seine Tag- und Nachtzeit in weniger als 10 Stunden zurück- legt: wenn der alte Saturn, dem das Licht der Sonne 100- mal schwächer scheinet, kaum in 30 Jahren um die Sonne kommt und abermals sich vielleicht in 7 Stunden um seine Axe drehet; so sind wir mittlere Planeten, Erde, Mars und Venus, von mittlerer Natur. Unser Tag ist wenig von einander, von den Tagen der andern aber so sehr ver- schieden, als umgekehrt unsre Jahre. Auch der Tag der Venus ist beinah 24 Stunden; des Mars nicht 25 lang. Das Jahr der ersten ist von 224, des letzten von 1 Jahr und 322 Tagen, ob er gleich 3 1/2 mal kleiner als die Erde und um mehr als die Hälfte von der Sonne entfernt ist; weiterhin gehen die Verhältniße der Größe, des Umschwungs, der Entfernung kühn auseinander. Auf Einen der drei Mit- telplaneten hat uns also die Natur gesetzt, auf denen auch ein mittleres Verhältniß und eine abgewognere Proportion so wie der Zeiten und Räume, so vielleicht auch der Bildung ihrer Geschöpfe zu herrschen scheinet. Das Verhältniß un- srer Materie zu unserm Geist ist vielleicht so aufwiegend ge- gen einander, als die Länge unsrer Tag und Nächte. Un- sre Gedankenschnelligkeit ist vielleicht im Maas des Umschwun- ges unsres Planeten um sich selbst und um die Sonne zu der Schnelligkeit oder Langsamkeit andrer Sterne; so wie un- sre Sinne offenbar im Verhältniß der Feinheit von Organi-
sation
ſeine Tag- und Nachtzeit in weniger als 10 Stunden zuruͤck- legt: wenn der alte Saturn, dem das Licht der Sonne 100- mal ſchwaͤcher ſcheinet, kaum in 30 Jahren um die Sonne kommt und abermals ſich vielleicht in 7 Stunden um ſeine Axe drehet; ſo ſind wir mittlere Planeten, Erde, Mars und Venus, von mittlerer Natur. Unſer Tag iſt wenig von einander, von den Tagen der andern aber ſo ſehr ver- ſchieden, als umgekehrt unſre Jahre. Auch der Tag der Venus iſt beinah 24 Stunden; des Mars nicht 25 lang. Das Jahr der erſten iſt von 224, des letzten von 1 Jahr und 322 Tagen, ob er gleich 3 ½ mal kleiner als die Erde und um mehr als die Haͤlfte von der Sonne entfernt iſt; weiterhin gehen die Verhaͤltniße der Groͤße, des Umſchwungs, der Entfernung kuͤhn auseinander. Auf Einen der drei Mit- telplaneten hat uns alſo die Natur geſetzt, auf denen auch ein mittleres Verhaͤltniß und eine abgewognere Proportion ſo wie der Zeiten und Raͤume, ſo vielleicht auch der Bildung ihrer Geſchoͤpfe zu herrſchen ſcheinet. Das Verhaͤltniß un- ſrer Materie zu unſerm Geiſt iſt vielleicht ſo aufwiegend ge- gen einander, als die Laͤnge unſrer Tag und Naͤchte. Un- ſre Gedankenſchnelligkeit iſt vielleicht im Maas des Umſchwun- ges unſres Planeten um ſich ſelbſt und um die Sonne zu der Schnelligkeit oder Langſamkeit andrer Sterne; ſo wie un- ſre Sinne offenbar im Verhaͤltniß der Feinheit von Organi-
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ſeine Tag- und Nachtzeit in weniger als 10 Stunden zuruͤck-
legt: wenn der alte Saturn, dem das Licht der Sonne 100-
mal ſchwaͤcher ſcheinet, kaum in 30 Jahren um die Sonne
kommt und abermals ſich vielleicht in 7 Stunden um ſeine
Axe drehet; ſo ſind wir mittlere Planeten, Erde, Mars
und Venus, von mittlerer Natur. Unſer Tag iſt wenig
von einander, von den Tagen der andern aber ſo ſehr ver-
ſchieden, als umgekehrt unſre Jahre. Auch der Tag der
Venus iſt beinah 24 Stunden; des Mars nicht 25 lang.
Das Jahr der erſten iſt von 224, des letzten von 1 Jahr
und 322 Tagen, ob er gleich 3 ½ mal kleiner als die Erde
und um mehr als die Haͤlfte von der Sonne entfernt iſt;
weiterhin gehen die Verhaͤltniße der Groͤße, des Umſchwungs,
der Entfernung kuͤhn auseinander. Auf Einen der drei Mit-
telplaneten hat uns alſo die Natur geſetzt, auf denen auch
ein mittleres Verhaͤltniß und eine abgewognere Proportion
ſo wie der Zeiten und Raͤume, ſo vielleicht auch der Bildung
ihrer Geſchoͤpfe zu herrſchen ſcheinet. Das Verhaͤltniß un-
ſrer Materie zu unſerm Geiſt iſt vielleicht ſo aufwiegend ge-
gen einander, als die Laͤnge unſrer Tag und Naͤchte. Un-
ſre Gedankenſchnelligkeit iſt vielleicht im Maas des Umſchwun-
ges unſres Planeten um ſich ſelbſt und um die Sonne zu der
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Herder, Johann Gottfried von: Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit. Bd. 1. Riga u. a., 1784, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_geschichte01_1784/34>, abgerufen am 21.11.2024.
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