Philosophie; indem die Begriffe sich als ein Gegebenes
an die in der Sprache vorgefundenen Worte gebunden zeigen. Aristoteles,
ebenfalls eine Pythagoräische Spur verfolgend, suchte die Kategorien, d. h. die
allgemeinsten Hauptbegriffe, in der Sprache.
Die Wirkung hievon ist dreifach.
a) Die große Mehrzahl der Gebildeten, an welche die Philosophie wenigstens
theilweise gelangt, zieht die ab- gesonderten Begriffe wieder zurück zu den
Dingen. Die Er- fahrung wird geordnet, wissenschaftlich behandelt; und in den Wissenschaften setzen sich Streitpunkte vest, worin ge- fragt wird, wie die
Dinge durch Begriffe richtig zu denken und durch Worte zu bezeichnen seyen.
b) Die Philosophen gerathen durch die Anstrengung, theils in sich selbst,
theils weit mehr noch in Andern, Be- griffe als Objecte des Denkens vestzuhalten,
auf die Ueber- treibung, daß sie die Begriffe in die Zahl der realen Ge- genstände versetzen; wobey ihnen die Eigenthümlichkeit der Sinnendinge, vermöge
deren sie metaphysische Probleme ent- halten, dergestalt zu Hülfe kommt, daß die
Begriffe sogar in einem weit höheren Sinne, als die Erfahrungsgegenstände selbst, für real gehalten werden. Dies ist der, noch jetzt wirksame Charakter
der Platonischen Jdeenlehre. Daher die Verlegenheit des Aristoteles, der die
Sinnengegenstände, die mathematischen Figuren sammt den Zahlen, und die Jdeen,
neben einander vorfand; und über deren Verhältniß nie recht mit sich einig
scheint geworden zu seyn.
c) Eine andere Täuschung ist die eigenthümliche der Kantischen Schule, in den
Kategorien Stammbegriffe des Verstandes, als eines Seelenvermögens, zu
erblicken; wo- von die Spuren schon beym Platon, dann bey Descartes und bey
Leibnitz vorkommen.
Dadurch verdunkelt sich die Verwandschaft der Katego-
Philosophie; indem die Begriffe sich als ein Gegebenes
an die in der Sprache vorgefundenen Worte gebunden zeigen. Aristoteles,
ebenfalls eine Pythagoräische Spur verfolgend, suchte die Kategorien, d. h. die
allgemeinsten Hauptbegriffe, in der Sprache.
Die Wirkung hievon ist dreifach.
a) Die große Mehrzahl der Gebildeten, an welche die Philosophie wenigstens
theilweise gelangt, zieht die ab- gesonderten Begriffe wieder zurück zu den
Dingen. Die Er- fahrung wird geordnet, wissenschaftlich behandelt; und in den Wissenschaften setzen sich Streitpunkte vest, worin ge- fragt wird, wie die
Dinge durch Begriffe richtig zu denken und durch Worte zu bezeichnen seyen.
b) Die Philosophen gerathen durch die Anstrengung, theils in sich selbst,
theils weit mehr noch in Andern, Be- griffe als Objecte des Denkens vestzuhalten,
auf die Ueber- treibung, daß sie die Begriffe in die Zahl der realen Ge- genstände versetzen; wobey ihnen die Eigenthümlichkeit der Sinnendinge, vermöge
deren sie metaphysische Probleme ent- halten, dergestalt zu Hülfe kommt, daß die
Begriffe sogar in einem weit höheren Sinne, als die Erfahrungsgegenstände selbst, für real gehalten werden. Dies ist der, noch jetzt wirksame Charakter
der Platonischen Jdeenlehre. Daher die Verlegenheit des Aristoteles, der die
Sinnengegenstände, die mathematischen Figuren sammt den Zahlen, und die Jdeen,
neben einander vorfand; und über deren Verhältniß nie recht mit sich einig
scheint geworden zu seyn.
c) Eine andere Täuschung ist die eigenthümliche der Kantischen Schule, in den
Kategorien Stammbegriffe des Verstandes, als eines Seelenvermögens, zu
erblicken; wo- von die Spuren schon beym Platon, dann bey Descartes und bey
Leibnitz vorkommen.
Dadurch verdunkelt sich die Verwandschaft der Katego-
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Philosophie; indem die Begriffe sich als ein Gegebenes an
die in der Sprache vorgefundenen Worte gebunden zeigen.
Aristoteles, ebenfalls eine Pythagoräische Spur verfolgend,
suchte die Kategorien, d. h. die allgemeinsten Hauptbegriffe,
in der Sprache.
Die Wirkung hievon ist dreifach.
a) Die große Mehrzahl der Gebildeten, an welche
die Philosophie wenigstens theilweise gelangt, zieht die ab-
gesonderten Begriffe wieder zurück zu den Dingen. Die Er-
fahrung wird geordnet, wissenschaftlich behandelt; und in
den Wissenschaften setzen sich Streitpunkte vest, worin ge-
fragt wird, wie die Dinge durch Begriffe richtig zu denken
und durch Worte zu bezeichnen seyen.
b) Die Philosophen gerathen durch die Anstrengung,
theils in sich selbst, theils weit mehr noch in Andern, Be-
griffe als Objecte des Denkens vestzuhalten, auf die Ueber-
treibung, daß sie die Begriffe in die Zahl der realen Ge-
genstände versetzen; wobey ihnen die Eigenthümlichkeit der
Sinnendinge, vermöge deren sie metaphysische Probleme ent-
halten, dergestalt zu Hülfe kommt, daß die Begriffe sogar in
einem weit höheren Sinne, als die Erfahrungsgegenstände
selbst, für real gehalten werden. Dies ist der, noch jetzt
wirksame Charakter der Platonischen Jdeenlehre. Daher die
Verlegenheit des Aristoteles, der die Sinnengegenstände, die
mathematischen Figuren sammt den Zahlen, und die Jdeen,
neben einander vorfand; und über deren Verhältniß nie recht
mit sich einig scheint geworden zu seyn.
c) Eine andere Täuschung ist die eigenthümliche der
Kantischen Schule, in den Kategorien Stammbegriffe des
Verstandes, als eines Seelenvermögens, zu erblicken; wo-
von die Spuren schon beym Platon, dann bey Descartes
und bey Leibnitz vorkommen.
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Herbart, Johann Friedrich: Lehrbuch zur Psychologie. 2. Aufl. Königsberg, 1834, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herbart_psychologie_1834/160>, abgerufen am 16.02.2025.
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