Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Herder, Johann Gottfried von: Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit. Bd. 1. Riga u. a., 1784.

Bild:
<< vorherige Seite

die andern hin und wieder zerstreueten Jnseln sind alle nur
vulkanischer Art und viele derselben haben noch bis jetzt Vul-
kane. Hier konnten also zwar der Schwefel und die Kiefe
ihr Werk verrichten und den Gewürzgarten der Welt hinauf-
bauen helfen, den sie mit ihrer unterirdischen Glut als ein
Treibhaus der Natur wahrscheinlich mit unterhalten. Auch
die Korallenthiere thun was sie können *) und bringen in
Jahrtausenden vielleicht, die Jnselchen hervor, die als Punkte
im Weltmeer liegen; weiter aber erstreckten sich die Kräfte
dieser südlichen Weltgegend nicht. Die Natur hatte diese
ungeheuren Strecken zur großen Wasserkluft bestimmt: denn
auch sie war dem bewohnten Lande unentbehrlich. Entdecket
sich einst das physische Bildungsgesetz der Urgebürge unsrer
Erde, mithin auch der Gestalt des vesten Landes: so wird
sich in ihm auch die Ursache zeigen, warum der Südpol kei-
ne solche Gebürge, folglich auch keinen fünften Welttheil ha-
ben konnte. Wenn er da wäre; müßte er nicht auch nach
der jetzigen Beschaffenheit der Erd-Atmosphäre unbewohnt
liegen und wie die Eisschollen und das Sandwichsland den
Seehunden und Pinguins zum Erbeigenthum dienen?

Drittens. Da wir hier die Erde als einen Schau-
platz der Menschengeschichte betrachten: so ergiebt sich aus

dem
*) S. Forsters Bemerkungen S. 126 u. f.

die andern hin und wieder zerſtreueten Jnſeln ſind alle nur
vulkaniſcher Art und viele derſelben haben noch bis jetzt Vul-
kane. Hier konnten alſo zwar der Schwefel und die Kiefe
ihr Werk verrichten und den Gewuͤrzgarten der Welt hinauf-
bauen helfen, den ſie mit ihrer unterirdiſchen Glut als ein
Treibhaus der Natur wahrſcheinlich mit unterhalten. Auch
die Korallenthiere thun was ſie koͤnnen *) und bringen in
Jahrtauſenden vielleicht, die Jnſelchen hervor, die als Punkte
im Weltmeer liegen; weiter aber erſtreckten ſich die Kraͤfte
dieſer ſuͤdlichen Weltgegend nicht. Die Natur hatte dieſe
ungeheuren Strecken zur großen Waſſerkluft beſtimmt: denn
auch ſie war dem bewohnten Lande unentbehrlich. Entdecket
ſich einſt das phyſiſche Bildungsgeſetz der Urgebuͤrge unſrer
Erde, mithin auch der Geſtalt des veſten Landes: ſo wird
ſich in ihm auch die Urſache zeigen, warum der Suͤdpol kei-
ne ſolche Gebuͤrge, folglich auch keinen fuͤnften Welttheil ha-
ben konnte. Wenn er da waͤre; muͤßte er nicht auch nach
der jetzigen Beſchaffenheit der Erd-Atmoſphaͤre unbewohnt
liegen und wie die Eisſchollen und das Sandwichsland den
Seehunden und Pinguins zum Erbeigenthum dienen?

Drittens. Da wir hier die Erde als einen Schau-
platz der Menſchengeſchichte betrachten: ſo ergiebt ſich aus

