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Herbart, Johann Friedrich: Lehrbuch zur Psychologie. 2. Aufl. Königsberg, 1834.

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Archivs für Philosophie, u. s. w. Hier kann
aus der etwas weitläuftigen Untersuchung nur der Haupt-
satz angegeben werden, den die Erfahrung entschieden be-stätigt:

Wenn die Kräfte, worin die Vorstellungen
durch ihre Gleichheit und ihre Gegensätze einan-
der zerlegen, gleich stark sind, so entsteht Dis-
harmonie. Jst aber eine dieser Kräfte gegen
die übrigen in solchem Verhältnisse, daß sie
von denselben gerade auf die statische Schwelle
(16) getrieben wird, alsdann ist ein harmoni-
sches Verhältniß vorhanden.

35. Zweytens: ein Princip des Contrastes findet
sich in den Complexionen (22), die wir hier als vollkom-
men betrachten.

Die Complerionen a+a, und b+b, sind ähnlich,
wofern a:a=b:b; wo nicht, so sind sie unähnlich. Der
Hemmungsgrad zwischen a und b sey=p; der zwischen
a und b,=p. Wenn nun p=p bey ähnlichen Com-
plexionen, alsdann, und nur dann, werden die einzelnen
Vorstellungen gerade so gehemmt, wie wennn sie in keiner
Verbindung gestanden hätten; auch entsteht alsdann kein
Gefühl des Contrastes, indem die Hemmung so von Stat-
ten geht, wie es die Gegensätze mit sich bringen. Allein
bey jeder Abweichung von dem eben aufgestellten Falle lei-
den die minder entgegengesetzten Vorstellungen durch ihre
Verbindung mit dem andern Paare; aber dadurch wird die-
sem ein Theil der Hemmung erspart; es bleibt demnach,
dem Gegensatze zum Trotz, etwas im Bewußt-
seyn, das sich widerstrebt
; und hierin eben liegt das
Gefühl des Contrasts. Jst p < p, so wird der Contrast
zwischen a und b gefühlt, nicht der zwischen a und b.

Nigsberger
Archivs für Philosophie, u. s. w. Hier kann
aus der etwas weitläuftigen Untersuchung nur der Haupt-
satz angegeben werden, den die Erfahrung entschieden be-stätigt:

Wenn die Kräfte, worin die Vorstellungen
durch ihre Gleichheit und ihre Gegensätze einan-
der zerlegen, gleich stark sind, so entsteht Dis-
harmonie. Jst aber eine dieser Kräfte gegen
die übrigen in solchem Verhältnisse, daß sie
von denselben gerade auf die statische Schwelle
(16) getrieben wird, alsdann ist ein harmoni-
sches Verhältniß vorhanden.

35. Zweytens: ein Princip des Contrastes findet
sich in den Complexionen (22), die wir hier als vollkom-
men betrachten.

Die Complerionen a+α, und b+β, sind ähnlich,
wofern a:α=b:β; wo nicht, so sind sie unähnlich. Der
Hemmungsgrad zwischen a und b sey=p; der zwischen
α und β,=π. Wenn nun p=π bey ähnlichen Com-
plexionen, alsdann, und nur dann, werden die einzelnen
Vorstellungen gerade so gehemmt, wie wennn sie in keiner
Verbindung gestanden hätten; auch entsteht alsdann kein
Gefühl des Contrastes, indem die Hemmung so von Stat-
ten geht, wie es die Gegensätze mit sich bringen. Allein
bey jeder Abweichung von dem eben aufgestellten Falle lei-
den die minder entgegengesetzten Vorstellungen durch ihre
Verbindung mit dem andern Paare; aber dadurch wird die-
sem ein Theil der Hemmung erspart; es bleibt demnach,
dem Gegensatze zum Trotz, etwas im Bewußt-
seyn, das sich widerstrebt
; und hierin eben liegt das
Gefühl des Contrasts. Jst π < p, so wird der Contrast
zwischen a und b gefühlt, nicht der zwischen α und β.

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[28/0036] Nigsberger Archivs für Philosophie, u. s. w. Hier kann aus der etwas weitläuftigen Untersuchung nur der Haupt- satz angegeben werden, den die Erfahrung entschieden be-stätigt: Wenn die Kräfte, worin die Vorstellungen durch ihre Gleichheit und ihre Gegensätze einan- der zerlegen, gleich stark sind, so entsteht Dis- harmonie. Jst aber eine dieser Kräfte gegen die übrigen in solchem Verhältnisse, daß sie von denselben gerade auf die statische Schwelle (16) getrieben wird, alsdann ist ein harmoni- sches Verhältniß vorhanden. 35. Zweytens: ein Princip des Contrastes findet sich in den Complexionen (22), die wir hier als vollkom- men betrachten. Die Complerionen a+α, und b+β, sind ähnlich, wofern a:α=b:β; wo nicht, so sind sie unähnlich. Der Hemmungsgrad zwischen a und b sey=p; der zwischen α und β,=π. Wenn nun p=π bey ähnlichen Com- plexionen, alsdann, und nur dann, werden die einzelnen Vorstellungen gerade so gehemmt, wie wennn sie in keiner Verbindung gestanden hätten; auch entsteht alsdann kein Gefühl des Contrastes, indem die Hemmung so von Stat- ten geht, wie es die Gegensätze mit sich bringen. Allein bey jeder Abweichung von dem eben aufgestellten Falle lei- den die minder entgegengesetzten Vorstellungen durch ihre Verbindung mit dem andern Paare; aber dadurch wird die- sem ein Theil der Hemmung erspart; es bleibt demnach, dem Gegensatze zum Trotz, etwas im Bewußt- seyn, das sich widerstrebt; und hierin eben liegt das Gefühl des Contrasts. Jst π < p, so wird der Contrast zwischen a und b gefühlt, nicht der zwischen α und β.

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Zitationshilfe: Herbart, Johann Friedrich: Lehrbuch zur Psychologie. 2. Aufl. Königsberg, 1834, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herbart_psychologie_1834/36>, abgerufen am 09.11.2024.