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Herder, Johann Gottfried von: Abhandlung über den Ursprung der Sprache. Berlin, 1772.

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unregelmäßig sie auch scheine. Die Sprachbil-
dung ist in die Schatten der Schule gewichen,
aus denen sie nichts mehr für die lebendige Welt
würket: drum soll auch nie eine helle Welt gewe-
sen seyn, in der die ersten Sprachenbilder leben,
fühlen, schaffen, und dichten mußten. -- Jch be-
rufe mich auf das Gefühl derer, die den Menschen
im Grunde seiner Kräfte, und das Kräftige, Mäch-
tige, Große in den Sprachen der Wilden, und
Wesen der Sprache überhaupt nicht verkennen --
Daher fahre ich fort:

Zweites Naturgesetz.


Der Mensch ist in seiner Bestimmung ein Ge-
schöpf der Heerde, der Gesellschaft: die Fort-
bildung einer Sprache wird ihm also natür-
lich, wesentlich, nothwendig.

Das menschliche Weib hat keine Jahrszeit der
Brunst, wie die Thierweiber: Und die Zeugungs-
kraft des Mannes ist nicht so ungebändigt, aber

fort-

unregelmaͤßig ſie auch ſcheine. Die Sprachbil-
dung iſt in die Schatten der Schule gewichen,
aus denen ſie nichts mehr fuͤr die lebendige Welt
wuͤrket: drum ſoll auch nie eine helle Welt gewe-
ſen ſeyn, in der die erſten Sprachenbilder leben,
fuͤhlen, ſchaffen, und dichten mußten. — Jch be-
rufe mich auf das Gefuͤhl derer, die den Menſchen
im Grunde ſeiner Kraͤfte, und das Kraͤftige, Maͤch-
tige, Große in den Sprachen der Wilden, und
Weſen der Sprache uͤberhaupt nicht verkennen —
Daher fahre ich fort:

Zweites Naturgeſetz.


Der Menſch iſt in ſeiner Beſtimmung ein Ge-
ſchoͤpf der Heerde, der Geſellſchaft: die Fort-
bildung einer Sprache wird ihm alſo natuͤr-
lich, weſentlich, nothwendig.

Das menſchliche Weib hat keine Jahrszeit der
Brunſt, wie die Thierweiber: Und die Zeugungs-
kraft des Mannes iſt nicht ſo ungebaͤndigt, aber

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[170/0176] unregelmaͤßig ſie auch ſcheine. Die Sprachbil- dung iſt in die Schatten der Schule gewichen, aus denen ſie nichts mehr fuͤr die lebendige Welt wuͤrket: drum ſoll auch nie eine helle Welt gewe- ſen ſeyn, in der die erſten Sprachenbilder leben, fuͤhlen, ſchaffen, und dichten mußten. — Jch be- rufe mich auf das Gefuͤhl derer, die den Menſchen im Grunde ſeiner Kraͤfte, und das Kraͤftige, Maͤch- tige, Große in den Sprachen der Wilden, und Weſen der Sprache uͤberhaupt nicht verkennen — Daher fahre ich fort: Zweites Naturgeſetz. Der Menſch iſt in ſeiner Beſtimmung ein Ge- ſchoͤpf der Heerde, der Geſellſchaft: die Fort- bildung einer Sprache wird ihm alſo natuͤr- lich, weſentlich, nothwendig. Das menſchliche Weib hat keine Jahrszeit der Brunſt, wie die Thierweiber: Und die Zeugungs- kraft des Mannes iſt nicht ſo ungebaͤndigt, aber fort-

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Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Abhandlung über den Ursprung der Sprache. Berlin, 1772, S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_abhandlung_1772/176>, abgerufen am 21.11.2024.