Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 3. Riga, 1794.

Bild:
<< vorherige Seite

liches darinn, daß dich nicht ein Tyrann,
noch ein ungerechter Richter sondern die Na-
tur wegruft, die dich in diesen Staat ein-
führte? eben wie den Schauspieler, den der
Prätor dung, der Prätor auch von der
Schaubühne entläßt. -- "Aber die fünf
Acte des Stücks sind von mir noch nicht
geendet; sondern nur drei. "Wohl! Im
Leben sind drei Acte auch ein Stück. Was
ein Ganzes seyn soll, bestimmet der, der einst
Compositeur, jetzt Auflöser des Spiels ist.
Du bist keins von beiden. Geh' also zufrie-
den fort; auch Er entläßt dich zufrieden."

-- So spricht Mark-Antonin auf allen
Blättern. Wir wollen nicht sagen: "Hei-
liger bitte für uns; sondern: menschlicher
Kaiser
, sei uns ein Muster."




Dritte Samml. C

liches darinn, daß dich nicht ein Tyrann,
noch ein ungerechter Richter ſondern die Na-
tur wegruft, die dich in dieſen Staat ein-
fuͤhrte? eben wie den Schauſpieler, den der
Praͤtor dung, der Praͤtor auch von der
Schaubuͤhne entlaͤßt. — „Aber die fuͤnf
Acte des Stuͤcks ſind von mir noch nicht
geendet; ſondern nur drei. „Wohl! Im
Leben ſind drei Acte auch ein Stuͤck. Was
ein Ganzes ſeyn ſoll, beſtimmet der, der einſt
Compoſiteur, jetzt Aufloͤſer des Spiels iſt.
Du biſt keins von beiden. Geh' alſo zufrie-
den fort; auch Er entlaͤßt dich zufrieden.“

— So ſpricht Mark-Antonin auf allen
Blaͤttern. Wir wollen nicht ſagen: „Hei-
liger bitte fuͤr uns; ſondern: menſchlicher
Kaiſer
, ſei uns ein Muſter.“




Dritte Samml. C
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0042" n="33"/>
liches darinn, daß dich nicht ein Tyrann,<lb/>
noch ein ungerechter Richter &#x017F;ondern die Na-<lb/>
tur wegruft, die dich in die&#x017F;en Staat ein-<lb/>
fu&#x0364;hrte? eben wie den Schau&#x017F;pieler, den der<lb/>
Pra&#x0364;tor dung, der Pra&#x0364;tor auch von der<lb/>
Schaubu&#x0364;hne entla&#x0364;ßt. &#x2014; &#x201E;Aber die fu&#x0364;nf<lb/>
Acte des Stu&#x0364;cks &#x017F;ind von mir noch nicht<lb/>
geendet; &#x017F;ondern nur drei. &#x201E;Wohl! Im<lb/>
Leben &#x017F;ind drei Acte auch ein Stu&#x0364;ck. Was<lb/>
ein Ganzes &#x017F;eyn &#x017F;oll, be&#x017F;timmet der, der ein&#x017F;t<lb/>
Compo&#x017F;iteur, jetzt Auflo&#x0364;&#x017F;er des Spiels i&#x017F;t.<lb/>
Du bi&#x017F;t keins von beiden. Geh' al&#x017F;o zufrie-<lb/>
den fort; auch Er entla&#x0364;ßt dich zufrieden.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x2014; So &#x017F;pricht Mark-Antonin auf allen<lb/>
Bla&#x0364;ttern. Wir wollen nicht &#x017F;agen: &#x201E;Hei-<lb/>
liger bitte fu&#x0364;r uns; &#x017F;ondern: <hi rendition="#g">men&#x017F;chlicher<lb/>
Kai&#x017F;er</hi>, <hi rendition="#g">&#x017F;ei uns ein Mu&#x017F;ter</hi>.&#x201C;</p>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      <fw place="bottom" type="sig">Dritte Samml. C</fw><lb/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[33/0042] liches darinn, daß dich nicht ein Tyrann, noch ein ungerechter Richter ſondern die Na- tur wegruft, die dich in dieſen Staat ein- fuͤhrte? eben wie den Schauſpieler, den der Praͤtor dung, der Praͤtor auch von der Schaubuͤhne entlaͤßt. — „Aber die fuͤnf Acte des Stuͤcks ſind von mir noch nicht geendet; ſondern nur drei. „Wohl! Im Leben ſind drei Acte auch ein Stuͤck. Was ein Ganzes ſeyn ſoll, beſtimmet der, der einſt Compoſiteur, jetzt Aufloͤſer des Spiels iſt. Du biſt keins von beiden. Geh' alſo zufrie- den fort; auch Er entlaͤßt dich zufrieden.“ — So ſpricht Mark-Antonin auf allen Blaͤttern. Wir wollen nicht ſagen: „Hei- liger bitte fuͤr uns; ſondern: menſchlicher Kaiſer, ſei uns ein Muſter.“ Dritte Samml. C

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet03_1794
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet03_1794/42
Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 3. Riga, 1794, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet03_1794/42>, abgerufen am 21.11.2024.