Herbart, Johann Friedrich: Lehrbuch zur Psychologie. 2. Aufl. Königsberg, 1834.das kurze Leben des sprachlosen Kindes nimmt bey seiner
großen 252. So erscheint die ferne Zukunft, gesehen von dem das kurze Leben des sprachlosen Kindes nimmt bey seiner
großen 252. So erscheint die ferne Zukunft, gesehen von dem <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0211" n="203"/> das kurze Leben des sprachlosen Kindes nimmt bey seiner großen<lb/> Empfänglichkeit eine bedeutende Menge desselben an sich.<lb/> Viele Verbindungen dieses rohen Stoffes, welche das Erden-<lb/> leben durch seine Erfahrungen nicht herbeygeführt hatte, wird<lb/> die Zukunft nachbringen, zwar nicht um neue Kenntnisse zu<lb/> verschaffen (wenigstens möchte dies im Allgemeinen schwer nach-<lb/> zuweisen seyn), aber doch um ein ruhiges Wohlseyn zu erzeu-<lb/> gen. Wenn nun gleich etwas von der Verschiedenheit der irdi-<lb/> schen Loose sich in die Ewigkeit fortpflanzt, immer noch den<lb/> bessern Menschen von dem schlechtern unterscheidend, so kann<lb/> doch für Alle das Leben zweckmäßig seyn, und in jedem Ein-<lb/> zelnen, wenn er für sich allein, ohne alle Vergleichung mit<lb/> den Uebrigen betrachtet wird, kann sich die Vorsehung dar-<lb/> über, daß sie ihn ins irdische Daseyn eintreten ließ, gerecht-<lb/> fertigt finden. —</p> <p>252. So erscheint die ferne Zukunft, gesehen von dem<lb/> Standpunkte der Wissenschaft, deren Grundlage keine andere<lb/> ist, als unsere gemeine menschliche Erfahrung. Behaupten<lb/> kann man auf diese Weise nichts. Wahrscheinlich ist Alles noch<lb/> anders eingerichtet, schon bloß darum, weil überhaupt irgend<lb/> eine göttliche Einrichtung wahrscheinlich ist, im Vorhergehen-<lb/> den aber nur das erwogen wurde, <hi rendition="#g">was ohne alle Veran-<lb/> staltung von selbst erfolgen möchte</hi>. Will man diese<lb/> letztere Frage schärfer untersuchen, so wird die Möglichkeit sol-<lb/> cher Untersuchung sich erweitern mit den Fortschritten der Statik<lb/> und Mechanik des Geistes. Allein, wie alle Metaphysik aus<lb/> der Erfahrung entspringt, und wie keine Erfahrung ohne Me-<lb/> taphysik eine ächte Erkenntniß gewährt, so vermag hinwie-<lb/> derum die Metaphysik nicht einen einzigen Schritt über die<lb/> Gränzen hinaus zu thun, an welchen die nothwendige Ent-<lb/> wicklung der Erfahrungsbegriffe sich endigt.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </div> </div><lb/> </body> </text> </TEI> [203/0211]
das kurze Leben des sprachlosen Kindes nimmt bey seiner großen
Empfänglichkeit eine bedeutende Menge desselben an sich.
Viele Verbindungen dieses rohen Stoffes, welche das Erden-
leben durch seine Erfahrungen nicht herbeygeführt hatte, wird
die Zukunft nachbringen, zwar nicht um neue Kenntnisse zu
verschaffen (wenigstens möchte dies im Allgemeinen schwer nach-
zuweisen seyn), aber doch um ein ruhiges Wohlseyn zu erzeu-
gen. Wenn nun gleich etwas von der Verschiedenheit der irdi-
schen Loose sich in die Ewigkeit fortpflanzt, immer noch den
bessern Menschen von dem schlechtern unterscheidend, so kann
doch für Alle das Leben zweckmäßig seyn, und in jedem Ein-
zelnen, wenn er für sich allein, ohne alle Vergleichung mit
den Uebrigen betrachtet wird, kann sich die Vorsehung dar-
über, daß sie ihn ins irdische Daseyn eintreten ließ, gerecht-
fertigt finden. —
252. So erscheint die ferne Zukunft, gesehen von dem
Standpunkte der Wissenschaft, deren Grundlage keine andere
ist, als unsere gemeine menschliche Erfahrung. Behaupten
kann man auf diese Weise nichts. Wahrscheinlich ist Alles noch
anders eingerichtet, schon bloß darum, weil überhaupt irgend
eine göttliche Einrichtung wahrscheinlich ist, im Vorhergehen-
den aber nur das erwogen wurde, was ohne alle Veran-
staltung von selbst erfolgen möchte. Will man diese
letztere Frage schärfer untersuchen, so wird die Möglichkeit sol-
cher Untersuchung sich erweitern mit den Fortschritten der Statik
und Mechanik des Geistes. Allein, wie alle Metaphysik aus
der Erfahrung entspringt, und wie keine Erfahrung ohne Me-
taphysik eine ächte Erkenntniß gewährt, so vermag hinwie-
derum die Metaphysik nicht einen einzigen Schritt über die
Gränzen hinaus zu thun, an welchen die nothwendige Ent-
wicklung der Erfahrungsbegriffe sich endigt.
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