Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Herbart, Johann Friedrich: Lehrbuch zur Psychologie. 2. Aufl. Königsberg, 1834.

Bild:
<< vorherige Seite

stärker wirken. Sie wird aber auch die darauf folgenden
Abspannungen des Leibes zu theilen haben, wie nach dem
Rausch und Affect.

52. Die Zusammenwirkung der Seele und des Leibes
im äußern Handeln kann nicht ursprünglich von der Seele
ausgehn; denn der Wille weiß nicht das geringste von dem,
was er in Nerven und Muskeln eigentlich hervorbringt.
Allein in dem Kinde ist ein organisches Bedürfniß nach Be-
wegung; dies und die daraus entstandenen wirklichen Be-
wegungen begleitet Anfangs die Seele mit ihren Gefühlen;
die Gefühle aber compliciren sich mit den Wahrnehmungen
der bewegten Glieder. Wenn nun in der Folge die Vor-
stellung, die aus einer solchen Wahrnehmung entstand, als
Begierde aufstrebt (16), so regt sich auch das damit com-
plicirte Gefühl, und diesem gehören als begleitende leibliche
Zustände alle diejenigen Ereignisse in den Nerven und Mus-
keln zu, durch welche die organische Bewegung wirklich be-
stimmt wird. Auf solche Weise geschieht es, daß die Vor-
stellungen sogar als ein Ursprung mechanischer Kräfte in der
äußern Welt erscheinen.




stärker wirken. Sie wird aber auch die darauf folgenden
Abspannungen des Leibes zu theilen haben, wie nach dem
Rausch und Affect.

52. Die Zusammenwirkung der Seele und des Leibes
im äußern Handeln kann nicht ursprünglich von der Seele
ausgehn; denn der Wille weiß nicht das geringste von dem,
was er in Nerven und Muskeln eigentlich hervorbringt.
Allein in dem Kinde ist ein organisches Bedürfniß nach Be-
wegung; dies und die daraus entstandenen wirklichen Be-
wegungen begleitet Anfangs die Seele mit ihren Gefühlen;
die Gefühle aber compliciren sich mit den Wahrnehmungen
der bewegten Glieder. Wenn nun in der Folge die Vor-
stellung, die aus einer solchen Wahrnehmung entstand, als
Begierde aufstrebt (16), so regt sich auch das damit com-
plicirte Gefühl, und diesem gehören als begleitende leibliche
Zustände alle diejenigen Ereignisse in den Nerven und Mus-
keln zu, durch welche die organische Bewegung wirklich be-
stimmt wird. Auf solche Weise geschieht es, daß die Vor-
stellungen sogar als ein Ursprung mechanischer Kräfte in der
äußern Welt erscheinen.




<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0044" n="36"/>
stärker
             wirken. Sie wird aber auch die darauf folgenden<lb/>
Abspannungen des Leibes zu theilen
             haben, wie nach dem<lb/>
Rausch und Affect.</p><lb/>
          <p>52. Die Zusammenwirkung der Seele und des Leibes<lb/>
im äußern Handeln kann nicht
             ursprünglich von der Seele<lb/>
ausgehn; denn der Wille weiß nicht das geringste von
             dem,<lb/>
was er in Nerven und Muskeln eigentlich hervorbringt.<lb/>
Allein in dem
             Kinde ist ein organisches Bedürfniß nach Be-<lb/>
wegung; dies und die daraus
             entstandenen wirklichen Be-<lb/>
wegungen begleitet Anfangs die Seele mit ihren
             Gefühlen;<lb/>
die Gefühle aber compliciren sich mit den Wahrnehmungen<lb/>
der
             bewegten Glieder. Wenn nun in der Folge die Vor-<lb/>
stellung, die aus einer solchen
             Wahrnehmung entstand, als<lb/>
Begierde aufstrebt (16), so regt sich auch das damit
             com-<lb/>
plicirte Gefühl, und diesem gehören als begleitende leibliche<lb/>
Zustände
             alle diejenigen Ereignisse in den Nerven und Mus-<lb/>
keln zu, durch welche die
             organische Bewegung wirklich be-<lb/>
stimmt wird. Auf solche Weise geschieht es, daß die
             Vor-<lb/>
stellungen sogar als ein Ursprung mechanischer Kräfte in der<lb/>
äußern Welt
             erscheinen.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        </div>
      </div><lb/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[36/0044] stärker wirken. Sie wird aber auch die darauf folgenden Abspannungen des Leibes zu theilen haben, wie nach dem Rausch und Affect. 52. Die Zusammenwirkung der Seele und des Leibes im äußern Handeln kann nicht ursprünglich von der Seele ausgehn; denn der Wille weiß nicht das geringste von dem, was er in Nerven und Muskeln eigentlich hervorbringt. Allein in dem Kinde ist ein organisches Bedürfniß nach Be- wegung; dies und die daraus entstandenen wirklichen Be- wegungen begleitet Anfangs die Seele mit ihren Gefühlen; die Gefühle aber compliciren sich mit den Wahrnehmungen der bewegten Glieder. Wenn nun in der Folge die Vor- stellung, die aus einer solchen Wahrnehmung entstand, als Begierde aufstrebt (16), so regt sich auch das damit com- plicirte Gefühl, und diesem gehören als begleitende leibliche Zustände alle diejenigen Ereignisse in den Nerven und Mus- keln zu, durch welche die organische Bewegung wirklich be- stimmt wird. Auf solche Weise geschieht es, daß die Vor- stellungen sogar als ein Ursprung mechanischer Kräfte in der äußern Welt erscheinen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Google Books: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-07-05T12:13:38Z)
Thomas Gloning: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-07-05T12:13:38Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Hannah Sophia Glaum: Umwandlung in DTABf-konformes Markup. (2013-07-05T12:13:38Z)
Stefanie Seim: Nachkorrekturen. (2013-07-05T12:13:38Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Bogensignaturen: nicht übernommen
  • fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet
  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert
  • Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/herbart_psychologie_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/herbart_psychologie_1834/44
Zitationshilfe: Herbart, Johann Friedrich: Lehrbuch zur Psychologie. 2. Aufl. Königsberg, 1834, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herbart_psychologie_1834/44>, abgerufen am 03.05.2024.