Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Herbart, Johann Friedrich: Lehrbuch zur Psychologie. 2. Aufl. Königsberg, 1834.

Bild:
<< vorherige Seite

c) Die hervortretende verschmilzt als solche mit der
ihr gleichartigen neuen Wahrnehmung. Da sie aber nicht
ganz hervortritt, so wird die Verschmelzung nicht voll-
kommen.

d) Vorzüglich wichtig ist der Umstand, daß die un-
mittelbare Reproduction sich nicht lediglich auf die ältere
ganz gleichartige Vorstellung beschränkt, sondern auf die
mehr oder weniger gleichartigen in so weit übergeht als
auch ihnen Befreyung durch die neue Wahrnehmung zu
Theil wird. Die ganze Reproduction werde nun mit dem
Namen der Wölbung bezeichnet: so folgt im Falle einer
längern Dauer, oder auf einer öftern Wiederhohlung der
neuen Wahrnehmung, noch ein zweiter wichtiger Proceß, den
wir Zuspitzung nennen. Er besteht nämlich darin, daß
die wenigen gleichartigen Vorstellungen, da sie ihr Entge-
gengesetztes mit sich ins Bewußtseyn bringen, durch die neue
Wahrnehmung wieder gehemmt werden, so daß sich die
ganz gleichartige Vorstellung zuletzt allein begünstigt findet,
und gleichsam eine Spitze bildet, wo vorher der oberste
Punct des Gewölbes war.

27. Mit dieser unmittelbaren Reproduction verbindet
sich nun, wo die Umstände es gestatten, jene mittelbare
(25). Das obige P reproducire sich unmittelbar, so kam
der ihm gegebene freye Raum als jenes r betrachtet
werden, oder als eine Kraft, welche nun auch das mit ver-
schmolzene p bis auf seinen Verschmelzungspunct r zu he-
ben bemüht ist.

Anmerkung. Da der freye Raum allmählig wach-
send (und wieder abnehmend) gegeben wird, so muß man
sich in der Formel [Formel 1] für die gegenwär-
tige Betrachtung r als eine veränderliche Größe, und zwar

c) Die hervortretende verschmilzt als solche mit der
ihr gleichartigen neuen Wahrnehmung. Da sie aber nicht
ganz hervortritt, so wird die Verschmelzung nicht voll-
kommen.

d) Vorzüglich wichtig ist der Umstand, daß die un-
mittelbare Reproduction sich nicht lediglich auf die ältere
ganz gleichartige Vorstellung beschränkt, sondern auf die
mehr oder weniger gleichartigen in so weit übergeht als
auch ihnen Befreyung durch die neue Wahrnehmung zu
Theil wird. Die ganze Reproduction werde nun mit dem
Namen der Wölbung bezeichnet: so folgt im Falle einer
längern Dauer, oder auf einer öftern Wiederhohlung der
neuen Wahrnehmung, noch ein zweiter wichtiger Proceß, den
wir Zuspitzung nennen. Er besteht nämlich darin, daß
die wenigen gleichartigen Vorstellungen, da sie ihr Entge-
gengesetztes mit sich ins Bewußtseyn bringen, durch die neue
Wahrnehmung wieder gehemmt werden, so daß sich die
ganz gleichartige Vorstellung zuletzt allein begünstigt findet,
und gleichsam eine Spitze bildet, wo vorher der oberste
Punct des Gewölbes war.

27. Mit dieser unmittelbaren Reproduction verbindet
sich nun, wo die Umstände es gestatten, jene mittelbare
(25). Das obige P reproducire sich unmittelbar, so kam
der ihm gegebene freye Raum als jenes r betrachtet
werden, oder als eine Kraft, welche nun auch das mit ver-
schmolzene π bis auf seinen Verschmelzungspunct ρ zu he-
ben bemüht ist.

Anmerkung. Da der freye Raum allmählig wach-
send (und wieder abnehmend) gegeben wird, so muß man
sich in der Formel [Formel 1] für die gegenwär-
tige Betrachtung r als eine veränderliche Größe, und zwar

