glücklich zu seyn, wie irgend Jemand. So sehr ich aber diese Güter begehre, so wenig mag ich sie durch Niederträchtigkeit und Ehrlosigkeit erkaufen. Die Philosophie lehrt uns, unsre Pflicht thun, unserm Vaterlande selbst mit unserm Blut treu dienen, ihm unsre Ruhe, ja unser ganzes Daseyn aufopfern.
"Trotz aller Schulen der Philosophie wird der Mensch immerhin das bösartigste Thier der Welt bleiben; Aberglaube, Ei- gennutz, Rache, Verrath, Undankbarkeit werden bis ans Ende der Zeiten blutige, traurige Scenen hervorbringen, weil Lei- denschaften uns beherrschen, selten die Ver- nunft. Immer wirds Kriege, Proceße, Verwüstungen, Pest, Erdbeben, Banque- route geben; um solche Dinge drehen sich
gluͤcklich zu ſeyn, wie irgend Jemand. So ſehr ich aber dieſe Guͤter begehre, ſo wenig mag ich ſie durch Niedertraͤchtigkeit und Ehrloſigkeit erkaufen. Die Philoſophie lehrt uns, unſre Pflicht thun, unſerm Vaterlande ſelbſt mit unſerm Blut treu dienen, ihm unſre Ruhe, ja unſer ganzes Daſeyn aufopfern.
„Trotz aller Schulen der Philoſophie wird der Menſch immerhin das boͤsartigſte Thier der Welt bleiben; Aberglaube, Ei- gennutz, Rache, Verrath, Undankbarkeit werden bis ans Ende der Zeiten blutige, traurige Scenen hervorbringen, weil Lei- denſchaften uns beherrſchen, ſelten die Ver- nunft. Immer wirds Kriege, Proceße, Verwuͤſtungen, Peſt, Erdbeben, Banque- route geben; um ſolche Dinge drehen ſich
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gluͤcklich zu ſeyn, wie irgend Jemand. So
ſehr ich aber dieſe Guͤter begehre, ſo wenig
mag ich ſie durch Niedertraͤchtigkeit und
Ehrloſigkeit erkaufen. Die Philoſophie
lehrt uns, unſre Pflicht thun, unſerm
Vaterlande ſelbſt mit unſerm Blut treu
dienen, ihm unſre Ruhe, ja unſer ganzes
Daſeyn aufopfern.
„Trotz aller Schulen der Philoſophie
wird der Menſch immerhin das boͤsartigſte
Thier der Welt bleiben; Aberglaube, Ei-
gennutz, Rache, Verrath, Undankbarkeit
werden bis ans Ende der Zeiten blutige,
traurige Scenen hervorbringen, weil Lei-
denſchaften uns beherrſchen, ſelten die Ver-
nunft. Immer wirds Kriege, Proceße,
Verwuͤſtungen, Peſt, Erdbeben, Banque-
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Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 1. Riga, 1793, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet01_1793/113>, abgerufen am 16.02.2025.
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