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Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 2. Riga, 1793.

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-- -- Ha nicht also in festlichem Gewand
Grüßt' ich dich einst, mein mütterliches Land.
Unfreundlich, ungeschmückt und rauh und
wüste
In trübem Dunkel schauerte die Küste.
Kein Himmel leuchtete mild durch den Hain,
Kein Tag der Aehren lud zu Freuden ein.
In Hölen lauschte Graun und Meuterei,
Und was am Ufer scholl, war Kriegsge-
schrei. --

In sanfter ätherischer Musik schallten
diese Worte um mein Ohr, indeß mein
schlummerndes Auge im Traum ein sehr
erfreuliches Gesicht sahe. An der Hand
eines ehrwürdigen Barden erschien ein alt-
deutscher Druide. Der Druide suchte ver-
gebens seinen längst zerstörten heiligen Hain,
seine zertrümmerte Opferstäte. Der Barde
suchte die verlohrnen Fußtapfen seiner Hel-
den; er sah neue Gesetze, neue Anstalten

— — Ha nicht alſo in feſtlichem Gewand
Gruͤßt' ich dich einſt, mein muͤtterliches Land.
Unfreundlich, ungeſchmuͤckt und rauh und
wuͤſte
In truͤbem Dunkel ſchauerte die Kuͤſte.
Kein Himmel leuchtete mild durch den Hain,
Kein Tag der Aehren lud zu Freuden ein.
In Hoͤlen lauſchte Graun und Meuterei,
Und was am Ufer ſcholl, war Kriegsge-
ſchrei. —

In ſanfter aͤtheriſcher Muſik ſchallten
dieſe Worte um mein Ohr, indeß mein
ſchlummerndes Auge im Traum ein ſehr
erfreuliches Geſicht ſahe. An der Hand
eines ehrwuͤrdigen Barden erſchien ein alt-
deutſcher Druide. Der Druide ſuchte ver-
gebens ſeinen laͤngſt zerſtoͤrten heiligen Hain,
ſeine zertruͤmmerte Opferſtaͤte. Der Barde
ſuchte die verlohrnen Fußtapfen ſeiner Hel-
den; er ſah neue Geſetze, neue Anſtalten

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[91/0096] — — Ha nicht alſo in feſtlichem Gewand Gruͤßt' ich dich einſt, mein muͤtterliches Land. Unfreundlich, ungeſchmuͤckt und rauh und wuͤſte In truͤbem Dunkel ſchauerte die Kuͤſte. Kein Himmel leuchtete mild durch den Hain, Kein Tag der Aehren lud zu Freuden ein. In Hoͤlen lauſchte Graun und Meuterei, Und was am Ufer ſcholl, war Kriegsge- ſchrei. — In ſanfter aͤtheriſcher Muſik ſchallten dieſe Worte um mein Ohr, indeß mein ſchlummerndes Auge im Traum ein ſehr erfreuliches Geſicht ſahe. An der Hand eines ehrwuͤrdigen Barden erſchien ein alt- deutſcher Druide. Der Druide ſuchte ver- gebens ſeinen laͤngſt zerſtoͤrten heiligen Hain, ſeine zertruͤmmerte Opferſtaͤte. Der Barde ſuchte die verlohrnen Fußtapfen ſeiner Hel- den; er ſah neue Geſetze, neue Anſtalten

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Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 2. Riga, 1793, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet02_1793/96>, abgerufen am 04.12.2024.