Herder, Johann Gottfried von: Von Deutscher Art und Kunst. Hamburg, 1773.verfassung, Sitten, Stand der Republi- Alles was Puppe des griechischen Thea- des
verfaſſung, Sitten, Stand der Republi- Alles was Puppe des griechiſchen Thea- des
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0086" n="82"/><hi rendition="#fr">verfaſſung, Sitten, Stand der Republi-<lb/> ken, Tradition der Heldenzeit, Glaube,<lb/> ſelbſt Muſik, Ausdruck Maas der Jlluſi-<lb/> on</hi> wandelte: und natuͤrlich ſchwand auch Stoff<lb/> zu Fabeln, Gelegenheit zu der Bearbeitung,<lb/> Anlaß zu dem Zwecke. Man konnte zwar<lb/> das Uralte, oder gar von andern Nationen<lb/> ein Fremdes herbey holen, und nach der ge-<lb/> gebnen Manier bekleiden: das that Alles aber<lb/> nicht die Wuͤrkung: folglich war in Allem<lb/> auch nicht die Seele: folglich wars auch nicht<lb/> (was ſollen wir mit Worten ſpielen?) das<lb/> Ding mehr. Puppe, Nachbild, Affe, Sta-<lb/> tuͤe, in der nur noch der andaͤchtigſte Kopf<lb/> den Daͤmon finden konnte, der die Statuͤe<lb/> belebte. Laſſet uns gleich (denn die Roͤmer<lb/> waren zu dumm, oder zu klug, oder zu wild<lb/> und unmaͤſſig, um ein voͤllig graͤciſirendes<lb/> Theater zu errichten) zu den neuen Athenien-<lb/> ſern Europens uͤbergehen, und die Sache<lb/> wird, duͤnkt mich, offenbar.</p><lb/> <p>Alles was Puppe des griechiſchen Thea-<lb/> ters iſt, kann ohne Zweifel kaum vollkomm-<lb/> ner gedacht und gemacht werden, als es in<lb/> Frankreich geworden. Jch will nicht blos an<lb/> die ſogenannten Theaterregeln denken, die<lb/> man dem guten Ariſtoteles beymißt, <hi rendition="#fr">Einheit<lb/> der Zeit, des Orts, der Handlung, Bin-<lb/> dung der Scenen, Wahrſcheinlichkeit</hi><lb/> <fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">des</hi></fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [82/0086]
verfaſſung, Sitten, Stand der Republi-
ken, Tradition der Heldenzeit, Glaube,
ſelbſt Muſik, Ausdruck Maas der Jlluſi-
on wandelte: und natuͤrlich ſchwand auch Stoff
zu Fabeln, Gelegenheit zu der Bearbeitung,
Anlaß zu dem Zwecke. Man konnte zwar
das Uralte, oder gar von andern Nationen
ein Fremdes herbey holen, und nach der ge-
gebnen Manier bekleiden: das that Alles aber
nicht die Wuͤrkung: folglich war in Allem
auch nicht die Seele: folglich wars auch nicht
(was ſollen wir mit Worten ſpielen?) das
Ding mehr. Puppe, Nachbild, Affe, Sta-
tuͤe, in der nur noch der andaͤchtigſte Kopf
den Daͤmon finden konnte, der die Statuͤe
belebte. Laſſet uns gleich (denn die Roͤmer
waren zu dumm, oder zu klug, oder zu wild
und unmaͤſſig, um ein voͤllig graͤciſirendes
Theater zu errichten) zu den neuen Athenien-
ſern Europens uͤbergehen, und die Sache
wird, duͤnkt mich, offenbar.
Alles was Puppe des griechiſchen Thea-
ters iſt, kann ohne Zweifel kaum vollkomm-
ner gedacht und gemacht werden, als es in
Frankreich geworden. Jch will nicht blos an
die ſogenannten Theaterregeln denken, die
man dem guten Ariſtoteles beymißt, Einheit
der Zeit, des Orts, der Handlung, Bin-
dung der Scenen, Wahrſcheinlichkeit
des
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