Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 2. Riga, 1793.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

nicht förderlich, sondern schädlich. Dort
kann nur wachsen, was hier gepflanzt ist,
und einem Menschen sein hiesiges Daseyn
rauben, um ihn mit einem andern außer
unsrer Welt zu belohnen, heißt den Men-
schen um sein Daseyn betrügen.

28.

Ja dem ganzen menschlichen Geschlecht,
das also verführt wird, seinen Endpunkt
der Wirkung verrücken, heißt ihm den Sta-
chel seiner Wirksamkeit aus der Hand drehn,
und es im Schwindel erhalten.

29.

Je reiner eine Religion war, desto
mehr mußte und wollte sie die Humanität
befördern. Dies ist der Prüfstein selbst der
Mythologie der verschiednen Religionen.


H 5

nicht foͤrderlich, ſondern ſchaͤdlich. Dort
kann nur wachſen, was hier gepflanzt iſt,
und einem Menſchen ſein hieſiges Daſeyn
rauben, um ihn mit einem andern außer
unſrer Welt zu belohnen, heißt den Men-
ſchen um ſein Daſeyn betruͤgen.

28.

Ja dem ganzen menſchlichen Geſchlecht,
das alſo verfuͤhrt wird, ſeinen Endpunkt
der Wirkung verruͤcken, heißt ihm den Sta-
chel ſeiner Wirkſamkeit aus der Hand drehn,
und es im Schwindel erhalten.

29.

Je reiner eine Religion war, deſto
mehr mußte und wollte ſie die Humanitaͤt
befoͤrdern. Dies iſt der Pruͤfſtein ſelbſt der
Mythologie der verſchiednen Religionen.


H 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0126" n="121"/>
nicht fo&#x0364;rderlich, &#x017F;ondern &#x017F;cha&#x0364;dlich. Dort<lb/>
kann nur wach&#x017F;en, was hier gepflanzt i&#x017F;t,<lb/>
und einem Men&#x017F;chen &#x017F;ein hie&#x017F;iges Da&#x017F;eyn<lb/>
rauben, um ihn mit einem andern außer<lb/>
un&#x017F;rer Welt zu belohnen, heißt den Men-<lb/>
&#x017F;chen um &#x017F;ein Da&#x017F;eyn betru&#x0364;gen.</p><lb/>
        <p> <hi rendition="#c">28.</hi> </p><lb/>
        <p>Ja dem ganzen men&#x017F;chlichen Ge&#x017F;chlecht,<lb/>
das al&#x017F;o verfu&#x0364;hrt wird, &#x017F;einen Endpunkt<lb/>
der Wirkung verru&#x0364;cken, heißt ihm den Sta-<lb/>
chel &#x017F;einer Wirk&#x017F;amkeit aus der Hand drehn,<lb/>
und es im Schwindel erhalten.</p><lb/>
        <p> <hi rendition="#c">29.</hi> </p><lb/>
        <p>Je reiner eine <hi rendition="#g">Religion</hi> war, de&#x017F;to<lb/>
mehr mußte und wollte &#x017F;ie die Humanita&#x0364;t<lb/>
befo&#x0364;rdern. Dies i&#x017F;t der Pru&#x0364;f&#x017F;tein &#x017F;elb&#x017F;t der<lb/>
Mythologie der ver&#x017F;chiednen Religionen.</p><lb/>
        <fw place="bottom" type="sig">H 5</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[121/0126] nicht foͤrderlich, ſondern ſchaͤdlich. Dort kann nur wachſen, was hier gepflanzt iſt, und einem Menſchen ſein hieſiges Daſeyn rauben, um ihn mit einem andern außer unſrer Welt zu belohnen, heißt den Men- ſchen um ſein Daſeyn betruͤgen. 28. Ja dem ganzen menſchlichen Geſchlecht, das alſo verfuͤhrt wird, ſeinen Endpunkt der Wirkung verruͤcken, heißt ihm den Sta- chel ſeiner Wirkſamkeit aus der Hand drehn, und es im Schwindel erhalten. 29. Je reiner eine Religion war, deſto mehr mußte und wollte ſie die Humanitaͤt befoͤrdern. Dies iſt der Pruͤfſtein ſelbſt der Mythologie der verſchiednen Religionen. H 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet02_1793
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet02_1793/126
Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 2. Riga, 1793, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet02_1793/126>, abgerufen am 04.12.2024.