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0029" n="21"/>
          <p>c) Die hervortretende verschmilzt <hi rendition="#g">als solche</hi> mit der<lb/>
ihr
             gleichartigen neuen Wahrnehmung. Da sie aber nicht<lb/><hi rendition="#g">ganz</hi> hervortritt, so wird die Verschmelzung nicht voll-<lb/>
kommen.</p>
          <p>d) Vorzüglich wichtig ist der Umstand, daß die un-<lb/>
mittelbare Reproduction sich
             nicht lediglich auf die ältere<lb/>
ganz gleichartige Vorstellung beschränkt, sondern
             auf die<lb/><hi rendition="#g">mehr</hi> oder <hi rendition="#g">weniger</hi> gleichartigen in so
             weit übergeht als<lb/>
auch ihnen Befreyung durch die neue Wahrnehmung zu<lb/>
Theil
             wird. Die ganze Reproduction werde nun mit dem<lb/>
Namen der <hi rendition="#g">Wölbung</hi> bezeichnet: so folgt im Falle einer<lb/>
längern Dauer, oder auf einer
             öftern Wiederhohlung der<lb/>
neuen Wahrnehmung, noch ein zweiter wichtiger Proceß, den<lb/>
wir <hi rendition="#g">Zuspitzung</hi> nennen. Er besteht nämlich darin, daß<lb/>
die wenigen gleichartigen Vorstellungen, da sie ihr Entge-<lb/>
gengesetztes mit sich
             ins Bewußtseyn bringen, durch die neue<lb/>
Wahrnehmung wieder gehemmt werden, so daß
             sich die<lb/>
ganz gleichartige Vorstellung zuletzt allein begünstigt findet,<lb/>
und
             gleichsam eine Spitze bildet, wo vorher der oberste<lb/>
Punct des Gewölbes war.</p><lb/>
          <p>27. Mit dieser unmittelbaren Reproduction verbindet<lb/>
sich nun, wo die Umstände es
             gestatten, jene mittelbare<lb/>
(25). Das obige P reproducire sich unmittelbar, so kam<lb/><hi rendition="#g">der ihm gegebene freye Raum</hi> als jenes <hi rendition="#aq">r</hi> betrachtet<lb/>
werden, oder als eine Kraft, welche nun auch das mit ver-<lb/>
schmolzene &#x03C0; bis auf seinen Verschmelzungspunct &#x03C1; zu he-<lb/>
ben bemüht
             ist.<lb/></p><lb/>
          <p><hi rendition="#g">Anmerkung</hi>. Da der freye Raum allmählig wach-<lb/>
send (und
             wieder abnehmend) gegeben wird, so muß man<lb/>
sich in der Formel <formula/> für die
             gegenwär-<lb/>
tige Betrachtung r als eine veränderliche Größe, und zwar<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[21/0029] c) Die hervortretende verschmilzt als solche mit der ihr gleichartigen neuen Wahrnehmung. Da sie aber nicht ganz hervortritt, so wird die Verschmelzung nicht voll- kommen. d) Vorzüglich wichtig ist der Umstand, daß die un- mittelbare Reproduction sich nicht lediglich auf die ältere ganz gleichartige Vorstellung beschränkt, sondern auf die mehr oder weniger gleichartigen in so weit übergeht als auch ihnen Befreyung durch die neue Wahrnehmung zu Theil wird. Die ganze Reproduction werde nun mit dem Namen der Wölbung bezeichnet: so folgt im Falle einer längern Dauer, oder auf einer öftern Wiederhohlung der neuen Wahrnehmung, noch ein zweiter wichtiger Proceß, den wir Zuspitzung nennen. Er besteht nämlich darin, daß die wenigen gleichartigen Vorstellungen, da sie ihr Entge- gengesetztes mit sich ins Bewußtseyn bringen, durch die neue Wahrnehmung wieder gehemmt werden, so daß sich die ganz gleichartige Vorstellung zuletzt allein begünstigt findet, und gleichsam eine Spitze bildet, wo vorher der oberste Punct des Gewölbes war. 27. Mit dieser unmittelbaren Reproduction verbindet sich nun, wo die Umstände es gestatten, jene mittelbare (25). Das obige P reproducire sich unmittelbar, so kam der ihm gegebene freye Raum als jenes r betrachtet werden, oder als eine Kraft, welche nun auch das mit ver- schmolzene π bis auf seinen Verschmelzungspunct ρ zu he- ben bemüht ist. Anmerkung. Da der freye Raum allmählig wach- send (und wieder abnehmend) gegeben wird, so muß man sich in der Formel [FORMEL] für die gegenwär- tige Betrachtung r als eine veränderliche Größe, und zwar

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Google Books: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-07-05T12:13:38Z)
Thomas Gloning: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-07-05T12:13:38Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Hannah Sophia Glaum: Umwandlung in DTABf-konformes Markup. (2013-07-05T12:13:38Z)
Stefanie Seim: Nachkorrekturen. (2013-07-05T12:13:38Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Bogensignaturen: nicht übernommen
  • fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet
  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert
  • Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/herbart_psychologie_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/herbart_psychologie_1834/29
Zitationshilfe: Herbart, Johann Friedrich: Lehrbuch zur Psychologie. 2. Aufl. Königsberg, 1834, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herbart_psychologie_1834/29>, abgerufen am 03.05.2024.