6. Selbst bei Thieren von wärmerem Blut hat man bemerkt, daß in Verbindung mit den Nerven ihr Fleisch sich träger bewege und ihr Eingeweide dagegen heftigere Wir- kungen des Reizes zeige, wenn das Thier todt ist. Jm To- de werden die Zuckungen stärker in dem Maas als die Em- pfindung abnimmt und ein Muskel, der seine Reizbarkeit be- reits verlohren, erlangt solche wieder, wenn man ihn in Stücke zerschneidet. Je Nervenreicher also das Geschöpf ist, desto mehr scheints von der zähen Lebenskraft zu verlie- ren, die nur mit Mühe abstirbt. Die Reproductionskräfte einzelner, geschweige so vielartiger Glieder als Haupt, Hän- de, Füße sind, verlieren sich bey den sogenannten vollkomme- nern Geschöpfen; kaum daß sich bei ihnen in gewissen Jah- ren noch ein Zahn ersetzt oder ein Beinbruch und eine Wun- de ergänzet. Dagegen steigen die Empfindungen und Vor- stellungen in diesen Classen so merklich, bis sie sich endlich im Menschen auf die für eine Erdorganisation feineste und höch- ste Weise zur Vernunft sammlen.
Dörfen wir aus diesen Jnductionen, die noch viel mehr ins Einzelne geleitet werden könnten, einige Resultate samm- len; so wären es folgende:
1. Bei
O. 2
6. Selbſt bei Thieren von waͤrmerem Blut hat man bemerkt, daß in Verbindung mit den Nerven ihr Fleiſch ſich traͤger bewege und ihr Eingeweide dagegen heftigere Wir- kungen des Reizes zeige, wenn das Thier todt iſt. Jm To- de werden die Zuckungen ſtaͤrker in dem Maas als die Em- pfindung abnimmt und ein Muskel, der ſeine Reizbarkeit be- reits verlohren, erlangt ſolche wieder, wenn man ihn in Stuͤcke zerſchneidet. Je Nervenreicher alſo das Geſchoͤpf iſt, deſto mehr ſcheints von der zaͤhen Lebenskraft zu verlie- ren, die nur mit Muͤhe abſtirbt. Die Reproductionskraͤfte einzelner, geſchweige ſo vielartiger Glieder als Haupt, Haͤn- de, Fuͤße ſind, verlieren ſich bey den ſogenannten vollkomme- nern Geſchoͤpfen; kaum daß ſich bei ihnen in gewiſſen Jah- ren noch ein Zahn erſetzt oder ein Beinbruch und eine Wun- de ergaͤnzet. Dagegen ſteigen die Empfindungen und Vor- ſtellungen in dieſen Claſſen ſo merklich, bis ſie ſich endlich im Menſchen auf die fuͤr eine Erdorganiſation feineſte und hoͤch- ſte Weiſe zur Vernunft ſammlen.
Doͤrfen wir aus dieſen Jnductionen, die noch viel mehr ins Einzelne geleitet werden koͤnnten, einige Reſultate ſamm- len; ſo waͤren es folgende:
1. Bei
O. 2
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6. Selbſt bei Thieren von waͤrmerem Blut hat man
bemerkt, daß in Verbindung mit den Nerven ihr Fleiſch ſich
traͤger bewege und ihr Eingeweide dagegen heftigere Wir-
kungen des Reizes zeige, wenn das Thier todt iſt. Jm To-
de werden die Zuckungen ſtaͤrker in dem Maas als die Em-
pfindung abnimmt und ein Muskel, der ſeine Reizbarkeit be-
reits verlohren, erlangt ſolche wieder, wenn man ihn in
Stuͤcke zerſchneidet. Je Nervenreicher alſo das Geſchoͤpf
iſt, deſto mehr ſcheints von der zaͤhen Lebenskraft zu verlie-
ren, die nur mit Muͤhe abſtirbt. Die Reproductionskraͤfte
einzelner, geſchweige ſo vielartiger Glieder als Haupt, Haͤn-
de, Fuͤße ſind, verlieren ſich bey den ſogenannten vollkomme-
nern Geſchoͤpfen; kaum daß ſich bei ihnen in gewiſſen Jah-
ren noch ein Zahn erſetzt oder ein Beinbruch und eine Wun-
de ergaͤnzet. Dagegen ſteigen die Empfindungen und Vor-
ſtellungen in dieſen Claſſen ſo merklich, bis ſie ſich endlich im
Menſchen auf die fuͤr eine Erdorganiſation feineſte und hoͤch-
ſte Weiſe zur Vernunft ſammlen.
Doͤrfen wir aus dieſen Jnductionen, die noch viel mehr
ins Einzelne geleitet werden koͤnnten, einige Reſultate ſamm-
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1. Bei
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Herder, Johann Gottfried von: Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit. Bd. 1. Riga u. a., 1784, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_geschichte01_1784/145>, abgerufen am 21.11.2024.
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