Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Herder, Johann Gottfried von: Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit. Bd. 1. Riga u. a., 1784.

Bild:
<< vorherige Seite

Mich dünkt, wir gehen einer neuen Welt von Kenntnis-
sen entgegen, wenn sich die Beobachtungen, die Boile, Bör-
have, Hales, Gravesand, Franklin, Priestlei, Black,
Crawfort, Wilson, Achard
u. a. über Hitze und Kälte,
Elektricität und Luftarten, samt andern chemischen Wesen
und ihren Einflüssen ins Erd- und Pflanzenreich, in Thiere
und Menschen gemacht haben, zu Einem Natursystem samm-
len werden. Würden mit der Zeit diese Beobachtungen so
vielfach und allgemein als die zunehmende Erkänntniß meh-
rerer Erdstriche und Erdprodukte zuläßt, bis das wachsende
Studium der Natur gleichsam eine allverbreitete freie Aka-
demie stiftete, die sich mit vertheilter Aufmerksamkeit, aber in
Einem Geist des Wahren, Sichern, Nützlichen und Schö-
nen die Einflüsse dieser Wesen hie und da, auf Dies und
Jenes bemerkte: so werden wir endlich eine geographische
Aerologie erhalten und dies große Treibhaus der Natur in
tausend Veränderung nach einerley Grundgesetzen wirken
sehen. Die Bildung der Menschen an Körper und Geist
wird sich mit daraus erklären; zu deren Gemälde uns jetzt
nur einzelne jedoch zum Theil sehr deutliche Schattenzüge
gegeben sind.

Aber die Erde ist nicht allein da im Universum; auch
auf ihre Atmospäre, auf dies große Behältniß wirkender

Kräfte

Mich duͤnkt, wir gehen einer neuen Welt von Kenntniſ-
ſen entgegen, wenn ſich die Beobachtungen, die Boile, Boͤr-
have, Hales, Graveſand, Franklin, Prieſtlei, Black,
Crawfort, Wilſon, Achard
u. a. uͤber Hitze und Kaͤlte,
Elektricitaͤt und Luftarten, ſamt andern chemiſchen Weſen
und ihren Einfluͤſſen ins Erd- und Pflanzenreich, in Thiere
und Menſchen gemacht haben, zu Einem Naturſyſtem ſamm-
len werden. Wuͤrden mit der Zeit dieſe Beobachtungen ſo
vielfach und allgemein als die zunehmende Erkaͤnntniß meh-
rerer Erdſtriche und Erdprodukte zulaͤßt, bis das wachſende
Studium der Natur gleichſam eine allverbreitete freie Aka-
demie ſtiftete, die ſich mit vertheilter Aufmerkſamkeit, aber in
Einem Geiſt des Wahren, Sichern, Nuͤtzlichen und Schoͤ-
nen die Einfluͤſſe dieſer Weſen hie und da, auf Dies und
Jenes bemerkte: ſo werden wir endlich eine geographiſche
Aerologie erhalten und dies große Treibhaus der Natur in
tauſend Veraͤnderung nach einerley Grundgeſetzen wirken
ſehen. Die Bildung der Menſchen an Koͤrper und Geiſt
wird ſich mit daraus erklaͤren; zu deren Gemaͤlde uns jetzt
nur einzelne jedoch zum Theil ſehr deutliche Schattenzuͤge
gegeben ſind.

Aber die Erde iſt nicht allein da im Univerſum; auch
auf ihre Atmoſpaͤre, auf dies große Behaͤltniß wirkender

