ausbreitet: es kommt in ein ander Land -- es kommt schon als Volk hinein -- wie weiser! wie sichrer! Viel an Anzahl, mit gehärteten Körpern, mit versuchten Seelen, ja mit dem ganzen Scha- tze von Erfahrungen ihrer Vorfahren beerbt -- wie vielfach also verstärkte und verdoppelte Seelen! Nun sind sie fähig, sich bald zu Landgeschöpfen dieser Gegend zu vervollkommen! sie werden in kurzem so eingebohren, als die Thiere des Clima mit Lebensart, Denkart und Sprache -- beweiset nicht aber eben dies" den natürlichen Fortgang "des menschlichen Geistes, der sich aus einem "gewissen Mittelpunkt zu allem bilden kann." Es kommt nie auf eine Menge bloßer Zahlen, son- dern auf die Gültigkeit und Progreßion ihrer Be- deutung: nie auf eine Menge schwacher Subjekte, sondern auf Kräfte an, mit denen sie würken. Diese würken eben im simpelsten Verhältniß am stärksten; und nur die Bande umfangen also das ganze Geschlecht, die von Einem Punkte der Ver- knüpfung ausgehen.
Jch lasse mich in keine weitere Gründe dieses einstämmigen Ursprungs ein: daß z. E. noch keine
wahren
O
ausbreitet: es kommt in ein ander Land — es kommt ſchon als Volk hinein — wie weiſer! wie ſichrer! Viel an Anzahl, mit gehaͤrteten Koͤrpern, mit verſuchten Seelen, ja mit dem ganzen Scha- tze von Erfahrungen ihrer Vorfahren beerbt — wie vielfach alſo verſtaͤrkte und verdoppelte Seelen! Nun ſind ſie faͤhig, ſich bald zu Landgeſchoͤpfen dieſer Gegend zu vervollkommen! ſie werden in kurzem ſo eingebohren, als die Thiere des Clima mit Lebensart, Denkart und Sprache — beweiſet nicht aber eben dies„ den natuͤrlichen Fortgang „des menſchlichen Geiſtes, der ſich aus einem „gewiſſen Mittelpunkt zu allem bilden kann.„ Es kommt nie auf eine Menge bloßer Zahlen, ſon- dern auf die Guͤltigkeit und Progreßion ihrer Be- deutung: nie auf eine Menge ſchwacher Subjekte, ſondern auf Kraͤfte an, mit denen ſie wuͤrken. Dieſe wuͤrken eben im ſimpelſten Verhaͤltniß am ſtaͤrkſten; und nur die Bande umfangen alſo das ganze Geſchlecht, die von Einem Punkte der Ver- knuͤpfung ausgehen.
Jch laſſe mich in keine weitere Gruͤnde dieſes einſtaͤmmigen Urſprungs ein: daß z. E. noch keine
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[209/0215]
ausbreitet: es kommt in ein ander Land — es
kommt ſchon als Volk hinein — wie weiſer! wie
ſichrer! Viel an Anzahl, mit gehaͤrteten Koͤrpern,
mit verſuchten Seelen, ja mit dem ganzen Scha-
tze von Erfahrungen ihrer Vorfahren beerbt —
wie vielfach alſo verſtaͤrkte und verdoppelte Seelen!
Nun ſind ſie faͤhig, ſich bald zu Landgeſchoͤpfen
dieſer Gegend zu vervollkommen! ſie werden in
kurzem ſo eingebohren, als die Thiere des Clima
mit Lebensart, Denkart und Sprache — beweiſet
nicht aber eben dies„ den natuͤrlichen Fortgang
„des menſchlichen Geiſtes, der ſich aus einem
„gewiſſen Mittelpunkt zu allem bilden kann.„
Es kommt nie auf eine Menge bloßer Zahlen, ſon-
dern auf die Guͤltigkeit und Progreßion ihrer Be-
deutung: nie auf eine Menge ſchwacher Subjekte,
ſondern auf Kraͤfte an, mit denen ſie wuͤrken.
Dieſe wuͤrken eben im ſimpelſten Verhaͤltniß am
ſtaͤrkſten; und nur die Bande umfangen alſo das
ganze Geſchlecht, die von Einem Punkte der Ver-
knuͤpfung ausgehen.
Jch laſſe mich in keine weitere Gruͤnde dieſes
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Herder, Johann Gottfried von: Abhandlung über den Ursprung der Sprache. Berlin, 1772, S. 209. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_abhandlung_1772/215>, abgerufen am 16.02.2025.
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