dessen Zuwenig vor, mit dem es sich verbinden könnte, so
ist es für sich allein meistens zu schwach, um nicht von an- dern
Vorstellungen erstickt zu werden, die sich schon mehr gesammelt und verbunden
haben. Tritt aber des gleichar- tigen Alten Zuviel hervor, so schwächt es die
Empfänglich- keit für das Neue. Dagegen wird das Merken hauptsäch- lich
durch zwey Umstände begünstigt, erstlich, wenn es mit dem Alten contrastirt,
wobey die Reproduction stark genug zur Anknüpfung ist, ohne durch ein Uebermaaß
der Em- pfänglichkeit bedeutend zu schaden; -- zweytens, wenn durch das Neue
eine Entwickelung älterer Vorstellungen befördert wird, wornach dieselben
ohnehin schon strebten. Jn diesem Falle stiftet es neue Verbindungen, indem es
zugleich eine Begierde befriedigt, oder doch ein angenehmes Gefühl her- vorbringt. Das geschieht besonders bey zuvor erregter Er- wartung.
Anmerkung. Merken und Erwarten, als die bey- den Stufen
des Jnteresse, gehören gleichfalls zu den Grund- begriffen der allgemeinen
Pädagogik. (Jn dem vorerwähn- ten Buche des Verf. über diesen Gegenstand muß das
zweyte Capitel des zweyten Theils mit den hier aufgestellten Sätzen verglichen und erläutert werden.)
214. Unter denjenigen Aufregungen des psychischen Mechanismus, welche im
Organismus ihren Ursprung ha- ben, mag es erlaubt seyn, solche hier zu übergehen,
die offenbar mehr physiologische als psychologische Phänomene darstellen;
wohin die körperlichen Bedürfnisse zu rechnen sind.
Jm Allgemeinen aber ist sehr klar, daß jedes Körper- gefühl im Stande ist, die
mit ihm complicirten Vorstel- lungsreihen ins Bewußtseyn mitzubringen; und daß
diese ich um so gewisser entwickeln werden, weil mit allen an- dern Vorstellungen andere (wenn auch noch so
schwache)
dessen Zuwenig vor, mit dem es sich verbinden könnte, so
ist es für sich allein meistens zu schwach, um nicht von an- dern
Vorstellungen erstickt zu werden, die sich schon mehr gesammelt und verbunden
haben. Tritt aber des gleichar- tigen Alten Zuviel hervor, so schwächt es die
Empfänglich- keit für das Neue. Dagegen wird das Merken hauptsäch- lich
durch zwey Umstände begünstigt, erstlich, wenn es mit dem Alten contrastirt,
wobey die Reproduction stark genug zur Anknüpfung ist, ohne durch ein Uebermaaß
der Em- pfänglichkeit bedeutend zu schaden; — zweytens, wenn durch das Neue
eine Entwickelung älterer Vorstellungen befördert wird, wornach dieselben
ohnehin schon strebten. Jn diesem Falle stiftet es neue Verbindungen, indem es
zugleich eine Begierde befriedigt, oder doch ein angenehmes Gefühl her- vorbringt. Das geschieht besonders bey zuvor erregter Er- wartung.
Anmerkung. Merken und Erwarten, als die bey- den Stufen
des Jnteresse, gehören gleichfalls zu den Grund- begriffen der allgemeinen
Pädagogik. (Jn dem vorerwähn- ten Buche des Verf. über diesen Gegenstand muß das
zweyte Capitel des zweyten Theils mit den hier aufgestellten Sätzen verglichen und erläutert werden.)
214. Unter denjenigen Aufregungen des psychischen Mechanismus, welche im
Organismus ihren Ursprung ha- ben, mag es erlaubt seyn, solche hier zu übergehen,
die offenbar mehr physiologische als psychologische Phänomene darstellen;
wohin die körperlichen Bedürfnisse zu rechnen sind.
