Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Herder, Johann Gottfried von: Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit. Bd. 1. Riga u. a., 1784.

Bild:
<< vorherige Seite

cität gehöret. Träge Wärme mit Feuchtigkeit gemischt,
bringt Heere von Jnsekten und Amphibien hervor; keine je-
ner Wundergestalten der alten Welt, die ganz von regem
Feuer durchglüht sind. Die Muskelkraft eines Löwen, der
Sprung und Blick eines Tigers, die feine Verständigkeit
des Elephanten, das sanfte Wesen der Gazelle, die ver-
schmitzte Bosheit eines afrikanischen oder asiatischen Affen
sind keinem Thier der neuen Welt eigen. Mit Mühe ha-
ben sich diese gleichsam aus dem warmen Schlamm losge-
wunden; diesem fehlts an Zähnen, jenem an Füßen und
Klauen, einem dritten am Schwanz und den meisten an
Größe, Muth und Schnellkraft. Auf den Gebürgen wer-
den sie belebterer Art; sie reichen aber auch nicht an die Thie-
re der alten Welt und die meisten zeigen, daß ihnen in ihrem
zähen oder schuppenartigen Wesen der elektrische Strom
fehlet.

5. Endlich wird es, was wir bei den Pflanzen bemerk-
ten, bei den Thieren vielleicht noch sonderbarere Erscheinun-
gen geben; nemlich ihre oft widersinnige Art und ihr lang-
sames Gewöhnen an ein fremdes zumal antipodisches Clima.
Der amerikanische Bär, den Linne' beschrieben *), hielt auch

in
*) Abhandl. der schwed. Akad. der Wissensch. B. 9. S. 300.

citaͤt gehoͤret. Traͤge Waͤrme mit Feuchtigkeit gemiſcht,
bringt Heere von Jnſekten und Amphibien hervor; keine je-
ner Wundergeſtalten der alten Welt, die ganz von regem
Feuer durchgluͤht ſind. Die Muskelkraft eines Loͤwen, der
Sprung und Blick eines Tigers, die feine Verſtaͤndigkeit
des Elephanten, das ſanfte Weſen der Gazelle, die ver-
ſchmitzte Bosheit eines afrikaniſchen oder aſiatiſchen Affen
ſind keinem Thier der neuen Welt eigen. Mit Muͤhe ha-
ben ſich dieſe gleichſam aus dem warmen Schlamm losge-
wunden; dieſem fehlts an Zaͤhnen, jenem an Fuͤßen und
Klauen, einem dritten am Schwanz und den meiſten an
Groͤße, Muth und Schnellkraft. Auf den Gebuͤrgen wer-
den ſie belebterer Art; ſie reichen aber auch nicht an die Thie-
re der alten Welt und die meiſten zeigen, daß ihnen in ihrem
zaͤhen oder ſchuppenartigen Weſen der elektriſche Strom
fehlet.

5. Endlich wird es, was wir bei den Pflanzen bemerk-
ten, bei den Thieren vielleicht noch ſonderbarere Erſcheinun-
gen geben; nemlich ihre oft widerſinnige Art und ihr lang-
ſames Gewoͤhnen an ein fremdes zumal antipodiſches Clima.
Der amerikaniſche Baͤr, den Linne' beſchrieben *), hielt auch

