kann überall nur Verstand seyn, von welchen Sinnlichkeiten er auch abgezogen worden; die Energie des Herzens wird überall dieselbe Tüchtigkeit d. i. Tugend seyn, an welchen Gegenständen sie sich auch geübet habe. Also ringet wahr- scheinlich auch hier die größeste Mannichfaltigkeit zur Ein- heit und die allumfassende Natur wird ein Ziel haben, wo sie die edelste Bestrebungen so vielartiger Geschöpfe vereini- ge und die Blüten aller Welt gleichsam in einen Garten sammle. Was physisch vereinigt ist; warum sollte es nicht auch geistig und moralisch vereinigt seyn? da Geist und Moralität auch Physik sind und denselben Gesetzen, die doch zuletzt alle vom Sonnensystem abhangen, nur in einer hö- hern Ordnung dienen. Wäre es mir also erlaubt, die all- gemeine Beschaffenheit der mancherlei Planeten auch in der Organisation und im Leben ihrer Bewohner mit den ver- schiednen Farben eines Sonnenstrals oder mit den verschied- nen Tönen einer Tonleiter zu vergleichen: so würde ich sa- gen, daß sich vielleicht das Licht der Einen Sonne des Wah- ren und Guten auch auf jeden Planeten verschieden breche; so daß sich noch keiner derselben ihres ganzen Genusses rüh- men könnte. Nur weil Eine Sonne sie alle erleuchtet und sie alle auf Einem Plan der Bildung schweben: so ist zu hof- fen, sie kommen alle, jeder auf seinem Wege, der Vollkom- menheit näher und vereinigen sich einst vielleicht, nach man-
cherlei
kann uͤberall nur Verſtand ſeyn, von welchen Sinnlichkeiten er auch abgezogen worden; die Energie des Herzens wird uͤberall dieſelbe Tuͤchtigkeit d. i. Tugend ſeyn, an welchen Gegenſtaͤnden ſie ſich auch geuͤbet habe. Alſo ringet wahr- ſcheinlich auch hier die groͤßeſte Mannichfaltigkeit zur Ein- heit und die allumfaſſende Natur wird ein Ziel haben, wo ſie die edelſte Beſtrebungen ſo vielartiger Geſchoͤpfe vereini- ge und die Bluͤten aller Welt gleichſam in einen Garten ſammle. Was phyſiſch vereinigt iſt; warum ſollte es nicht auch geiſtig und moraliſch vereinigt ſeyn? da Geiſt und Moralitaͤt auch Phyſik ſind und denſelben Geſetzen, die doch zuletzt alle vom Sonnenſyſtem abhangen, nur in einer hoͤ- hern Ordnung dienen. Waͤre es mir alſo erlaubt, die all- gemeine Beſchaffenheit der mancherlei Planeten auch in der Organiſation und im Leben ihrer Bewohner mit den ver- ſchiednen Farben eines Sonnenſtrals oder mit den verſchied- nen Toͤnen einer Tonleiter zu vergleichen: ſo wuͤrde ich ſa- gen, daß ſich vielleicht das Licht der Einen Sonne des Wah- ren und Guten auch auf jeden Planeten verſchieden breche; ſo daß ſich noch keiner derſelben ihres ganzen Genuſſes ruͤh- men koͤnnte. Nur weil Eine Sonne ſie alle erleuchtet und ſie alle auf Einem Plan der Bildung ſchweben: ſo iſt zu hof- fen, ſie kommen alle, jeder auf ſeinem Wege, der Vollkom- menheit naͤher und vereinigen ſich einſt vielleicht, nach man-
cherlei
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kann uͤberall nur Verſtand ſeyn, von welchen Sinnlichkeiten
er auch abgezogen worden; die Energie des Herzens wird
uͤberall dieſelbe Tuͤchtigkeit d. i. Tugend ſeyn, an welchen
Gegenſtaͤnden ſie ſich auch geuͤbet habe. Alſo ringet wahr-
ſcheinlich auch hier die groͤßeſte Mannichfaltigkeit zur Ein-
heit und die allumfaſſende Natur wird ein Ziel haben, wo
ſie die edelſte Beſtrebungen ſo vielartiger Geſchoͤpfe vereini-
ge und die Bluͤten aller Welt gleichſam in einen Garten
ſammle. Was phyſiſch vereinigt iſt; warum ſollte es nicht
auch geiſtig und moraliſch vereinigt ſeyn? da Geiſt und
Moralitaͤt auch Phyſik ſind und denſelben Geſetzen, die doch
zuletzt alle vom Sonnenſyſtem abhangen, nur in einer hoͤ-
hern Ordnung dienen. Waͤre es mir alſo erlaubt, die all-
gemeine Beſchaffenheit der mancherlei Planeten auch in der
Organiſation und im Leben ihrer Bewohner mit den ver-
ſchiednen Farben eines Sonnenſtrals oder mit den verſchied-
nen Toͤnen einer Tonleiter zu vergleichen: ſo wuͤrde ich ſa-
gen, daß ſich vielleicht das Licht der Einen Sonne des Wah-
ren und Guten auch auf jeden Planeten verſchieden breche;
ſo daß ſich noch keiner derſelben ihres ganzen Genuſſes ruͤh-
men koͤnnte. Nur weil Eine Sonne ſie alle erleuchtet und
ſie alle auf Einem Plan der Bildung ſchweben: ſo iſt zu hof-
fen, ſie kommen alle, jeder auf ſeinem Wege, der Vollkom-
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Herder, Johann Gottfried von: Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit. Bd. 1. Riga u. a., 1784, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_geschichte01_1784/37>, abgerufen am 21.11.2024.
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