wird durch die Elektrieität befördert. Noch auf Thiere und Menschen hat jener Strom Wirkung; und nicht nur auf die gröbern Theile ihrer Maschinen etwa, sondern selbst wo die- se zunächst an die Seele gränzen. Die Nerven, von einem Wesen belebt, dessen Gesetze beinahe schon über die Materie hinaus sind, da es mit einer Art Allgegenwart wirket, sind noch von der elektrischen Kraft im Körper berührbar. Kurz, die Natur gab ihren lebendigen Kindern das beste, was sie ihnen geben konnte, eine organische Aehnlichkeit ihrer eignen schaffenden Kraft, belebende Wärme. Durch solche und solche Organe erzeuget sich das Geschöpf aus dem todten Pflanzenleben lebendigen Reiz und aus der Summe dieses, durch feinere Kanäle geläutert, das Medium der Em- pfindung. Das Resultat der Reize wird Trieb; das Re- sultat der Empfindungen, Gedanke: ein ewiger Fortgang von organischer Schöpfung, der in jedes lebendige Geschöpf gelegt ward. Mit der organischen Wärme desselben, (nicht eben wie sie für unsre groben Kunstwerkzeuge von aussen fühl- bar ist) nimmt auch die Vollkommenheit seiner Gattung, wahrscheinlich also auch seine Fähigkeit zu einem feinern Ge- fühl des Wohlseyns zu, in dessen alles durchgehenden Strom die allerwärmende, allbelebende, allgeniessende Mutter sich selbst fühlet.
Zwei-
wird durch die Elektrieitaͤt befoͤrdert. Noch auf Thiere und Menſchen hat jener Strom Wirkung; und nicht nur auf die groͤbern Theile ihrer Maſchinen etwa, ſondern ſelbſt wo die- ſe zunaͤchſt an die Seele graͤnzen. Die Nerven, von einem Weſen belebt, deſſen Geſetze beinahe ſchon uͤber die Materie hinaus ſind, da es mit einer Art Allgegenwart wirket, ſind noch von der elektriſchen Kraft im Koͤrper beruͤhrbar. Kurz, die Natur gab ihren lebendigen Kindern das beſte, was ſie ihnen geben konnte, eine organiſche Aehnlichkeit ihrer eignen ſchaffenden Kraft, belebende Waͤrme. Durch ſolche und ſolche Organe erzeuget ſich das Geſchoͤpf aus dem todten Pflanzenleben lebendigen Reiz und aus der Summe dieſes, durch feinere Kanaͤle gelaͤutert, das Medium der Em- pfindung. Das Reſultat der Reize wird Trieb; das Re- ſultat der Empfindungen, Gedanke: ein ewiger Fortgang von organiſcher Schoͤpfung, der in jedes lebendige Geſchoͤpf gelegt ward. Mit der organiſchen Waͤrme deſſelben, (nicht eben wie ſie fuͤr unſre groben Kunſtwerkzeuge von auſſen fuͤhl- bar iſt) nimmt auch die Vollkommenheit ſeiner Gattung, wahrſcheinlich alſo auch ſeine Faͤhigkeit zu einem feinern Ge- fuͤhl des Wohlſeyns zu, in deſſen alles durchgehenden Strom die allerwaͤrmende, allbelebende, allgenieſſende Mutter ſich ſelbſt fuͤhlet.
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wird durch die Elektrieitaͤt befoͤrdert. Noch auf Thiere und
Menſchen hat jener Strom Wirkung; und nicht nur auf die
groͤbern Theile ihrer Maſchinen etwa, ſondern ſelbſt wo die-
ſe zunaͤchſt an die Seele graͤnzen. Die Nerven, von einem
Weſen belebt, deſſen Geſetze beinahe ſchon uͤber die Materie
hinaus ſind, da es mit einer Art Allgegenwart wirket, ſind
noch von der elektriſchen Kraft im Koͤrper beruͤhrbar. Kurz,
die Natur gab ihren lebendigen Kindern das beſte, was ſie
ihnen geben konnte, eine organiſche Aehnlichkeit ihrer
eignen ſchaffenden Kraft, belebende Waͤrme. Durch
ſolche und ſolche Organe erzeuget ſich das Geſchoͤpf aus dem
todten Pflanzenleben lebendigen Reiz und aus der Summe
dieſes, durch feinere Kanaͤle gelaͤutert, das Medium der Em-
pfindung. Das Reſultat der Reize wird Trieb; das Re-
ſultat der Empfindungen, Gedanke: ein ewiger Fortgang
von organiſcher Schoͤpfung, der in jedes lebendige Geſchoͤpf
gelegt ward. Mit der organiſchen Waͤrme deſſelben, (nicht
eben wie ſie fuͤr unſre groben Kunſtwerkzeuge von auſſen fuͤhl-
bar iſt) nimmt auch die Vollkommenheit ſeiner Gattung,
wahrſcheinlich alſo auch ſeine Faͤhigkeit zu einem feinern Ge-
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allerwaͤrmende, allbelebende, allgenieſſende Mutter ſich ſelbſt
fuͤhlet.
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Herder, Johann Gottfried von: Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit. Bd. 1. Riga u. a., 1784, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_geschichte01_1784/128>, abgerufen am 21.11.2024.
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