in
*) Abhandl. der ſchwed. Akad. der Wiſſenſch. B. 9. S. 300.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0108" n="86"/>
cita&#x0364;t geho&#x0364;ret. Tra&#x0364;ge Wa&#x0364;rme mit Feuchtigkeit gemi&#x017F;cht,<lb/>
bringt Heere von Jn&#x017F;ekten und Amphibien hervor; keine je-<lb/>
ner Wunderge&#x017F;talten der alten Welt, die ganz von regem<lb/>
Feuer durchglu&#x0364;ht &#x017F;ind. Die Muskelkraft eines Lo&#x0364;wen, der<lb/>
Sprung und Blick eines Tigers, die feine Ver&#x017F;ta&#x0364;ndigkeit<lb/>
des Elephanten, das &#x017F;anfte We&#x017F;en der Gazelle, die ver-<lb/>
&#x017F;chmitzte Bosheit eines afrikani&#x017F;chen oder a&#x017F;iati&#x017F;chen Affen<lb/>
&#x017F;ind keinem Thier der neuen Welt eigen. Mit Mu&#x0364;he ha-<lb/>
ben &#x017F;ich die&#x017F;e gleich&#x017F;am aus dem warmen Schlamm losge-<lb/>
wunden; die&#x017F;em fehlts an Za&#x0364;hnen, jenem an Fu&#x0364;ßen und<lb/>
Klauen, einem dritten am Schwanz und den mei&#x017F;ten an<lb/>
Gro&#x0364;ße, Muth und Schnellkraft. Auf den Gebu&#x0364;rgen wer-<lb/>
den &#x017F;ie belebterer Art; &#x017F;ie reichen aber auch nicht an die Thie-<lb/>
re der alten Welt und die mei&#x017F;ten zeigen, daß ihnen in ihrem<lb/>
za&#x0364;hen oder &#x017F;chuppenartigen We&#x017F;en der elektri&#x017F;che Strom<lb/>
fehlet.</p><lb/>
          <p>5. Endlich wird es, was wir bei den Pflanzen bemerk-<lb/>
ten, bei den Thieren vielleicht noch &#x017F;onderbarere Er&#x017F;cheinun-<lb/>
gen geben; nemlich ihre oft wider&#x017F;innige Art und ihr lang-<lb/>
&#x017F;ames Gewo&#x0364;hnen an ein fremdes zumal antipodi&#x017F;ches Clima.<lb/>
Der amerikani&#x017F;che Ba&#x0364;r, den Linne' be&#x017F;chrieben <note place="foot" n="*)">Abhandl. der &#x017F;chwed. Akad. der Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;ch. B. 9. S. 300.</note>, hielt auch<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">in</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[86/0108] citaͤt gehoͤret. Traͤge Waͤrme mit Feuchtigkeit gemiſcht, bringt Heere von Jnſekten und Amphibien hervor; keine je- ner Wundergeſtalten der alten Welt, die ganz von regem Feuer durchgluͤht ſind. Die Muskelkraft eines Loͤwen, der Sprung und Blick eines Tigers, die feine Verſtaͤndigkeit des Elephanten, das ſanfte Weſen der Gazelle, die ver- ſchmitzte Bosheit eines afrikaniſchen oder aſiatiſchen Affen ſind keinem Thier der neuen Welt eigen. Mit Muͤhe ha- ben ſich dieſe gleichſam aus dem warmen Schlamm losge- wunden; dieſem fehlts an Zaͤhnen, jenem an Fuͤßen und Klauen, einem dritten am Schwanz und den meiſten an Groͤße, Muth und Schnellkraft. Auf den Gebuͤrgen wer- den ſie belebterer Art; ſie reichen aber auch nicht an die Thie- re der alten Welt und die meiſten zeigen, daß ihnen in ihrem zaͤhen oder ſchuppenartigen Weſen der elektriſche Strom fehlet. 5. Endlich wird es, was wir bei den Pflanzen bemerk- ten, bei den Thieren vielleicht noch ſonderbarere Erſcheinun- gen geben; nemlich ihre oft widerſinnige Art und ihr lang- ſames Gewoͤhnen an ein fremdes zumal antipodiſches Clima. Der amerikaniſche Baͤr, den Linne' beſchrieben *), hielt auch in *) Abhandl. der ſchwed. Akad. der Wiſſenſch. B. 9. S. 300.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_geschichte01_1784
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_geschichte01_1784/108
Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit. Bd. 1. Riga u. a., 1784, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_geschichte01_1784/108>, abgerufen am 21.11.2024.