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Herbart, Johann Friedrich: Lehrbuch zur Psychologie. 2. Aufl. Königsberg, 1834.

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als Function derjenigen Größen denken, wovon die Be-
stimmungen in (26) abhängen.

28. Die wichtigsten Anwendungen der bisherigen Lehren
finden sich, wenn mit verschiedenen Resten r, r',
r'',
u. s. w. einer und derselben Vorstellung P,
mehrere p, p', p'', u. s. w. verbunden sind; wobey
man der Kürze wegen die Reste der letzteren, nämlich r, r', r'', u. s. w. für gleich annehmen mag; auch können p, p,
u. s. w. gleich seyn:

Eine Vorstellung wirkt auf mehrere mit ihr
verbundene in derselben Reihenfolge der Zeit
nach, worin ihre Reste, durch welche sie mit jenen
andern verbunden ist der Größe nach stehen.

Anmerkung. Dieses höchst wichtige Gesetz ist hier
in Worten nur sehr unvollkommen ausgedrückt, um große
Weitläufigkeit zu vermeiden. Besser und klärer erkennt man
es in der schon angegebenen Formel [Formel 1]
wenn man statt des einen r darin verschiedene kleinere und
größere r, r', r'', u. s. w. substituirt. Aber die genauere
Rechnung, deren in (25) erwähnt ist, zeigt, daß die mit
verschmolzenen p, p', p'', u. s. w. nicht bloß steigen, son-
dern auch wieder sinken, gleichsam um einander Platz zu
machen, und zwar in der Ordnung der r, r', r,'' u. s. w.

29. Hier entdeckt sich der Grund der treuen Re-
production, oder des Gedächtnisses, so sern es uns Rei-
hen von Vorstellungen in der nämlichen Ordnung und Fol-
ge wiederbringt, wie dieselben waren aufgefaßt worden. Um
dieses einzusehen, muß man zuerst überlegen, welche Verbin-
dung unter mehrern Vorstellungen entstehe, die successiv ge-
geben werden.

Eine Reihe a, b, c, d, ... sey in der Wahrnehmung
gegeben worden, so ist durch andere, im Bewußtseyn vor-


als Function derjenigen Größen denken, wovon die Be-
stimmungen in (26) abhängen.

28. Die wichtigsten Anwendungen der bisherigen Lehren
finden sich, wenn mit verschiedenen Resten r, r‘,
r‘‘,
u. s. w. einer und derselben Vorstellung P,
mehrere π, π‘, π‘‘, u. s. w. verbunden sind; wobey
man der Kürze wegen die Reste der letzteren, nämlich ρ, ρ‘, ρ‘‘, u. s. w. für gleich annehmen mag; auch können π, π,
u. s. w. gleich seyn:

Eine Vorstellung wirkt auf mehrere mit ihr
verbundene in derselben Reihenfolge der Zeit
nach, worin ihre Reste, durch welche sie mit jenen
andern verbunden ist der Größe nach stehen.

Anmerkung. Dieses höchst wichtige Gesetz ist hier
in Worten nur sehr unvollkommen ausgedrückt, um große
Weitläufigkeit zu vermeiden. Besser und klärer erkennt man
es in der schon angegebenen Formel [Formel 1]
wenn man statt des einen r darin verschiedene kleinere und
größere r, r‘, r‘‘, u. s. w. substituirt. Aber die genauere
Rechnung, deren in (25) erwähnt ist, zeigt, daß die mit
verschmolzenen π, π‘, π‘‘, u. s. w. nicht bloß steigen, son-
dern auch wieder sinken, gleichsam um einander Platz zu
machen, und zwar in der Ordnung der r, r‘, r,‘‘ u. s. w.

29. Hier entdeckt sich der Grund der treuen Re-
production, oder des Gedächtnisses, so sern es uns Rei-
hen von Vorstellungen in der nämlichen Ordnung und Fol-
ge wiederbringt, wie dieselben waren aufgefaßt worden. Um
dieses einzusehen, muß man zuerst überlegen, welche Verbin-
dung unter mehrern Vorstellungen entstehe, die successiv ge-
geben werden.

Eine Reihe a, b, c, d, … sey in der Wahrnehmung
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[22/0030] als Function derjenigen Größen denken, wovon die Be- stimmungen in (26) abhängen. 28. Die wichtigsten Anwendungen der bisherigen Lehren finden sich, wenn mit verschiedenen Resten r, r‘, r‘‘, u. s. w. einer und derselben Vorstellung P, mehrere π, π‘, π‘‘, u. s. w. verbunden sind; wobey man der Kürze wegen die Reste der letzteren, nämlich ρ, ρ‘, ρ‘‘, u. s. w. für gleich annehmen mag; auch können π, π, u. s. w. gleich seyn: Eine Vorstellung wirkt auf mehrere mit ihr verbundene in derselben Reihenfolge der Zeit nach, worin ihre Reste, durch welche sie mit jenen andern verbunden ist der Größe nach stehen. Anmerkung. Dieses höchst wichtige Gesetz ist hier in Worten nur sehr unvollkommen ausgedrückt, um große Weitläufigkeit zu vermeiden. Besser und klärer erkennt man es in der schon angegebenen Formel [FORMEL] wenn man statt des einen r darin verschiedene kleinere und größere r, r‘, r‘‘, u. s. w. substituirt. Aber die genauere Rechnung, deren in (25) erwähnt ist, zeigt, daß die mit verschmolzenen π, π‘, π‘‘, u. s. w. nicht bloß steigen, son- dern auch wieder sinken, gleichsam um einander Platz zu machen, und zwar in der Ordnung der r, r‘, r,‘‘ u. s. w. 29. Hier entdeckt sich der Grund der treuen Re- production, oder des Gedächtnisses, so sern es uns Rei- hen von Vorstellungen in der nämlichen Ordnung und Fol- ge wiederbringt, wie dieselben waren aufgefaßt worden. Um dieses einzusehen, muß man zuerst überlegen, welche Verbin- dung unter mehrern Vorstellungen entstehe, die successiv ge- geben werden. Eine Reihe a, b, c, d, … sey in der Wahrnehmung gegeben worden, so ist durch andere, im Bewußtseyn vor-

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Zitationshilfe: Herbart, Johann Friedrich: Lehrbuch zur Psychologie. 2. Aufl. Königsberg, 1834, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herbart_psychologie_1834/30>, abgerufen am 21.11.2024.