Jm Allgemeinen aber ist sehr klar, daß jedes Körper- gefühl im Stande ist, die
mit ihm complicirten Vorstel- lungsreihen ins Bewußtseyn mitzubringen; und daß
diese ich um so gewisser entwickeln werden, weil mit allen an- dern Vorstellungen andere (wenn auch noch so
schwache)
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0179"n="171"/>
dessen Zuwenig vor, mit dem es sich verbinden könnte, so<lb/>
ist es für sich allein meistens zu schwach, um nicht von an-<lb/>
dern
Vorstellungen erstickt zu werden, die sich schon mehr<lb/>
gesammelt und verbunden
haben. Tritt aber des gleichar-<lb/>
tigen Alten Zuviel hervor, so schwächt es die
Empfänglich-<lb/>
keit für das Neue. Dagegen wird das Merken hauptsäch-<lb/>
lich
durch zwey Umstände begünstigt, erstlich, wenn es mit<lb/>
dem Alten contrastirt,
wobey die Reproduction stark genug<lb/>
zur Anknüpfung ist, ohne durch ein Uebermaaß
der Em-<lb/>
pfänglichkeit bedeutend zu schaden; — zweytens, wenn durch<lb/>
das Neue
eine Entwickelung älterer Vorstellungen befördert<lb/>
wird, wornach dieselben
ohnehin schon strebten. Jn diesem<lb/>
Falle stiftet es neue Verbindungen, indem es
zugleich eine<lb/>
Begierde befriedigt, oder doch ein angenehmes Gefühl her-<lb/>
vorbringt. Das geschieht besonders bey zuvor erregter <hirendition="#g">Er-<lb/>
wartung</hi>.</p><p><hirendition="#g">Anmerkung</hi>. Merken und Erwarten, als die bey-<lb/>
den Stufen
des Jnteresse, gehören gleichfalls zu den Grund-<lb/>
begriffen der allgemeinen
Pädagogik. (Jn dem vorerwähn-<lb/>
ten Buche des Verf. über diesen Gegenstand muß das
zweyte<lb/>
Capitel des zweyten Theils mit den hier aufgestellten Sätzen<lb/>
verglichen und erläutert werden.)</p><lb/><p>214. Unter denjenigen Aufregungen des psychischen<lb/>
Mechanismus, welche im
Organismus ihren Ursprung ha-<lb/>
ben, mag es erlaubt seyn, solche hier zu übergehen,
die<lb/>
offenbar mehr physiologische als psychologische Phänomene<lb/>
darstellen;
wohin die körperlichen Bedürfnisse zu rechnen<lb/>
sind.</p><lb/><p>Jm Allgemeinen aber ist sehr klar, daß jedes Körper-<lb/>
gefühl im Stande ist, die
mit ihm complicirten Vorstel-<lb/>
lungsreihen ins Bewußtseyn mitzubringen; und daß
diese<lb/>
ich um so gewisser entwickeln werden, weil mit allen <hirendition="#g">an-<lb/>
dern</hi> Vorstellungen <hirendition="#g">andere</hi> (wenn auch noch so
schwache)
</p></div></div></div></body></text></TEI>
[171/0179]
dessen Zuwenig vor, mit dem es sich verbinden könnte, so
ist es für sich allein meistens zu schwach, um nicht von an-
dern Vorstellungen erstickt zu werden, die sich schon mehr
gesammelt und verbunden haben. Tritt aber des gleichar-
tigen Alten Zuviel hervor, so schwächt es die Empfänglich-
keit für das Neue. Dagegen wird das Merken hauptsäch-
lich durch zwey Umstände begünstigt, erstlich, wenn es mit
dem Alten contrastirt, wobey die Reproduction stark genug
zur Anknüpfung ist, ohne durch ein Uebermaaß der Em-
pfänglichkeit bedeutend zu schaden; — zweytens, wenn durch
das Neue eine Entwickelung älterer Vorstellungen befördert
wird, wornach dieselben ohnehin schon strebten. Jn diesem
Falle stiftet es neue Verbindungen, indem es zugleich eine
Begierde befriedigt, oder doch ein angenehmes Gefühl her-
vorbringt. Das geschieht besonders bey zuvor erregter Er-
wartung.
Anmerkung. Merken und Erwarten, als die bey-
den Stufen des Jnteresse, gehören gleichfalls zu den Grund-
begriffen der allgemeinen Pädagogik. (Jn dem vorerwähn-
ten Buche des Verf. über diesen Gegenstand muß das zweyte
Capitel des zweyten Theils mit den hier aufgestellten Sätzen
verglichen und erläutert werden.)
214. Unter denjenigen Aufregungen des psychischen
Mechanismus, welche im Organismus ihren Ursprung ha-
ben, mag es erlaubt seyn, solche hier zu übergehen, die
offenbar mehr physiologische als psychologische Phänomene
darstellen; wohin die körperlichen Bedürfnisse zu rechnen
sind.
Jm Allgemeinen aber ist sehr klar, daß jedes Körper-
gefühl im Stande ist, die mit ihm complicirten Vorstel-
lungsreihen ins Bewußtseyn mitzubringen; und daß diese
ich um so gewisser entwickeln werden, weil mit allen an-
dern Vorstellungen andere (wenn auch noch so schwache)
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Google Books: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2013-07-05T12:13:38Z)
Thomas Gloning: Bereitstellung der Texttranskription.
(2013-07-05T12:13:38Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Hannah Sophia Glaum: Umwandlung in DTABf-konformes Markup.
(2013-07-05T12:13:38Z)
Herbart, Johann Friedrich: Lehrbuch zur Psychologie. 2. Aufl. Königsberg, 1834, S. 171. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herbart_psychologie_1834/179>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.