Kraͤfte
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0054" n="32"/>
          <p>Mich du&#x0364;nkt, wir gehen einer neuen Welt von Kenntni&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en entgegen, wenn &#x017F;ich die Beobachtungen, die <hi rendition="#fr">Boile, Bo&#x0364;r-<lb/>
have, Hales, Grave&#x017F;and, Franklin, Prie&#x017F;tlei, Black,<lb/>
Crawfort, Wil&#x017F;on, Achard</hi> u. a. u&#x0364;ber Hitze und Ka&#x0364;lte,<lb/>
Elektricita&#x0364;t und Luftarten, &#x017F;amt andern chemi&#x017F;chen We&#x017F;en<lb/>
und ihren Einflu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en ins Erd- und Pflanzenreich, in Thiere<lb/>
und Men&#x017F;chen gemacht haben, zu Einem Natur&#x017F;y&#x017F;tem &#x017F;amm-<lb/>
len werden. Wu&#x0364;rden mit der Zeit die&#x017F;e Beobachtungen &#x017F;o<lb/>
vielfach und allgemein als die zunehmende Erka&#x0364;nntniß meh-<lb/>
rerer Erd&#x017F;triche und Erdprodukte zula&#x0364;ßt, bis das wach&#x017F;ende<lb/>
Studium der Natur gleich&#x017F;am eine allverbreitete freie Aka-<lb/>
demie &#x017F;tiftete, die &#x017F;ich mit vertheilter Aufmerk&#x017F;amkeit, aber in<lb/>
Einem Gei&#x017F;t des Wahren, Sichern, Nu&#x0364;tzlichen und Scho&#x0364;-<lb/>
nen die Einflu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e die&#x017F;er We&#x017F;en hie und da, auf Dies und<lb/>
Jenes bemerkte: &#x017F;o werden wir endlich eine geographi&#x017F;che<lb/>
Aerologie erhalten und dies große Treibhaus der Natur in<lb/>
tau&#x017F;end Vera&#x0364;nderung nach einerley Grundge&#x017F;etzen wirken<lb/>
&#x017F;ehen. Die Bildung der Men&#x017F;chen an Ko&#x0364;rper und Gei&#x017F;t<lb/>
wird &#x017F;ich mit daraus erkla&#x0364;ren; zu deren Gema&#x0364;lde uns jetzt<lb/>
nur einzelne jedoch zum Theil &#x017F;ehr deutliche Schattenzu&#x0364;ge<lb/>
gegeben &#x017F;ind.</p><lb/>
          <p>Aber die Erde i&#x017F;t nicht allein da im Univer&#x017F;um; auch<lb/>
auf ihre Atmo&#x017F;pa&#x0364;re, auf dies große Beha&#x0364;ltniß wirkender<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Kra&#x0364;fte</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[32/0054] Mich duͤnkt, wir gehen einer neuen Welt von Kenntniſ- ſen entgegen, wenn ſich die Beobachtungen, die Boile, Boͤr- have, Hales, Graveſand, Franklin, Prieſtlei, Black, Crawfort, Wilſon, Achard u. a. uͤber Hitze und Kaͤlte, Elektricitaͤt und Luftarten, ſamt andern chemiſchen Weſen und ihren Einfluͤſſen ins Erd- und Pflanzenreich, in Thiere und Menſchen gemacht haben, zu Einem Naturſyſtem ſamm- len werden. Wuͤrden mit der Zeit dieſe Beobachtungen ſo vielfach und allgemein als die zunehmende Erkaͤnntniß meh- rerer Erdſtriche und Erdprodukte zulaͤßt, bis das wachſende Studium der Natur gleichſam eine allverbreitete freie Aka- demie ſtiftete, die ſich mit vertheilter Aufmerkſamkeit, aber in Einem Geiſt des Wahren, Sichern, Nuͤtzlichen und Schoͤ- nen die Einfluͤſſe dieſer Weſen hie und da, auf Dies und Jenes bemerkte: ſo werden wir endlich eine geographiſche Aerologie erhalten und dies große Treibhaus der Natur in tauſend Veraͤnderung nach einerley Grundgeſetzen wirken ſehen. Die Bildung der Menſchen an Koͤrper und Geiſt wird ſich mit daraus erklaͤren; zu deren Gemaͤlde uns jetzt nur einzelne jedoch zum Theil ſehr deutliche Schattenzuͤge gegeben ſind. Aber die Erde iſt nicht allein da im Univerſum; auch auf ihre Atmoſpaͤre, auf dies große Behaͤltniß wirkender Kraͤfte

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_geschichte01_1784
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_geschichte01_1784/54
Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit. Bd. 1. Riga u. a., 1784, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_geschichte01_1784/54>, abgerufen am 24.11.2024.