Jn den Pflanzen giebt es nur Vegetation; keine merkliche Sensibilität und Jrritabilität, außer in höchst seltenen und unvollkommenen Ausnahmen. Dagegen sindet sich Vorstellen, Fühlen, Wollen stets ver- bunden. Ueberdies ist das ganze geistige Dasein des Men- schen ungleich veränderlicher als irgend ein Gegenstand der Physiologie. 6. Wirft man einen, durch metaphysische Elementar- begriffe geschärften, speculativen Blick auf den Menschen, so stellt sich derselbe dar als ein Aggregat von Widersprü- chen. Die innere Erfahrung hat nicht das allerge-

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Zitationshilfe: Herbart, Johann Friedrich: Lehrbuch zur Psychologie. 2. Aufl. Königsberg, 1834, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herbart_psychologie_1834/13>, abgerufen am 21.11.2024.