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Herder, Johann Gottfried von: Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit. Bd. 1. Riga u. a., 1784.

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auf mehr als Einem andern Stern das Loos und der Fort-
schritt unsres Schicksals seyn könnte, oder daß es endlich viel-
leicht gar unsre Bestimmung wäre, mit allen zur Reife ge-
langten Geschöpfen so vieler und verschiedener Schwester-
welten Umgang zu pflegen. Wie bei uns unsere Gedanken
und Kräfte offenbar nur aus unsrer Erd-Organisation
keimen und sich so lange zu verändern und zu verwan-
deln streben, bis sie etwa zu der Reinigkeit und Fein-
heit gediehen sind, die diese unsre Schöpfuug gewähren
kann: so wirds, wenn die Analogie unsre Führerin seyn darf,
auf andern Sternen nicht anders seyn; und welche rei-
che Harmonie lässet sich gedenken, wenn so verschieden ge-
bildete Wesen alle zu Einem Ziel wallen (c) und sich ein-
ander ihre Empfindungen und Erfahrungen mittheilen. Un-
ser Verstand ist nur ein Verstand der Erde, aus Sinnlich-
keiten, die uns hier umgeben, allmälich gebildet: so ists
auch mit den Trieben und Neigungen unsres Herzens; eine
andre Welt kennet ihre äußerlichen Hülfsmittel und Hinder-
nisse wahrscheinlich nicht. Aber die letzten Resultate dersel-
ben sollte sie nicht kennen? Gewiß! alle Radien streben auch
hier zum Mittelpunkt des Kreises. Der reine Verstand

kann
(c) Von der Sonne als einem vielleicht bewohnbaren Körper s. Bo-
dens Gedanken über die Natur der Sonne in den Beschäftig.
der berlinschen Gesellsch. naturforschender Freunde B. 2. S. 225.

auf mehr als Einem andern Stern das Loos und der Fort-
ſchritt unſres Schickſals ſeyn koͤnnte, oder daß es endlich viel-
leicht gar unſre Beſtimmung waͤre, mit allen zur Reife ge-
langten Geſchoͤpfen ſo vieler und verſchiedener Schweſter-
welten Umgang zu pflegen. Wie bei uns unſere Gedanken
und Kraͤfte offenbar nur aus unſrer Erd-Organiſation
keimen und ſich ſo lange zu veraͤndern und zu verwan-
deln ſtreben, bis ſie etwa zu der Reinigkeit und Fein-
heit gediehen ſind, die dieſe unſre Schoͤpfuug gewaͤhren
kann: ſo wirds, wenn die Analogie unſre Fuͤhrerin ſeyn darf,
auf andern Sternen nicht anders ſeyn; und welche rei-
che Harmonie laͤſſet ſich gedenken, wenn ſo verſchieden ge-
bildete Weſen alle zu Einem Ziel wallen (c) und ſich ein-
ander ihre Empfindungen und Erfahrungen mittheilen. Un-
ſer Verſtand iſt nur ein Verſtand der Erde, aus Sinnlich-
keiten, die uns hier umgeben, allmaͤlich gebildet: ſo iſts
auch mit den Trieben und Neigungen unſres Herzens; eine
andre Welt kennet ihre aͤußerlichen Huͤlfsmittel und Hinder-
niſſe wahrſcheinlich nicht. Aber die letzten Reſultate derſel-
ben ſollte ſie nicht kennen? Gewiß! alle Radien ſtreben auch
hier zum Mittelpunkt des Kreiſes. Der reine Verſtand

kann
(c) Von der Sonne als einem vielleicht bewohnbaren Koͤrper ſ. Bo-
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der berlinſchen Geſellſch. naturforſchender Freunde B. 2. S. 225.
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[14/0036] auf mehr als Einem andern Stern das Loos und der Fort- ſchritt unſres Schickſals ſeyn koͤnnte, oder daß es endlich viel- leicht gar unſre Beſtimmung waͤre, mit allen zur Reife ge- langten Geſchoͤpfen ſo vieler und verſchiedener Schweſter- welten Umgang zu pflegen. Wie bei uns unſere Gedanken und Kraͤfte offenbar nur aus unſrer Erd-Organiſation keimen und ſich ſo lange zu veraͤndern und zu verwan- deln ſtreben, bis ſie etwa zu der Reinigkeit und Fein- heit gediehen ſind, die dieſe unſre Schoͤpfuug gewaͤhren kann: ſo wirds, wenn die Analogie unſre Fuͤhrerin ſeyn darf, auf andern Sternen nicht anders ſeyn; und welche rei- che Harmonie laͤſſet ſich gedenken, wenn ſo verſchieden ge- bildete Weſen alle zu Einem Ziel wallen (c) und ſich ein- ander ihre Empfindungen und Erfahrungen mittheilen. Un- ſer Verſtand iſt nur ein Verſtand der Erde, aus Sinnlich- keiten, die uns hier umgeben, allmaͤlich gebildet: ſo iſts auch mit den Trieben und Neigungen unſres Herzens; eine andre Welt kennet ihre aͤußerlichen Huͤlfsmittel und Hinder- niſſe wahrſcheinlich nicht. Aber die letzten Reſultate derſel- ben ſollte ſie nicht kennen? Gewiß! alle Radien ſtreben auch hier zum Mittelpunkt des Kreiſes. Der reine Verſtand kann (c) Von der Sonne als einem vielleicht bewohnbaren Koͤrper ſ. Bo- dens Gedanken uͤber die Natur der Sonne in den Beſchaͤftig. der berlinſchen Geſellſch. naturforſchender Freunde B. 2. S. 225.

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Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit. Bd. 1. Riga u. a., 1784, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_geschichte01_1784/36>, abgerufen am 21.11.2024.