dem
*) S. Forſters Bemerkungen S. 126 u. f.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0070" n="48"/>
die andern hin und wieder zer&#x017F;treueten Jn&#x017F;eln &#x017F;ind alle nur<lb/>
vulkani&#x017F;cher Art und viele der&#x017F;elben haben noch bis jetzt Vul-<lb/>
kane. Hier konnten al&#x017F;o zwar der Schwefel und die Kiefe<lb/>
ihr Werk verrichten und den Gewu&#x0364;rzgarten der Welt hinauf-<lb/>
bauen helfen, den &#x017F;ie mit ihrer unterirdi&#x017F;chen Glut als ein<lb/>
Treibhaus der Natur wahr&#x017F;cheinlich mit unterhalten. Auch<lb/>
die Korallenthiere thun was &#x017F;ie ko&#x0364;nnen <note place="foot" n="*)">S. For&#x017F;ters Bemerkungen S. 126 u. f.</note> und bringen in<lb/>
Jahrtau&#x017F;enden vielleicht, die Jn&#x017F;elchen hervor, die als Punkte<lb/>
im Weltmeer liegen; weiter aber er&#x017F;treckten &#x017F;ich die Kra&#x0364;fte<lb/>
die&#x017F;er &#x017F;u&#x0364;dlichen Weltgegend nicht. Die Natur hatte die&#x017F;e<lb/>
ungeheuren Strecken zur großen Wa&#x017F;&#x017F;erkluft be&#x017F;timmt: denn<lb/>
auch &#x017F;ie war dem bewohnten Lande unentbehrlich. Entdecket<lb/>
&#x017F;ich ein&#x017F;t das phy&#x017F;i&#x017F;che Bildungsge&#x017F;etz der Urgebu&#x0364;rge un&#x017F;rer<lb/>
Erde, mithin auch der Ge&#x017F;talt des ve&#x017F;ten Landes: &#x017F;o wird<lb/>
&#x017F;ich in ihm auch die Ur&#x017F;ache zeigen, warum der Su&#x0364;dpol kei-<lb/>
ne &#x017F;olche Gebu&#x0364;rge, folglich auch keinen fu&#x0364;nften Welttheil ha-<lb/>
ben konnte. Wenn er da wa&#x0364;re; mu&#x0364;ßte er nicht auch nach<lb/>
der jetzigen Be&#x017F;chaffenheit der Erd-Atmo&#x017F;pha&#x0364;re unbewohnt<lb/>
liegen und wie die Eis&#x017F;chollen und das Sandwichsland den<lb/>
Seehunden und Pinguins zum Erbeigenthum dienen?</p><lb/>
          <p>Drittens. Da wir hier die Erde als einen Schau-<lb/>
platz der Men&#x017F;chenge&#x017F;chichte betrachten: &#x017F;o ergiebt &#x017F;ich aus<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">dem</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[48/0070] die andern hin und wieder zerſtreueten Jnſeln ſind alle nur vulkaniſcher Art und viele derſelben haben noch bis jetzt Vul- kane. Hier konnten alſo zwar der Schwefel und die Kiefe ihr Werk verrichten und den Gewuͤrzgarten der Welt hinauf- bauen helfen, den ſie mit ihrer unterirdiſchen Glut als ein Treibhaus der Natur wahrſcheinlich mit unterhalten. Auch die Korallenthiere thun was ſie koͤnnen *) und bringen in Jahrtauſenden vielleicht, die Jnſelchen hervor, die als Punkte im Weltmeer liegen; weiter aber erſtreckten ſich die Kraͤfte dieſer ſuͤdlichen Weltgegend nicht. Die Natur hatte dieſe ungeheuren Strecken zur großen Waſſerkluft beſtimmt: denn auch ſie war dem bewohnten Lande unentbehrlich. Entdecket ſich einſt das phyſiſche Bildungsgeſetz der Urgebuͤrge unſrer Erde, mithin auch der Geſtalt des veſten Landes: ſo wird ſich in ihm auch die Urſache zeigen, warum der Suͤdpol kei- ne ſolche Gebuͤrge, folglich auch keinen fuͤnften Welttheil ha- ben konnte. Wenn er da waͤre; muͤßte er nicht auch nach der jetzigen Beſchaffenheit der Erd-Atmoſphaͤre unbewohnt liegen und wie die Eisſchollen und das Sandwichsland den Seehunden und Pinguins zum Erbeigenthum dienen? Drittens. Da wir hier die Erde als einen Schau- platz der Menſchengeſchichte betrachten: ſo ergiebt ſich aus dem *) S. Forſters Bemerkungen S. 126 u. f.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_geschichte01_1784
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_geschichte01_1784/70
Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit. Bd. 1. Riga u. a., 1784, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_geschichte01_1784/70>, abgerufen am 19.05.2024.