Herder, Johann Gottfried von: Abhandlung über den Ursprung der Sprache. Berlin, 1772.davon vertreibet, der nimmt mir nicht blos "Wie viel Ordnung und Ausbildung be- Rons- M 3
davon vertreibet, der nimmt mir nicht blos „Wie viel Ordnung und Ausbildung be- Ronſ- M 3
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0187" n="181"/> davon vertreibet, der nimmt mir nicht blos<lb/> mein Leben, wenn ich dieſen Unterhalt nicht<lb/> wieder finde; ſondern wuͤrklich auch <hi rendition="#fr">den Werth<lb/> meiner verlebten Jahre,</hi> meinen Schweiß,<lb/> meine Muͤhe, meine Gedanken, meine Spra-<lb/> che — ich habe ſie mir erworben! und ſollte fuͤr<lb/> den Erſtling der Menſchheit eine ſolche Signatur<lb/> der Seele auf eine Sache, durch Kennenlernen,<lb/> durch Merkmal, durch Sprache, nicht mehr Recht<lb/> des Eigenthums ſeyn, als ein Stempel in der<lb/> Muͤnze?</p><lb/> <p>„Wie viel <hi rendition="#fr">Ordnung</hi> und <hi rendition="#fr">Ausbildung</hi> be-<lb/> „kommt die Sprache alſo ſchon eben damit, daß<lb/> „ſie <hi rendition="#fr">vaͤterliche Lehre</hi> wird! wer lernt nicht,<lb/> indem er lehret? Wer verſichert ſich nicht ſeiner<lb/> Jdeen, wer muſtert nicht ſeine Worte, indem<lb/> er ſie andern mittheilt, und ſie ſo oft von den Lip-<lb/> pen des Unmuͤndigen ſtammlen hoͤret? Hier ge-<lb/> winnt alſo ſchon die Sprache eine <hi rendition="#fr">Form der<lb/> Kunſt,</hi> der <hi rendition="#fr">Methode!</hi> hier wuͤrde die erſte<lb/> Grammatik, die ein Abdruck der menſchlichen<lb/> Seele, und ihrer natuͤrlichen Logik war, ſchon<lb/> durch eine ſcharfpruͤfende Cenſur berichtigt.</p><lb/> <fw place="bottom" type="sig">M 3</fw> <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#fr">Ronſ-</hi> </fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [181/0187]
davon vertreibet, der nimmt mir nicht blos
mein Leben, wenn ich dieſen Unterhalt nicht
wieder finde; ſondern wuͤrklich auch den Werth
meiner verlebten Jahre, meinen Schweiß,
meine Muͤhe, meine Gedanken, meine Spra-
che — ich habe ſie mir erworben! und ſollte fuͤr
den Erſtling der Menſchheit eine ſolche Signatur
der Seele auf eine Sache, durch Kennenlernen,
durch Merkmal, durch Sprache, nicht mehr Recht
des Eigenthums ſeyn, als ein Stempel in der
Muͤnze?
„Wie viel Ordnung und Ausbildung be-
„kommt die Sprache alſo ſchon eben damit, daß
„ſie vaͤterliche Lehre wird! wer lernt nicht,
indem er lehret? Wer verſichert ſich nicht ſeiner
Jdeen, wer muſtert nicht ſeine Worte, indem
er ſie andern mittheilt, und ſie ſo oft von den Lip-
pen des Unmuͤndigen ſtammlen hoͤret? Hier ge-
winnt alſo ſchon die Sprache eine Form der
Kunſt, der Methode! hier wuͤrde die erſte
Grammatik, die ein Abdruck der menſchlichen
Seele, und ihrer natuͤrlichen Logik war, ſchon
durch eine ſcharfpruͤfende Cenſur berichtigt.
Ronſ-
M 3
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