Herbart, Johann Friedrich: Lehrbuch zur Psychologie. 2. Aufl. Königsberg, 1834.Jn der praktischen Philosophie wird gezeigt, daß, nach Es ist also das Werk der Ueberlegung (oder, wenn C. Von der Freyheit des Willens. 118. Jndem aus der geendigten Ueberlegung ein Ent- Er findet sich auch vernünftig genug, um zu fassen, Jn der praktischen Philosophie wird gezeigt, daß, nach Es ist also das Werk der Ueberlegung (oder, wenn C. Von der Freyheit des Willens. 118. Jndem aus der geendigten Ueberlegung ein Ent- Er findet sich auch vernünftig genug, um zu fassen, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0099" n="91"/> <p>Jn der praktischen Philosophie wird gezeigt, daß, nach<lb/> Hintansetzung aller, von der Gemüthslage abhängenden,<lb/> also wandelbaren Begierden bloß dasjenige willenlose Vor-<lb/> ziehn, und Verwerfen den höchsten Rang behaupten könne,<lb/> welches in den ästhetischen Urtheilen über den Willen ent-<lb/> halten ist.</p><lb/> <p>Es ist also das Werk der Ueberlegung (oder, wenn<lb/> man will, der praktischen Vernunft), diese Urtheile, und die<lb/> aus ihnen entspringenden Jdeen <hi rendition="#g">der innern Freyheit,<lb/> der Vollkommenheit, des Wohlwollens, des<lb/> Rechts</hi> und der <hi rendition="#g">Billigkeit</hi>, aus der Vermischung mit<lb/> allem andern Denken und Wollen, worin sie anfangs ver-<lb/> steckt liegen, hervorzuziehn und sie an die Spitze aller Klug-<lb/> heit zu stellen, sämmtliche Begierden und Wünsche aber un-<lb/> ter ihnen zu beugen.</p><lb/> <p> <hi rendition="#g">C. Von der Freyheit des Willens.</hi> </p><lb/> <p>118. Jndem aus der geendigten Ueberlegung ein Ent-<lb/> schluß hervorzutreten im Begriff steht, geschieht es oftmals,<lb/> daß eine Begierde sich erhebt, und sich jenem Entschlusse<lb/> widersetzt. Alsdann weiß der Mensch nicht, was er will;<lb/> er betrachtet sich als in der Mitte stehend zwischen zwey<lb/> Kräften, die ihn nach entgegengesetzten Seiten ziehn. Jn<lb/> dieser Selbstbetrachtung stellt er sowohl die Vernunft als<lb/> die Begierde sich gegenüber, als wären es fremde Rathge-<lb/> ber, <hi rendition="#g">er selbst</hi> aber ein <hi rendition="#g">Dritter</hi>, der beyde anhörte, und<lb/> alsdann entschiede. Er findet sich <hi rendition="#g">frey</hi>, zu entscheiden wie<lb/> er will.</p><lb/> <p>Er findet sich auch vernünftig genug, um zu fassen,<lb/> was die Vernunft ihm sage; und reizbar genug, um die<lb/> Lockungen der Begierde auf sich wirken zu lassen. Wäre<lb/> dies nicht, so würde seine Freyheit keinen Werth haben; er<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [91/0099]
Jn der praktischen Philosophie wird gezeigt, daß, nach
Hintansetzung aller, von der Gemüthslage abhängenden,
also wandelbaren Begierden bloß dasjenige willenlose Vor-
ziehn, und Verwerfen den höchsten Rang behaupten könne,
welches in den ästhetischen Urtheilen über den Willen ent-
halten ist.
Es ist also das Werk der Ueberlegung (oder, wenn
man will, der praktischen Vernunft), diese Urtheile, und die
aus ihnen entspringenden Jdeen der innern Freyheit,
der Vollkommenheit, des Wohlwollens, des
Rechts und der Billigkeit, aus der Vermischung mit
allem andern Denken und Wollen, worin sie anfangs ver-
steckt liegen, hervorzuziehn und sie an die Spitze aller Klug-
heit zu stellen, sämmtliche Begierden und Wünsche aber un-
ter ihnen zu beugen.
C. Von der Freyheit des Willens.
118. Jndem aus der geendigten Ueberlegung ein Ent-
schluß hervorzutreten im Begriff steht, geschieht es oftmals,
daß eine Begierde sich erhebt, und sich jenem Entschlusse
widersetzt. Alsdann weiß der Mensch nicht, was er will;
er betrachtet sich als in der Mitte stehend zwischen zwey
Kräften, die ihn nach entgegengesetzten Seiten ziehn. Jn
dieser Selbstbetrachtung stellt er sowohl die Vernunft als
die Begierde sich gegenüber, als wären es fremde Rathge-
ber, er selbst aber ein Dritter, der beyde anhörte, und
alsdann entschiede. Er findet sich frey, zu entscheiden wie
er will.
Er findet sich auch vernünftig genug, um zu fassen,
was die Vernunft ihm sage; und reizbar genug, um die
Lockungen der Begierde auf sich wirken zu lassen. Wäre
dies nicht, so würde seine Freyheit keinen Werth haben; er
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